„Frontal 21“ deckt auf: Versicherung lässt Patienten gnadenlos ausspähen

Eine Versicherung kündigt einem Privatpatienten fristlos. Zuvor ließ sie ihn schamlos überwachen. Die rechtswidrigen Machenschaften sind wohl kein Einzelfall.
Das Polit-Magazin des ZDF „Frontal 21“ deckte in der aktuellen Sendung vom 22. Januar 2019 auf, wie Versicherungen ihre Kunden im großen Stil überwachen lassen, um ihnen dann kündigen zu können. Dazu werden offenbar Detekteien eingeschaltet, mit Videoüberwachung und Peilsendern gearbeitet. Kein Spionage-Film, sondern harte Realität. Frontal 21 sprach mit Opfern, Anwälten und Detektiven über die rechtswidrigen Machenschaften der Versicherungen.
Fristlose Kündigung: Versicherung verfolgte Kunden mit Peilsender
Manfred Speck, Bistro-Inhaber aus Berlin, erlitt im Frühjahr 2016 einen Schlaganfall und leidet noch heute unter den Folgen. Speck war damals privatversichert bei der Gothaer. Die Versicherung zahlte bis er neun Monate nach seinem Schlaganfall wieder zu arbeiten beginnt. Von einem Tag auf den anderen kündigt ihm die Versicherung fristlos.
Doch das ist noch lange nicht alles. Kurz vor der Kündigung wurde bei einer Autoinspektion ein Peilsender an seinem Fahrzeug gefunden. Speck brachte den GPS-Tracker zur Polizei, denn er hatte bereits einen bösen Verdacht: „Es gibt nur die eine Möglichkeit, dass meine Krankenversicherung da in irgendeiner Form hinter steckt.“, äußerte er seine Vermutung gegenüber der Polizei. Erwiesen ist das bilslang jedoch noch nicht.
Versicherung überwacht Patienten: „Billig-Ermittler, die ihre juristischen Grenzen gar nicht kennen“
Daraufhin begann die Staatsanwaltschaft mit ihren Ermittlungen und ließ eine Detektei durchsuchen. Specks Verdacht bewahrheitete sich, woraufhin er Klage gegen die Kündigung seiner Versicherung einlegte. Im Laufe des Prozesses musste die Gothaer Unterlagen offenlegen. Über Herrn Speck lagen 55 Seiten voller Fotos, Bewegungsprofilen, Tätigkeitsprotokollen vor. Fazit: Die Versicherung ließ ihn vor der Kündigung vier Tage von einem Detektiv überwachen. Auch seine Lebensgefährtin wurde offenbar in ihrem Auto verfolgt.
Frontal 21 konfrontierte die Gothaer Versicherung mit den Vorwürfen, doch die Antwort fiel kurz aus: „Wir prüfen den Sachverhalt derzeit intensiv, möchten dazu aber aktuell nicht Stellung nehmen.“

„Das ist absolut rechtswidrig“, erklärt Tamer Bakiner, Wirtschaftsdetektiv. „Hier ist offenbar auch die Lebenspartnerin, andere Familienmitglieder, aber auch Gäste mit überwacht worden. Auch von denen gibt es Fotos mit genauer Orts- und Zeitangabe. Ein solcher Bericht müsste von der Versicherung, die die Detektei beauftragt hat, sofort zurückgewiesen werden“, führt der Detektiv weiter aus. Doch die Versicherungen wollen nicht nur an ihren Patienten sparen, sondern auch an den Detektiven: „Deshalb werden oft Billig-Ermittler, die auch ihre juristischen Grenzen gar nicht kennen, eingesetzt.“
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Martin Reinboth, Fachanwalt für Medizinrecht, ist über das Vorgehen der Versicherungen nicht erstaunt. „Unsere Erfahrung ist es, dass die Fälle leider immer mehr werden, in denen sowohl die Versicherungen als auch die eingeschalteten Detekteien in eklatanter Weise gegen das Persönlichkeitsrecht unserer Mandanten verstoßen.“
Rechtswidrige Kündigung vor Gericht: „Unredliches Verhalten“ der Versicherung
Vor dem Landgericht Berlin bekam Manfred Speck im wichtigsten Punkt Recht: Die Kündigung der Gothaer ist rechtswidrig. In ihrer Urteilsbegründung sprach die Richterin von „unredlichem Verhalten“ der Versicherung. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Die Klage gegen die Gothaer geht womöglich in die nächste Runde.
Das Schicksal von Manfred Speck ist allerdings kein Einzelfall. Frontal 21 sprach mit weiteren Patienten, denen plötzlich gekündigt wurde. Auch sie waren möglicherweise Opfer von illegaler Überwachung durch ihre Versicherungen.
In der ARD wurde unterdessen bei „Hart aber fair“ über die Gesundheitsrisiken von CO2-Emissionen und möglichen Dieselfahrverboten diskutiert.
spz
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