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„Die Erde bebt noch immer“: Bangen um Angehörige im Katastrophengebiet

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Von: Sarah Lorencic

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Erdbeben in der Türkei und Syrien
Ein Bild der Zerstörung: Das Erdbeben in der Türkei und Syrien forderte Tausende Opfer. © Serdar Ozsoy / Depo Photos / Imago Images

Auch Menschen aus dem MK haben Angehörige in dem Erdbebengebiet. Stundenlang rufen sie an und hoffen, dass jemand ans Handy geht. Wie kann man helfen?

Volmetal – Nach den Erdbeben rechnet die Weltgesundheitsorganisation mit bis zu 23 Millionen betroffenen Menschen in der Türkei und in Syrien. Die Zahl der Todesopfer liegt mit Stand von Mittwochmorgen bei 8000, Tendenz steigend. Erschüttert sind trotz 3000 Kilometer Entfernung auch die Menschen im Volmetal. Sie wollen helfen, wissen aber nicht, wie.

Mehmet Özdemir, dem Vorstandsvorsitzenden der Moschee in Meinerzhagen, fehlen die Worte. Auch Fatma Günal von der Moschee in Halver ist zutiefst betroffen, wie sie im Gespräch mit der Redaktion sagt. Sie selbst hat keine Familie in der Region der Türkei, hat aber Bekannte aus Halver, die einige Wochen in genau dem Gebiet verbringen. Sofort am Montag habe man sie kontaktiert und erhielt zum Glück gute Nachrichten: „Uns ist nichts passiert.“

Verwandtschaft lebt mitten im Epizentrum

Osman Batgün hat Verwandtschaft mitten im Epizentrum. Der ehemalige Vorsitzende der türkisch-islamischen Gemeinde in Meinerzhagen bangte am Montag um seine Tante und seinen Schwager. Erst am späten Abend erreichte er seine Verwandten, die zum Glück unversehrt geblieben sind, wie er sagt. Sein Schwager ist derzeit in einem Auffanglager untergebracht, seine Schwägerin musste mit ansehen, wie das Nachbarhaus einstürzte – samt der Bewohner. In Pyjama und ohne Schuhe flüchtete sie aus dem Haus. Um sie herum Trümmer und Tote. „Der Boden bebt noch immer“, sagt der Schwager am Abend. Die Telefonate waren kurz, die Worte fehlten.

Alle lesen derzeit die Nachrichten und sehen die Bilder im Fernsehen. Mehmet Özdemir verfolgt die Situation live im türkischen Fernsehen. „Ich freue mich jedes Mal, wenn jemand gerettet wird“, sagt er. Er selbst hat keine Bekannten in der Region, wohl aber Freunde, die Menschen vermissen und hoffen, dass sie gefunden werden. „Ich habe Angst, dass die Zahl der Todesopfer noch weiter steigt“ sagt er, wohlwissend, dass es so sein wird.

Schockstarre, doch trotzdem wollen alle helfen

Als Schockstarre beschreibt Finn Binczyk den derzeitigen Zustand. Er und sein bester Freund Emre Sahin leiten das Testzentrum Safi in Lüdenscheid, das zwischenzeitlich auch in Halver aktiv war, und organisieren in diesen Tagen eine Spendensammlung.

Ihr Aufruf ist derzeit einer von wenigen in der Region und wurde daher Hunderte Male in den sozialen Netzwerken geteilt. So auch von Daniela Radau aus Meinerzhagen. Für ihr Engagement für Flüchtlinge und auch im Ahrtal ist sie stadtbekannt. Bei ihr kommen daher in diesen Tagen viele Anrufe von Menschen an, die helfen wollen, aber nicht wissen, wie. Sie verweist auf die Lüdenscheider.

Finn Bincyck und Emre Sahin bitten vor allem um warme Kleidung und Hygieneartikel für die Menschen, die in der Türkei und in Syrien alles verloren haben – mitten im Winter. Drei Sprinter und zwei Anhänger stehen zur Verfügung und sollen befüllt nach Düren zur Awo, die einen Transport mit 40-Tonnern in die vom Erdbeben betroffenen Gebiete organisiert. Nur gebündelt macht es Sinn, meint Finn Binczyk. Vor allem, weil es derzeit noch nicht so einfach ist, über die Grenzen mit den Hilfsgütern zu fahren. „Der Zoll ist ein Problem“, sagt der Lüdenscheider und kann es nicht verstehen. Umso wichtiger sei das Abgeben von beschrifteten Kartons, damit es sowohl bei Zoll als auch im Erdbebengebiet schnell geht. Der Transport von Hilfsgütern ist derzeit kompliziert. Auch Flughäfen, die zum Teil mitten im Epizentrum liegen, sind gesperrt.

Geld- oder Sachspenden?

Für Osman Batgün machen Geldspenden daher momentan mehr Sinn. Zum Teil werde darum auch gebeten, wie er weiß. Denn die Zeit fehle, die Sachspenden zu sortieren und zu verteilen. Mit Geld könne gezielt gekauft und geholfen werden. Er verweist auf eine Spendenaktion des Dachverbands der Ditib. Sie bündelt Geldspenden über ein Paypal-Konto. Viele, die Familie, Freunde oder Bekannte in der Region haben, spenden auch direkt an die Familien.

Mehmet Özdemir hat auch bereits gespendet. Er weiß, Geld hilft nur bedingt. Das, was die Menschen erlebt haben und welche Verluste sie erleiden, kann nichts wiedergutmachen. Aber Geld macht die Sorgen drumherum kleiner. Er hofft, dass viele Menschen spenden. „Wir müssen zusammenhalten“, sagt der Meinerzhagener. Die Nationalität darf nicht entscheiden, es muss um den Menschen gehen, appelliert er. Auch mit Blick auf die politisch schwierige Situation zwischen der Türkei und Syrien dürfen keine Unterschiede bei der Hilfe gemacht werden, fordert er.

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