1. come-on.de
  2. Volmetal
  3. Meinerzhagen

„Viele sind am Verzweifeln“: Schuldnerberatung stark nachgefragt

Erstellt:

Von: Sarah Lorencic, Fabian Paffendorf

Kommentare

Angesichts steigender Energie- und Lebensmittelpreise wird auf jeden Cent geachet.
Angesichts steigender Energie- und Lebensmittelpreise wird auf jeden Cent geachtet. © Maike Förster

Erst die Corona-Pandemie, dann die Energiekrise und die steigende Inflation – auch in Meinerzhagen bekommen immer mehr Menschen finanzielle Probleme. Die Nachfrage bei der Schuldnerberatung ist daher so hoch wie nie.

Meinerzhagen – Das Mittendrin hat auf seiner Internetseite Hermann Josef Lobner als Kontakt für eben dieses Thema angegeben. Er ist zwar erreichbar, bietet aber keine Schuldnerberatung mehr an, wie er sagt. Er verweist alle, die anrufen, nach Lüdenscheid an Sandra Brinkmann. Sie ist dem Fachdienst Sonstige soziale Dienste und Verwaltung bei zugeordnet und als Schuldnerberaterin für Halver, Herscheid, Meinerzhagen, Schalksmühle und Kierspe zuständig. Der Meinerzhagener Hermann Josef Loner verweist zwar nur noch, stellt aber fest, dass er so viele Anrufe wie nie zuvor erhält.

Mehr Beratungen

Bereits 2021 hätten deutlich mehr Menschen eine Beratung in Anspruch genommen, wie Lüdenscheids Stadtsprecher Sven Prillwitz sagt. Wegen der Laufzeitverkürzung bei Insolvenzverfahren auf drei Jahre, der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Sonderzahlungen, Kurzarbeitergeld und auch wegen Jobverlusten habe es einen merklichen Mehraufwand bei der Schuldnerberatung gegeben. Neben dem generellen Anstieg der Fallzahlen in den Jahren 2021 und 2022 habe die Schuldnerberatung mehr Pfändungsschutzanträge bearbeitet, um Sonderzahlungen durch Corona-Hilfen und Transferzahlungen wegen der gestiegenen Inflation vor einer Pfändung zu schützen. „Zuletzt wurden regelmäßig Anträge erstellt, um die Energiepreispauschale und Inflationsausgleichsprämie gegebenenfalls vor einer Pfändung zu sichern“, erklärt der Stadtsprecher.

Immer mehr Kunden nutzen Soziales Bürgerzentrum

Die Meinerzhagenerin Andrea Biervert hat die Menschen nicht nur am Telefon, sondern trifft sie im Mittendrin. Ob im Café oder im Laden. „Hier kriegt man Schicksale mit...“, sagt sie und wird still. „Viele sind am Verzweifeln.“ Immer mehr Kunden nutzen das soziale Bürgerzentrum am Prumbomweg. „Hier ist richtig was los“, sagt Biervert. Zum einen freue man sich, zum anderen aber weiß man, dass die Anlässe oft traurig sind. Kommen einige auch aus Nachhaltigkeitsgründen, kommen doch die meisten, weil es kaum günstiger geht.

Es sei in den vergangenen Wochen aufgefallen, dass viele dicke Jacken gekauft wurde. Die gibt es im Mittendrin schon für drei Euro. Und sie werden gekauft, weil viele Zuhause sonst frieren würden. Das Heizen ist zu teuer, die Angst vor den Nachzahlungen zu groß. Umso lieber kommen die Rentnerinnen und Rentner, aber auch Familien, ins Mittendrin. „Hier ist es wenigstens schön warm“, hörte Andrea Biervert die Besucher schon sagen.

An die Kälte wollen Flüchtlinge aus der Ukraine gar nicht erst denken. So viele Ukrainer sind noch im Kriegsgebiet und haben einen kalten Winter vor sich. Sie sind sehr dankbar und kommen auch oft vorbei, wie Andrea Biervert erzählt. Auch für die Gemeinschaft mit den anderen.

„Schlimme Zeiten“

Viele kommen dienstags zum Mittagessen. Die Portionen wurden mittlerweile von 12 auf 20 erhöht, weil man sonst nicht mehr alle Gäste versorgen kann. Für 3,50 Euro bekommt man eine warme Mahlzeit – nächste Woche Hühnersuppe, um der Erkältungswelle etwas entgegenzusetzen. Waffeln und Kuchen für einen Euro gibt es ebenfalls. Viel teurer darf es nicht werden, weil sich das dann viele auch nicht mehr leisten können. Die Preise niedrig zu halten, ist aber wiederum auch schwer mit Blick auf die gestiegenen Lebensmittelpreise.

„Schlimme Zeiten“ sind es, sagt Andrea Biervert. Im Mittendrin gibt man alles, damit auch alle durch diese Zeit kommen.

Mittendrin sucht

Der Verein Mittendrin ist auf der Suche nach neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Interessierte können sich unter der Rufnummer Tel. 0 23 54 / 91 16 60 oder per E-Mail an info@mittendrin-meinerzhagen.de melden.

Auch interessant

Kommentare