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So gelingt der Christstollen: Backen mit Konditormeisterin

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Von: Sarah Lorencic

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Ilka Voss holt die Christstollen nach rund einer Stunde aus dem Ofen. Wenn sie etwas abgekühlt sind, werden sie rundherum mit Butter eingepinselt und dann gezuckert. Eingetütet werden sie am darauffolgenden Tag.
Jeweils 850 Gramm werden für je einen Stollen ohne Marzipan abgewogen und 750 Gramm für einen Stollen mit. Aus dem Rest werden kleine Stollen gebacken. © Sarah Lorencic

Draußen schneit es, in der Backstube ist Hochsommer. Angenehme 24 Grad vereinen sich in diesen Wochen mit dem Duft von Zimt und Nelken. Wir haben einer Konditormeisterin einen Morgen beim Backen von Christstollen über die Schulter geschaut und zeigen Ihnen zu Ehren des heutigen Tages des Christstollens, wie sie gebacken werden.

Meinerzhagen – Ja, das Gebäck hat einen eigenen Tag. Auch, weil es eine lange Geschichte hat, die gar nicht so lecker beginnt. Stichwort: Butterverbot. Wie schmeckte bloß der beliebte Weihnachtsklassiker ohne Butter? Einst war das Festgebäck nämlich ein Fastengebäck (» INFOKASTEN). Das aber kann man heute von Christstollen nicht mehr behaupten. Wenn nämlich eines in den Stollen bei der Bäckerei Voss-Mühle gehört, dann Butter.

Drei verschiedene Sorten des Christstollens hat die Traditionsbäckerei in Meinerzhagen im Angebot. Den Klassiker mit Marzipan, Rum-Rosinen und Mandeln, den Klassiker ohne Marzipan und einen Stollen für alle, die nicht nur Marzipan nicht mögen, sondern auch keine Rosinen und Zitronat. Ilka Voss backt für all jene einen Stollen mit getrockneten Aprikosen – eingelegt in Amaretto –, Nüssen und Schokolade.

Ilka Voss holt die Christstollen nach rund einer Stunde aus dem Ofen. Wenn sie etwas abgekühlt sind, werden sie rundherum mit Butter eingepinselt und dann gezuckert. Eingetütet werden sie am darauffolgenden Tag.
Ilka Voss holt die Christstollen nach rund einer Stunde aus dem Ofen. Wenn sie etwas abgekühlt sind, werden sie rundherum mit Butter eingepinselt und dann gezuckert. Eingetütet werden sie am darauffolgenden Tag. © Sarah Lorencic

Der Teig ist aber immer der gleiche. „Er ist besonders fett und schwer“, sagt Ilka Voss und erklärt die Besonderheit. Kaum Zucker und keine Eier kommen in den Hefeteig. Dafür aber reichlich Butter. Morgens um 8.30 Uhr beginnt sie mit dem Vorteig und mischt dafür Mehl Typ 550 mit Milch und Hefe. Es sei übrigens ein Hausfrauen-Aberglaube, dass Hefe nur bei lauwarmer Milch gehen würde. Mit kalter dauere das Gehen nur länger, aber nötig sei warme Milch nicht, weiß die 54-Jährige.

In einer zweiten Schüssel liegen Rosinen bereit, die seit einem Tag in Rum liegen. Sie sind mittlerweile vollgesogen und ganz saftig, erklärt Ilka Voss. Die Rosinen aus Australien mischt sie mit Limonat statt Zitronat und Mandelsplittern. Während der Vorteig eine halbe Stunde geht, werden Butter und Zucker zu einer homogenen Masse verrührt. Zeit für ein Gespräch mit der Konditorin. 40 Jahre ist sie mittlerweile im Beruf, 30 davon als Meisterin. Ihr macht das Backen Spaß, sagt sie. Nebenan backen gerade frische Brötchen. Vier Stunden dauert es, bis sie fertig sind. Die Arbeit des kleinen Klassikers sei vielen nicht bewusst, sagt Ilka Voss. Aber in einem Brötchen steckt viel Zeit und viel Handarbeit. 1600 werden unter der Woche bis mittags gebacken. Christstollen im Vergleich nur 18 am Tag. Mehr Formen hat die Bäckerei nicht, aber dafür sind die Stollen immer ganz frisch.

Noch ungezuckert, aber dafür goldbraun sind die Stollen, wenn sie frisch aus dem Ofen kommen. Die ganze Backstube duftet.
Noch ungezuckert, aber dafür goldbraun sind die Stollen, wenn sie frisch aus dem Ofen kommen. Die ganze Backstube duftet. © Sarah Lorencic

Für die 18 Stollen werden nun Vorteig, Butter-Zucker-Gemisch und die Rosinen-Mischung mit einer geheimen Gewürzmischung vermengt – nur so viel: sie enthält Zimt, Kardamom und Nelken, was man auch in der ganzen Backstube riecht.

Der Teig muss sofort verarbeitet werden und kommt portionsweise in gefettete Backhauben. Sie werden im Ofen umgedreht, sodass der Teig in der Form hoch backt und seine typische Form erhält. Übrigens stellt der Stollen etwas dar: Wie alle Gebildbrote hat der Stollen eine Form aus der christlichen Symbolik. Die Form und das weiße Äußere des Stollens stellen eine Versinnbildlichung des in Windeln gewickelten Jesuskindes dar. Daher auch die Bezeichnung Christstollen. Bei 190 Grad backen die Stollen 48 Minuten, kühlen kurz ab und werden rundherum mit Butter eingepinselt – „auch unten“, sagt Ilka Voss und lacht.

Butterverbot: Geschichte des Christstollens

Die Geschichte des Dresdner Christstollen reicht bis in das 15. Jahrhundert zurück. Erstmals urkundlich erwähnt wurde der Christstollen im Jahre 1474. Damals war der Stollen ein einfaches Backwerk, das auch Striezel oder Strutzel genannt wurde und nur in der vorweihnachtlichen Zeit als Fastenspeise erlaubt war.

Erst im letzten Jahrhundert entwickelte sich dieses einfache Backwerk zu der Köstlichkeit, wie wir sie heute kennen. Denn weit bis ins 15. Jahrhundert hinein erlaubten die religiösen Dogmen der römischen Kirche für das Striezelrezept kaum mehr als Wasser, Hefe und Mehl. So dürften die Christstollen keine sonderlich schmackhafte Kost gewesen sein, ganz ohne Butter, Milch, Rosinen, Zitronat oder Mandeln. Um diesem Dilemma ein Ende zu bereiten wandte man sich an den damaligen Papst, Nikolaus V., mit der Bitte, das Butter-Verbot aufzuheben. slo

Das sorgt dafür, dass die Feuchtigkeit besser im Gebäck bleibt. Das Weihnachtsgebäck ist übrigens extrem haltbar. Um das zu beweisen, geht Ilka Voss in ein Hinterzimmer und holt einen Stollen aus 2021. „Das wollte ich eh mal testen“, sagt sie und schneidet ein Stück ab. „Leicht trocken, aber lecker.“ Haltbar wird der Stollen durch die Butter im Teig und außen. Bleibt er in der Tüte, kann er mitunter auch im Sommer schon die Weihnachtsgefühle erwecken.

Christstollen im Glas - mal etwas anderes und selbst gemacht

Zutaten
200 g Mandeln
250 g Datteln
200 g Rosinen
500 g Weizenmehl
250 g Butter
1 Würfel Hefe oder zwei Tüten Trockenhefe
175 ml Milch
6 EL Rum
Gewürze (Zimt, Nelken)
100 g Puderzucker
Butter und gemahlene Mandeln für die Gläser.

Zubereitung
Vorteig aus Mehl, Hefe und Milch anfertigen und 30 Minuten gehen lassen. Rosinen in Rum einlegen. Butter und Gewürze sowie Datteln und Mandeln mischen und alles verkneten. Gläser fetten und mit gemahlenen Mandeln ausstreuen. Gläser zu zwei Drittel füllen. Bei 175 Grad im Ofen 35 Minuten backen. Stollen nach dem Auskühlen mit Butter bestreichen, mit Puderzucker bestreuen und Deckel drauf.

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