Nachtruhe für Geldautomaten: Banken schränken Nutzung ein

Die Automatensprengung in Kierspe vor Kurzem hat gezeigt: Die Gefahr, dass Kriminelle auch - oder gerade - abseits der Großstädte zuschlagen, ist groß. Viele Geldinstitute haben ihr Angebot aus Sicherheitsgründen daher schon länger eingeschränkt.
Kierspe/Meinerzhagen – Die Zeiten ändern sich, nichts bleibt, wie es war. So ist auch der Banküberfall in der Schalterhalle seltener geworden. Das Risiko steht, um den Blickwinkel der Täter einzunehmen, in keinem Verhältnis mehr zum Geld, das hier nurmehr zu erbeuten ist. Für die Beschäftigten in Banken und Sparkassen ist das eine gute Nachricht, denn Banküberfälle sind hier vielfach traumatische Erlebnisse gewesen für die Mitarbeiter am Schalter.
Die kriminelle Energie gibt es indes weiterhin. Nur gibt es dieser Tage andere Wege, an fremdes Geld zu kommen. Die Cyberkriminalität hat zugenommen, aber eben auch der brachiale Weg: die Geldautomatensprengung. Die Sprengung des Geldautomaten der Deutschen Bank in Kierspe am Mittwoch vergangener Woche ist da nur das jüngste Beispiel.

Die Statistik hinkt ein wenig hinterher, deshalb gibt es umfassendes Zahlenwerk nur fürs Jahr 2021, da allerdings lassen sich 392 Delikte dieser Art in Deutschland feststellen – 189 davon erfolgreich. Interessant ist ein Blick auf die Vorgehensweise: In 250 Fällen wurde mit festen Explosivstoffen gesprengt – 2020 waren es noch „nur“ 111 Fälle gewesen.
Landeskriminalamt rät Banken zur Vorsicht
Das Landeskriminalamt jedenfalls rät den Banken, ihre Geldautomaten besser des Nachts nicht unbeaufsichtigt herumstehen zu lassen. Gerade dort nicht, wo es einsamer ist und sich die Banditen in aller Ruhe als Sprengmeister versuchen können. Auch das ist übrigens ein Aspekt: Natürlich sind auch hier Vorkenntnisse und technisches Geschick sehr unterschiedlich, was für das Umfeld der Automaten oft nichts Gutes bedeutet. In Schalksmühle-Heedfeld wissen die Nachbarn ein Lied davon zu singen. Hier wurde am 20. Januar des vergangenen Jahres der Geldautomat der Sparkasse gesprengt und mit ihm die komplette Geschäftsstelle. Auch der angrenzende Bäcker verkaufte danach erst mal keine Brötchen mehr.
In Heedfeld gibt’s nun demnächst eine „Rotunde“, in der ein neuer Sparkassengeldautomat untergebracht werden soll und daneben einen Bäcker mit Außencafé. So fügen sich die Dinge, und die Bankräuber mit der groben Sprengkelle sollen auch hier keine Chance mehr bekommen. Gemeinhin reagieren die Banken nämlich auf den Trend – und machen ihre Geldautomaten des Nachts unzugänglich. Oder geben Standorte komplett auf und suchen Alternativen – wie zuletzt in Meinerzhagen geschehen.
Der Sparkasse Kierspe-Meinerzhagen hatte ihr Geldautomat im Bereich Grotmicke Sorgen bereitet. Der Automat war bis in den Sommer 2020 an der Außenwand eines Wohn- und Geschäftshauses befestigt. „Über dem Gerät wohnen Menschen. Das Risiko können und wollen wir nicht eingehen“, sagte damals Roman Kappius, damals wie heute Vorstandsvorsitzender der heimischen Sparkasse. Ein Jahr später, im Sommer 2021, nahm der Nachfolger seinen Betrieb auf. Auf dem Parkplatz in unmittelbarer Nähe zum alten Standort ist seitdem eine rote „Dose“ zu finden, die dem technisch neuesten Stand entspricht und mit einer Videoüberwachung ausgestattet ist. Der Geldautomat verfüge über neueste Sprengschutztechnik und stelle für die Anwohner und umliegende Gebäude kein Sicherheitsrisiko mehr dar.
Nachtruhe von 23 bis 6 Uhr
Zur Verfügung steht das Gerät aber nur – nach einer LKA-Empfehlung – zwischen 6 und 23 Uhr. Und diese Zeiten gelten mittlerweile für fast alle Geräte der Sparkasse Kierspe-Meinerzhagen, wie Roman Kappius bestätigt. „Die Erfahrung zeigt, dass vor allem der Zugang zu den Geräten erschwert werden muss, um die Täter gar nicht erst ans Ziel kommen zu lassen.“ Denn die Kollateralschäden seien enorm, die Gefahr für Nachbarn entsprechend hoch. „Wir schauen uns deshalb in enger Zusammenarbeit mit der Kreispolizeibehörde alle Geräte an und prüfen, wo und wie wir handeln können.“ An manchen Standorten seien dafür auch bauliche Maßnahmen geplant, so Kappius weiter.
Andere Wege geht die Volksbank in Südwestfalen. Laut Internetseite der Bank ist lediglich der SB-Schalter in Valbert nur von 5 bis 23 Uhr geöffnet, die übrigen Standorte in Meinerzhagen und Kierspe (Hauptstelle an der Hauptstraße, Jaeger-Tankstelle und Dr.-Hans-Wernscheid-Straße in Kierspe) sind rund um die Uhr verfügbar. Pressesprecher Benjamin Sekavcnik: „Bei der jeweiligen Entscheidung zur nächtlichen Schließung eines Standorts spielt die laufende Gefährdungsanalyse in Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden ebenso eine Rolle wie verschiedene Formen von Vandalismus, die wir in der Vergangenheit erleben mussten.“ Vorteil der Hauptstelle in Meinerzhagen: Sie kann schwerlich von einem Fahrzeug befahren werden, weil der Zugang nicht ebenerdig, sondern nur über eine Treppe beziehungsweise schmale Rampe möglich ist.

Die Volksbank Kierspe setzt indes auf eine nächtliche Schließung. „Wir haben die Hinweise des Landeskriminalamts schon seit Langem umgesetzt und die SB-Bereiche von 23 bis 5 Uhr geschlossen“, sagt David Schröck, zuständiger Betriebsleiter in diesem Bereich. Man habe außerdem eine Reihe an Sicherungsmaßnahmen, die potenziellen Tätern den Beutezug erschwereren sollen – welche das genau sind, will Schröck natürlich nicht sagen. Zu leicht will man es den Verbrechern schließlich nicht machen...
Nachdem die Deutsche Bank ihren SB-Service an der Derschlager Straße in Meinerzhagen just nach einer Automatensprengung im Jahr 2018 eingestellt hat, dürfte die Niederlassung in Kierspe nach dem jüngsten Vorfall das gleiche Schicksal widerfahren.