Kostal: Hoffnung für Werk in Meinerzhagen

Ende Juni verkündete die Kostal-Gruppe das Aus für die KAE-Produktionsstandorte in Lüdenscheid, Meinerzhagen und Halver, dazu Verwaltungsverlagerungen nach Ungarn. Knapp 1000 Arbeitsplätze weniger in der Region. Ein Schock. Seitdem ist viel hinter verschlossenen Türen verhandelt worden.
Meinerzhagen – Nun, acht Monate später, kommt Bewegung in die Sache, denn das Unternehmen soll in Kürze zu Tarifverhandlungen mit der IG Metall aufgefordert werden. Ein Sozialtarifvertrag ist das Ziel. Zudem scheint es Bewegung am Standort Meinerzhagen zu geben: Hier soll dem Vernehmen nach die Schließung des Produktionsstandorts sogar wieder komplett infrage stehen.
In Meinerzhagen, wo Rückfahrleuchten für Audi produziert werden, könnte es demnach möglicherweise generell weitergehen, weil sich der Kunde Audi die Fortsetzung der Produktion an diesem Standort wünscht. Die Kostal-Geschäftsführung hält sich auf Anfrage mit Verweis auf laufende Verfahren bedeckt, will dies nicht bestätigen.
Auch am Samstag im Lüdenscheider Kulturhaus spielte das Meinerzhagen-Thema eine Rolle, denn wenn ein Sozialplan ausgehandelt wird, könnte ein Ergebnis sein, dass zum Beispiel Mitarbeitern aus Lüdenscheid nach diesem Sozialplan in Meinerzhagen eine Stelle angeboten werden müsste, wenn es dort weitergeht.
Die IG Metall mag sich hierzu aber ebenso wenig öffentlich äußern wie die Geschäftsleitung. Fabian Ferber, Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Märkischer Kreis und Unternehmensbetreuer der IG Metall sowie der europäischen Gewerkschaften für die Kostal-Gruppe, stellt lediglich fest, dass die IG Metall gleichermaßen die Belegschaft in Lüdenscheid und Meinerzhagen vertrete – und dass in Meinerzhagen auf jeden Fall auch ein erheblicher Arbeitsplatzabbau geplant sei. Eine Schließung des Standorts? Sie scheint nicht mehr so sicher wie noch im Juni 2022.

Auch für Manuel Bunge, Leiter des IG Metall-Vertrauenskörpers bei Kostal und hauptberuflich Betriebsratsvorsitzender an der Bellmerei. „Bei den großen Ausrufezeichen, die die Produktionsschließung gesetzt hat, bleiben noch viel zu viele Fragezeichen offen“, sagt Bunge, „unser Ziel muss es bleiben, möglichst viele in der Kostal-Familie zu halten. Das letzte Wort für die Produktionsstandorte Meinerzhagen und Lüdenscheid ist aus meiner Sicht noch nicht gesprochen.“
Der Weg dahin geht auch über mehr Druck durch Tarifverhandlungen: Am Samstag hatten sich mehr als 250 Kostal-Beschäftigte, die auch Mitglieder der IG Metall sind, im Kulturhaus getroffen. Auch Rainer Schmolke, mehr als 30 Jahre lang Betriebsratsvorsitzender bei Kostal, und IG-Metall-Urgestein Bernd Schildknecht waren gekommen. Seit Juni sind mehr als 300 Kostal-Mitarbeiter neu der IG Metall beigetreten.
Ein Zulauf, den Ferber als noch nie dagewesen bezeichnet. Mitarbeiter, so Ferber, die ihr Unternehmen nicht mehr wiedererkennen würden. Am Ende der zweieinhalbstündigen Versammlung stand der Auftrag, dass nun die IG Metall nicht mehr nur beratend die seit Januar laufenden Sozialplan-Verhandlungen begleiten, sondern Akteur in diesen Verhandlungen werden soll.
Fürs weitere Vorgehen macht das einen Unterschied: Der von der IG Metall beratene Betriebsrat kann mit der Geschäftsführung als Ultima ratio nur vor die Einigungsstelle ziehen, wenn man sich nicht einigen kann. Durch die neue Situation ist nun ein veritabler Arbeitskampf möglich – mit Warnstreiks, die den Arbeitgeber dazu bewegen sollen, sich beim Sozialplan und hier speziell bei den Abfindungen zu bewegen.
Wenn nun verhandelt wird, dann soll es auch darum gehen, auszuloten, wie jeder einzelne Mitarbeiter in der Kostal-Gruppe gehalten werden könne. Die formale Aufforderung zu Tarifverhandlungen soll der Geschäftsleitung in dieser Woche zugestellt werden.
Fabian Ferber wird weiter so zitiert: „Dass in so einer Situation keine Transfergesellschaft angeboten wird, ist respektlos. Dass wir bis heute nicht wissen, wie viele Personen auch durch Weiterbildungsmaßnahmen, die von der Agentur für Arbeit getragen werden könnten, zum Beispiel bei Kostal Kontakt Systeme am Timberg oder bei Kostal Industrie-Elektrik (Hagen) weitermachen können, macht es nicht besser.“
Im Gespräch ergänzt er, dass er hoffe, dass man auf diesem Weg Lösungen finde, mit denen das Unternehmen den langjährig Beschäftigten Respekt und Anerkennung zeige. Ängste, dass das Vorgehen die Geschäftsleitung zur forcierten Verlagerung der Produktion ins Ausland motivieren könnte, hat er nicht.
„Es sind bislang keine Kündigungen ausgesprochen, also gilt bei den meisten ein langer Kündigungsschutz. Die Vorteile wären bei einer schnellen Verlagerung gar nicht da.“ So kämpft die IG Metall nun – vor allem für die Beschäftigten in Lüdenscheid und Meinerzhagen.
Und Halver? Über Halver spricht man kaum mehr. Zum Ende des Jahres 2022 ist das Gros der Mitarbeiter aus Halver auf die Standorte Lüdenscheid und Meinerzhagen verteilt worden. Betriebsbedingte Kündigungen habe es nicht gegeben, wie ein Insider berichtet. Geschlossen ist der Standort in Halver indes noch nicht. Einige wenige Arbeiten werden noch von weniger als zehn Mitarbeitern in Halver weiter verrichtet.