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Bedrohte Tierrasse lebt im MK

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13 Tiere zählt die Brillenschaf-Herde in Hardenberg-Meinerzhagen.
13 Tiere zählt die Brillenschaf-Herde in Hardenberg-Meinerzhagen. © Liv Schröder

Hannes Hoppe war 16 Jahre alt, als er sich dazu entschied, Verantwortung für eine Schafherde zu übernehmen. Eine Aufgabe, die wohl nur wenige Jugendliche in diesem Alter auf sich nehmen. Drei Jahre später ist er immer noch mit Begeisterung dabei.

Meinerzhagen – Der 19-Jährige aus Meinerzhagen-Hardenberg hat sich der Zucht und Erhaltung einer vom Aussterben bedrohten Haustierrasse verschrieben – dem Kärntner Brillenschaf.

Die markante schwarze Fellfärbung um die Augen herum gibt dem im 19. Jahrhundert gezüchtetem Paarhufer seinen Namen. Wegen seiner Widerstands- und Anpassungsfähigkeit war das Schaf über viele Jahrzehnte bei Landwirten in Österreich sehr beliebt. Doch seit den 1930er-Jahren wurden die Kärntner Brillenschafe im Zuge der „Rassenbereinigung“ nahezu vollständig von den „reinweißen“ Bergschafen verdrängt. Erst 1990 wurde das Schaf in die Liste der besonders gefährdeten Haustierrassen aufgenommen und die Zucht gezielt gefördert. Zu diesem Zeitpunkt gab es weltweit nur noch 23 Brillenschafe.

Einer von wenigen Züchtern in Europa

Inzwischen ist der Bestand dank des Einsatzes engagierter Züchter in ganz Europa wieder auf rund 1000 Tiere angewachsen. Einer von ihnen ist Hannes Hoppe.

Wie kommt ein Jugendlicher aus Meinerzhagen auf die Idee, im Sauerland österreichische Schafe zu halten und zu züchten? Alles begann mit einem Landwirtschaftspraktikum, das der damals 16-Jährige im April 2019 auf einem Hof in Kärnten absolvierte. Dort wurden auch Brillenschafe gehalten. Zu seinen Aufgaben gehörte die Versorgung der zutraulichen Tiere, die ihn mehr und mehr begeisterten.

Beim Kommando „Hampe, hampe!“ folgen die Brillenschafe Hannes Hoppe auf dem Fuße.
Beim Kommando „Hampe, hampe!“ folgen die Brillenschafe Hannes Hoppe auf dem Fuße. © Hoppe

Schnell entstand der Wunsch, in der Heimat selbst ein paar dieser Schafe zu halten. „Zurück zu Hause, war ich Feuer und Flamme für diese Idee“, erzählt er. Ein Plan, wo und wie die Schafe untergebracht werden sollen, existierte da schon. Seine Eltern, Tanja und Markus Hoppe, hatten einen solchen Wunsch erwartet und nichts einzuwenden. So stand dem Plan, bei dem Erhalt der Brillenschafe mitzuwirken, nichts mehr im Wege. Der Pachtvertrag für die Wiese hinterm Haus wurde unterschrieben, der Zaun gebaut und schon die erste Heuernte eingefahren. Unterstützung erhielt die Familie von Nachbarn und Freunden.

Im August 2020 ging es los: Vier tragende Muttertiere aus Kärnten fanden ihr neues Zuhause bei Familie Hoppe. Kurze Zeit später wurden die ersten Lämmer geboren. Mittlerweile besteht die Herde von Familie Hoppe aus 13 Tieren: Darunter befinden sich sechs deckfähige Mutterschafe und ein eigener Zuchtbock, den die Familie 2021 kaufte. Zuletzt kamen kurz vor Weihnachten drei Lämmer zur Welt. Hannes Hoppe kümmert sich, wann immer er kann, um seine tierischen Schützlinge. Auch seine Familie packt mit an, um die Aufgaben wie das tägliche Füttern, die Schafe zur Weide zu treiben, Klauen zu schneiden, Heu nachzufüllen oder Ohrmarken stechen zu bewältigen. Wie andere Schafe auch müssen Brillenschafe zudem einmal im Jahr geschoren werden. Die Anschlussverwendung der Wolle ist gesichert, wie Tanja Hoppe berichtet: „Meine Mutter verspinnt das Vlies und verkauft es anschließend auf kleinen Märkten.“

Auf dem Vielfaltshof in Kärnten bekamen Ida und Hannes Hoppe einen ersten Einblick in die Haltung der Brillenschafe.
Auf dem Vielfaltshof in Kärnten bekamen Ida und Hannes Hoppe einen ersten Einblick in die Haltung der Brillenschafe. © Hoppe

Zum Teil finanziert die Familie die Schafzucht durch den Verkauf der Zuchttiere. Vier Brillenschafe haben sie bis jetzt verkaufen können, wobei es gar nicht so einfach sei, den richtigen Käufer zu finden, erklärt Tanja Hoppe. „Der Lebend-Verkauf ist uns sehr wichtig.“ Viele der potenziellen Käufer seien daran aber überhaupt nicht interessiert, sie wollen die Tiere schlachten. Doch das ist nicht im Sinne der Züchter aus Meinerzhagen.

„Wir wollen dazu beitragen, dass diese seltene Rasse erhalten bleibt“, sagt Tanja Hoppe. Dabei überlässt die Familie nichts dem Zufall. Zur Kontrolle der Zucht und dem Erhalt der Rasse werden alle Schafe in das Herdbuch eingetragen. Es dient der Dokumentation der Zuchtlinien, aber auch zur Vernetzung der Züchter untereinander.

13 Tiere zählt die Brillenschaf-Herde in Hardenberg-Meinerzhagen.
13 Tiere zählt die Brillenschaf-Herde in Hardenberg-Meinerzhagen. © Hoppe

Die Ausbreitung der Wölfe bis ins Sauerland bereitet Hannes Hoppe Sorgen. Erst kürzlich war ein Wolf in Meinerzhagen, Halver und Lüdenscheid nachgewiesen worden. Es ist eine potenzielle Gefahr auch für seine Tiere, die im Sommer ganztägig auf der Wiese stehen.

Viel für den Herdschutz habe die Familie bis jetzt noch nicht machen können, erzählt der junge Schafzüchter. Im Winter bleiben die Schafe in der Nacht drinnen, und das Tor zum Stall sei jetzt ein wenig höher. Schutzmaßnahmen gegen den Wolf wie ein höherer Stromzaun oder ein Herdenschutzhund sind teuer. Die Familie will nun die Entwicklung der Wolfspopulation in ihrer Umgebung beobachten und hofft auf Förderprogramme vom Land NRW. Einen Esel – als Teil der Herde – kann sich Tanja Hoppe am ehesten als Schutzmaßnahme vorstellen. Die Esel können eine Schafherde durch Huftritte und Geschrei erfolgreich vor Wölfen schützen.

Hannes Hoppes Interesse für Tiere und Landwirtschaft kommt nicht von ungefähr. Im vergangenen Jahr hat er eine Ausbildung zum Landwirt begonnen. Er stelle immer wieder fest, wie ihm das gelernte Wissen aus der Ausbildung bei seinen eigenen Schafen zugutekommt, berichtet der 19-Jährige. Sein kleines landwirtschaftliches Projekt will er fortführen. Die Brillenschafe werden es ihm danken.

VON LIV SCHRÖDER

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