Wird das Brot immer mehr zum Laborprodukt?

VALBERT - Fertigbackmischungen haben nicht nur bei Backshops und Supermärkten Konjunktur: Der harte Preiskampf und ein zunehmender Fachkräftemangel im Bäckereigewerbe sind wohl die wesentlichen Gründe dafür, dass viele Bäckereien zumindest einen Teil ihres Sortiments aus zugelieferten Backmischungen produzieren.
Von Petra Schüller
Diesen Trend griff jetzt auch die ZDF-Doku „Wie gut ist unser Brot?“ auf. Sie zeigte, dass die Kampfpreise der Backindustrie auch Bäckereien stark unter Druck setzen. Ein Brötchen sei in manchem Supermarkt schon ab 15 Cent zu haben, hieß es da. In einer Bäckerei koste es um die 30 Cent. Der Grund liegt auf der Hand: Die Lohnkosten sind der größte Posten und machen etwa die Hälfte des Preises aus.
Die industriell vorgefertigten Mischungen bieten neben dem Kostenvorteil einen weiteren verlockenden Anreiz: „Dank“ zahlreicher Zusatzstoffe sind sie so pflegeleicht, dass auch eine Hilfskraft daraus ein knuspriges Brot zaubern kann. Wer das Kleingedruckte auf der Supermarkt-Verpackung liest, wird jedoch einiges entdecken, was über die Grundzutaten Mehl, Sauerteig, Wasser und Salz hinausgeht.
Dass es auch anders geht, dafür ist die Traditionsbäckerei Berghaus – seit 117 Jahren im Ebbedorf ansässig – ein gutes Beispiel. „Wir verzichten vollständig auf Fertigmischungen“, so Bäckermeister Rasmus Berghaus. Auch künstliche Hilfsstoffe wie Zuckercouleur, künstliche Enzyme, Backmittel oder Stabilisatoren kommen ihm nicht in die Rührschüssel. Dieser Verzicht hat natürlich Folgen: „Wir müssen auf den Punkt genau arbeiten“, erklärt Berghaus. Der „Naturteig“ verzeihe handwerkliche Fehler nicht. „Wenn wir die Teiglinge fünf Minuten zu spät in den Ofen schieben, macht sich das in der Qualität bemerkbar. Backmischungen funktionieren auch noch, wenn sie eine halbe Stunde später gebacken werden.“
Obwohl alles in Handarbeit entsteht, gibt es in der Valberter Bäckerei ein großes Sortiment. Auf die Frage, wie er und sein Team das gewährleisten können, hat Berghaus eine schlichte Antwort: „Ganz einfach, wir arbeiten länger daran“, bemerkt er schmunzelnd. Meist sind vier oder fünf Familienmitglieder in der Backstube aktiv. All denjenigen, die sich angesichts der Sortenvielfalt in Backshops und Bäckereien fragen, wie sie die Spreu vom Weizen trennen und die Zusammensetzung des Teigs herausfinden können, rät Berghaus, in der Bäckerei ihres Vertrauens nachzufragen. „Jeder hat die Pflicht, über die Inhaltsstoffe zu informieren“, sagt er. In der Valberter Bäckerei liegt eine Infomappe mit Zutatenlisten für alle Backwaren aus.
Die Natürlichkeit der Lebensmittel liegt Berghaus am Herzen. „Natürlich sind die Stoffe, die in Teigmischungen Verwendung finden, zugelassen und daher wohl gesundheitlich unbedenklich“, betont er. „Ich gehe aber davon aus, dass natürliche Zutaten gesünder sind.“
Daher hat er sich für einen Mehllieferanten entschieden, der das Korn besonders aufwendig von Schadstoffen befreit. „Nach der üblichen Reinigung wird es von der äußeren Holzfaserhülle befreit“, erklärt André Daubert, Geschäftsführer der Mühle Kottmann aus Grevenbroich. Dies sei die einzige Methode, das Korn vollständig von Schadstoffen zu befreien, ohne zugleich wertvolle Nährstoffe herauszulösen. Dass Brot und Brötchen bei Berghaus nicht zu Supermarkt-Preisen über die Theke gehen, treffe bei den Verbrauchern auf Verständnis, so Berghaus. „Unsere Kunden sind sehr kritisch und gesundheitsbewusst.“