Wochenmarkt: Eine Gurke darf auch mal krumm sein

Die Sonne scheint. Bestes Marktwetter und am Stand von Joachim Becker ist schon am frühen Morgen „Stau“. Die Kunden, die am Gemüsestand heute vor allem Spargel, Salat und Erdbeeren kaufen möchten, warten geduldig. „Ich nehme das mal als Messwert, dass wir das hier ganz gut machen“, lacht Becker und begrüßt die nächste Kundin: „Was darf es sein, die Dame?“ Die nennt ihre Wünsche und pflichtet dem Händler bei. Sie kommt immer her, sagt sie: „Hier ist alles solide.“ – „Solide – das gefällt mir“, freut sich Joachim Becker über dieses Kompliment.
Meinerzhagen – Die meisten Kunden des Soester Händlers sind Stammkunden – „fast 70 Prozent“, schätzt er. Von manchen bekommt er Vorbestellungen, von vielen weiß er, welches Obst und Gemüse sie bei ihrem Besuch bevorzugt kaufen – und zu welcher Uhrzeit sie zum Markt kommen. „Heute sind Sie spät“, begrüßt Beckers Mitarbeiterin Maria Lippe einen jüngeren Mann: „Haben Sie frei bei dem schönen Wetter?“ Die Kundenfreundlichkeit zählt am Stand eben genauso wie die Qualität.
Stammhändler auf dem Wochenmarkt
Joachim Becker ist Stammhändler auf dem Wochenmarkt in Meinerzhagen, bestückte ihn schon, als dieser noch neben der Stadthalle zu finden war. Bereits 1980, damals leistete Joachim Becker bei einem Krankentransportdienst in Lüdenscheid seinen Zivildienst ab, kam er in die Volmestadt, wenn er am Gemüsestand seiner Mutter aushalf. Seine Ausbildung absolvierte er danach als Maler, lebte einige Jahre mit seiner Frau, einer Französin, in Paris und arbeitete hier in einem Maler-Großhandel, ehe er sich doch für den Markt entschied und im Geschäft der Mutter einstieg, das er vor 20 Jahren schließlich ganz übernahm. Mittwochs und samstags verkauft Joachim Becker regionales Obst und Gemüse auf dem Lüdenscheider Markt, freitags ist er in Meinerzhagen. Ein langer Tag sei es hier, sagt der 63-Jährige, der auch an diesem Morgen wie immer seit drei Uhr auf den Beinen ist. „Die blöde Brücke“ macht die Fahrt von Soest nach Meinerzhagen noch umständlicher. Doch weder die A45-Sperrung noch die Temperaturen im Winter halten ihn von seiner Tour ab – es sei denn, es liegt zu viel Schnee oder es ist so eisig, dass das Gemüse erfrieren könnte.

Bei seinem Angebot setzt Joachim Becker auf Regionalität, kauft in der Regel dienstags und donnerstags auf Höfen der Soester Börde ein. „Alles Familienbetriebe. Tomaten, Gurken und Paprika stammen alle von dort“, erzählt er. Oder er fährt zum Bauern SB, ähnlich wie ein Großmarkt. Aber auch dort werde auf die Herkunft gesetzt. „Ordentliche Qualität“, darauf kommt es ihm an, sagt der Händler. „Was anderes wollen wir hier nicht. Eine Gurke darf aber ruhig auch mal krumm sein.“

Eine Kundin lobt die „anständige“ Ware, die Joachim Becker anbietet, während sie ihm ihre Tasche für das Einpacken von Paprika, Eichblattsalat und Erdbeeren reicht. „Das finde ich gut, wenn die Leute ihre Verpackungen mitbringen“, meint Becker und lobt seine Kunden: „Dreiviertel sind vernünftig in Meinerzhagen.“
Händler lobt: Meinerzhagener haben Verständnis für Natur
In die Volmestadt kommt der Soester ohnehin gerne: „Hier ist es angenehm.“ Die Meinerzhagener hätten noch Verständnis für die Natur, so sein Eindruck – „ohne dabei schleimig wirken zu wollen“, meint er. Bodenständig und humorvoll – das ist die Art, die auch seine Kunden schätzen.
Er verkaufe das, „was die Natur hergibt“, beschreibt der Gemüsehändler seine Strategie. „Was die Leute wünschen, versuche ich mitzubringen.“ Außer Erdbeeren zu Weihnachten – das sei schlecht möglich.
Vier bis fünf Jahre, so sein Plan, möchte er noch arbeiten und „seine“ Märkte bestücken. So lange, wie er es schaffe und wie sein Hänger durchhalte, schmunzelt der 63-Jährige. An die Rente denke er schon 30 Jahre, lacht er, aber sich zuhause hinsetzen – nein, das ist nicht sein Ding. „Und ich habe das Gefühl, dass sowieso niemand nachkommt“, meint Becker. „Da mache ich noch ein bisschen weiter.“ Dass er sich aber an diesem Freitag nach seinem Feierabend zuhause hinsetzen wird, um vielleicht noch ein bisschen die Sonne genießen zu können, darauf freut er sich. Am nächsten Morgen geht es dann für ihn schon wieder früh los zum nächsten Markt.
Die Markthändler
In unserer Wochenmarkt-Serie stellen wir Ihnen jeden Stand des Marktes aus Meinerzhagen vor. Lesen Sie in unseren Berichten, wer die Menschen hinter der Theke sind, warum sie ihren Job gerne machen und warum es sich lohnt, auf den Markt zu gehen. Vom Einkaufen und Essen bis zum Klönen bietet der Meinerzhagener Wochenmarkt für jeden etwas.
1. Teil: der Fischstand von Christian Paul.
2. Teil: der Käse- und Kartoffelstand von Martina Hinz.
3. Teil: der Keksstand
4. Teil: Blumen mit Spaßfaktor
5. Teil: Eier sind nicht gleich Eier
6. Teil: Regionales Obst und Gemüse
Wollen Sie ein Teil der Serie sein? Schreiben Sie uns, warum Sie gerne auf den Markt einkaufen gehen, warum er Ihnen wichtig ist oder was Ihnen fehlt an mz@mzv.net.