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Mann missbraucht Töchter: Anzahl der Taten ist geringer

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Von: Thomas Krumm

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Wegen Kindesmissbrauchs in 580 Fällen befand das Hagener Landgericht einen 55-jährigen Werdohler am Donnerstag für schuldig.
Ein ehemaliger Meinerzhagener muss sich vor dem Landgericht wegen des Missbrauchs seiner Töchter verantworten. (Symbolbild) © Silvia Marks / DPA

Erheblich verschlankt hat die 1. große Strafkammer des Landgerichts die Anklage gegen einen ehemaligen Meinerzhagener, dem vielfacher sexueller Missbrauch von zwei Töchtern vorgeworfen wird.

Meinerzhagen/Hagen – Die Staatsanwaltschaft kam in einer Hochrechnung noch auf eine Gesamtzahl von 1435 Taten. Die Richter errechneten aufgrund der Angaben des Angeklagten eine erheblich niedrigere, wenn auch immer noch erschreckende Zahl: Ihre Hochrechnung aus einem „wöchentlichen“ Missbrauch ergab fast 500 Missbrauchstaten zwischen Dezember 2012 und Herbst 2021, deren Opfer in den allermeisten Fällen die älteste Tochter des Angeklagten war.

Eine jüngere Schwester soll rund 20 Mal missbraucht worden sein. Bei knapp einem Drittel der Taten soll es sich um schweren sexuellen Missbrauch an Schutzbefohlenen gehandelt haben. Dieser ist gemäß juristischer Begriffsbestimmung durch ein Eindringen in den Körper definiert.

Angeklagte sei „ernsthaft um Ehrlichkeit und Offenheit bemüht“

Die Reduktion der Taten wurde schlüssig begründet. Der Angeklagte, der in seiner Einlassung keinerlei Bemühungen gezeigt hatte, die Zahl der Übergriffe zu vermindern, hatte sich lediglich überrascht gezeigt über die angeblich so hohe Zahl an Übergriffen, die die Hochrechnung der Staatsanwaltschaft ergeben hatte.

Der Vorsitzende Richter Jörg Weber-Schmitz machte jedoch deutlich, dass die Kammer die Hinweise des Angeklagten hinsichtlich des Geschehenen ernst nehme, da dieser „ernsthaft um Ehrlichkeit und Offenheit bemüht“ sei. In vielen Fällen hatte er die Gegenwehr seiner Tochter respektiert und sein Treiben beendet. Das kann – und muss möglicherweise – als strafbefreiender Rücktritt gewertet werden. Außerdem ging die Hochrechnung der Staatsanwaltschaft höchstwahrscheinlich von falschen Voraussetzungen hinsichtlich der Häufigkeit der Übergriffe aus.

Aussage erspart Opfern Aussage vor Gericht

Die Ankläger gingen davon aus, dass es jeweils wöchentlich zu drei verschiedenen Tatvarianten gekommen war. Das ist offenbar unrealistisch. Auch der Vorwurf der Herstellung eines kinderpornografischen Fotos soll nicht weiter verfolgt werden. In einem Fall gehen die Richter allerdings davon aus, dass der Angeklagte gegen den erkennbaren Widerstand seiner Tochter handelte. Das würde den Tatbestand einer Vergewaltigung erfüllen.

Das Geständnis des Angeklagten erspart seinen Töchtern die Aussage vor Gericht. Möglicherweise kennen sie den wahren Grund für das plötzliche Verschwinden ihres Vaters gar nicht, wie eine Vertreterin der Familienhilfe vor Gericht deutlich machte. Die Mädchen hätten die Trennung vom Vater „ganz gut verkraftet“, berichtete sie. Sie wusste aber auch, dass die Mädchen Fragen nach ihrem Vater stellen und „dass der andere Elternteil durchaus vermisst wird“.

Familienhilfe: Töchter zeigen „keine Auffälligkeiten“

Mit ihrer Mutter, ihren weiteren Geschwistern und den Großeltern leben sie derzeit in einer Art Großfamilie. In ihrer Entwicklung zeigten sie aktuell „keine Auffälligkeiten“, erklärte die Vertreterin der Familienhilfe. Viele Opfer sexueller Gewalt werden allerdings mit einer großen Zeitverzögerung von den unbewältigten Erlebnissen eingeholt. Der vorläufig positive Zwischenbericht war dennoch eine gute Nachricht.

Der Prozess soll am 29. März mit den Plädoyers und dem Urteil enden.

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