Ärztlicher Notdienst wird umfassend neu geregelt

MEINERZHAGEN/KIERSPE ▪ Am kommenden Dienstag, 1. Februar 2011, ab 18 Uhr, nimmt der reformierte ärztliche Notfalldienst im Landesteil Westfalen-Lippe seinen Betrieb auf. Damit gelten auch für die Bürger in Meinerzhagen und Kierspe neue Versorgungsstrukturen, wenn sie außerhalb der normalen Praxisöffnungszeiten dringend einen Arzt benötigen. Die bisherigen Regelungen auf örtlicher Ebene entfallen ab diesem Zeitpunkt in beiden Volmestädten.
Neben der neuen, landesweit gültigen Notfallnummer 0180 - 50 44 100 stehen ab Reformstart insgesamt 67 zentrale Notfallpraxen für die ambulante Notfallversorgung der Bevölkerung zur Verfügung. Die seit 2007 für Meinerzhagen und Kierspe gültigen zentralen Notfalldienstnummern entfallen künftig. Sie werden zum 1. Februar abgeschaltet.
Die für die heimische Region nächst gelegene Notfallpraxis befindet sich im Klinikum Lüdenscheid, Paulmannshöher Straße 14. Von Patienten aus dem Valberter Raum kann auch die Notfallpraxis im Attendorner St. Barbara Krankenhaus genutzt werden.
Für Dr. Markus Bald, Leiter der Zentralen Notaufnahme (ZNA) am Klinikum Lüdenscheid, hat die Reform mehrere Vorteile. Ein medizinischer Koordinator wird die Patienten gleich nach der Schwere ihrer Erkrankungen zuweisen. Wer bislang mit Husten, Schnupfen, Heiserkeit als leichter Fall eingestuft wurde und unter Umständen lange Wartezeiten in Kauf nehmen musste, wird künftig gleich an die Notfallpraxis verwiesen. Dr. Bald: „Im Sinne der Patienten können die Abläufe so beschleunigt werden.“ Außerdem könne der niedergelassene Arzt auch die Ressourcen des Klinikums – vom Ultraschall bis zur Laboranalyse – nutzen.
Den Notdienst versehen im Klinikum zu den Öffnungszeiten der Notfallpraxis im Wechsel niedergelassene Ärzte aus der Region. In den Nachtstunden jeweils ab 22 Uhr stehen hier Mediziner des Klinikums zur Verfügung.
Der neu organisierte Notfalldienst wird ab 1. Februar 2011 zu den folgenden Zeiten durchgeführt:
Werktags von 18 bis 8 Uhr am Folgetag, Mittwoch- und Freitagnachmittag von 13 bis 8 Uhr am Folgetag sowie samstags, sonntags und feiertags von 8 bis 8 Uhr am Folgetag.
Wichtig: Von der Reform des ärztlichen Notfalldienstes ausdrücklich nicht betroffen ist der auf kommunaler Ebene geregelte Rettungsdienst für akute lebensbedrohliche Erkrankungen unter der Rufnummer 112.
Darüber hinaus wurden im Zuge der Reform auch die Notfalldienstbezirke landesweit neu geordnet und der Fahrdienst des allgemeinen Notfalldienstes auf eine neue Basis gestellt. Sollte ein Hausbesuch erforderlich sein, werden die medizinisch geschulten Mitarbeiter der Rufzentrale den Fahrdienst (Arzt und Fahrer), der dem Patienten am nächsten ist, zum Einsatzort leiten. Dieser Dienst reicht jeweils bis 8 Uhr am Folgetag. Für den Märkischen Kreis stehen dafür drei Fahrzeuge der Johanniter zur Verfügung. „Das ist allerdings kein Taxi-Ersatz“, betont Dr. Bald, sondern beschränke sich auf Fahrten zu Alten- und Pflegeheimen, oder wenn Senioren zum Beispiel wegen der Witterungsbedingungen nicht die Notfallpraxis aufsuchen könnten.
„Die Notfalldienstreform ist ein Meilenstein in der ambulanten Versorgungsgeschichte Westfalens. Sie bringt für Ärzte und Patienten zahlreiche Vorteile. Ich bin mir sicher, dass die neuen Strukturen nicht nur modern und fortschrittlich, sondern vor allem auch zukunftsfest sind“, sagt der 1. Vorsitzende der KVWL, Dr. Wolfgang-Axel Dryden. „Zusammen mit einer Qualitäts- und Professionalitätssteigerung des allgemeinen Notfalldienstes werden die neuen Strukturen insbesondere den Herausforderungen einer abnehmenden Ärztedichte – maßgeblich in ländlichen Regionen – bestmöglich gerecht“, so Dryden weiter.
Der Sprecher der Meinerzhagener Ärzteschaft, Norbert Kison, verdeutlicht, welche enormen zusätzlichen Belastungen die heimischen Mediziner bislang im Notfalldienst zu bewältigen hatten: Bei zurzeit 16 in die bisherige örtliche Regelung einbezogene Mediziner ergaben sich im Jahr rund 34 Notfalldienste an Wochenenden und Feiertagen sowie werktags nach Praxisschluss zwischen 18 und 8 Uhr. Künftig wird sich das im Rahmen der neuen regionalen Regelung für die beteiligten niedergelassenen Ärzte auf nur noch etwa acht Einsätze im Jahr deutlich reduzieren.
In den neuen Notfalldienststrukturen wird die neue Notfallnummer (0180 - 50 44 100; 14 Ct/Minute aus dem dt. Festnetz, Mobilfunk max. 42 Ct/Minute) eine zentrale Rolle einnehmen. Unter dieser Rufnummer erfahren die Anrufer die Adressen und Öffnungszeiten der ihnen nächstgelegenen Notfallpraxen. Zudem werden auch die ärztlichen Hausbesuche innerhalb der Notfalldienstzeiten über diese Rufnummer koordiniert. Sollte ein Hausbesuch erforderlich sein, werden die medizinisch geschulten Mitarbeiter der Rufzentrale den Fahrdienst (Arzt + Fahrer), der dem Patienten am nächsten ist, zum Einsatzort leiten.
Ergänzend zum allgemeinen Notfalldienst wird es mit dem Start der neuen Strukturen in ganz Westfalen-Lippe auch drei fachgebundene Notfalldienste geben:
• einen augenärztlichen Notfalldienst,
• einen HNO-Notfalldienst,
• einen kinder- und jugendmedizinischen Notfalldienst.
Auch hier erfahren die Bürger unter 0180 - 50 44 100 an welche Arztpraxis sie sich wenden können.
Die umfassende Reform des ärztlichen Notfalldienstes ist nötig geworden, da viele Ärzte in Westfalen-Lippe bereits heute alltäglich an ihre Leistungsgrenzen bei der Aufrechterhaltung des Notdienstes stoßen. Insbesondere die hohe Dienstfrequenz durch das deutliche Missverhältnis zwischen städtischen und ländlichen Regionen ist häufig untragbar und verschärft dadurch auch die Nachwuchsproblematik zusehends. So ist in Westfalen-Lippe bereits heute jeder vierte Hausarzt über 60 Jahre alt und wird in den kommenden Jahren aus dem aktiven Arbeitsleben scheiden – eine Entwicklung, von der laut Norbert Kison auch Meinerzhagen absehbar stark betroffen sein dürfte. ▪ -fe
Die einzelnen Standorte der Notfalldienstpraxen, Öffnungszeiten und weitere Informationen finden Interessierte im Internet unter der Adresse:
http://www.kvwl.de/notfalldienst