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60 Jahre EGM: Besondere Merkmale der Meinerzhagener Schule

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Von: Frank Zacharias

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Das EGM aus der Vogelperspektive wobei Schüler das Peace-Zeichen bilden.
Die Schülerinnen und Schüler des Evangelischen Gymnasiums setzen Anfang März ein eindrucksvolles Zeichen für den Frieden. „Hier arbeiten besondere Menschen“, sagt Schulleiter Sven Dombrowski. © Justus Höhn

60 Jahre Evangelisches-Gymnasium Meinerzhagen - ein Grund zurückzublicken. Schulleiter Sven Dombrowski im Interview.

Meinerzhagen - Nur gut, dass die Bauarbeiten nicht bereits viel früher abgeschlossen waren und das Evangelische Gymnasium Meinerzhagen (EGM) erst zum Schuljahr 1962/63 den Betrieb aufnehmen konnte. Nicht auszuschließen wäre gewesen, dass der Festakt zum 60-jährigen Bestehen der Schule der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen wäre. So aber konnte am Donnerstag gefeiert werden, zunächst mit einem Gottesdienst in der Jesus-Christus-Kirche, dann mit einem Festakt in der Aula des Gymnasiums. Frank Zacharias sprach mit Schulleiter Sven Dombrowski über die Historie des EGM und die Herausforderungen der kommenden Jahre.

Herr Dombrowski, als Sie im Jahr 2011 die Nachfolge von Heinz-Hermann Haar antraten, war das der erst dritte Schulleiterwechsel in der damals 49-jährigen Geschichte des EGM. Wissen Sie noch, was Ihnen Ihr Vorgänger damals mit auf den Weg gegeben hat?

Sven Dombrowski: Wir haben gemeinsam sein damaliges Rektorbüro aus- und umgeräumt. Viele Gegenstände und Bücher, die eng mit der Geschichte und besonderen Ereignissen des EGM verbunden waren, hat er mir emotional erklärt und mir – oder besser: uns als Schule – übergeben. Das hat mir viel bedeutet, und dadurch habe ich einiges von den ersten Jahrzehnten des Evangelischen Gymnasiums am Bamberg und der Zusammenlegung mit der Landesschule Pforta persönlich erzählt bekommen. In besonderer Erinnerung bleibt mir sein Einstieg in seiner Verabschiedungsrede „Was wird mir fehlen? – Es sind die Menschen“. Er hatte Recht – hier arbeiten besondere Menschen! Nachhaltig geprägt hat mich zudem ein Besuch beim zweiten Schulleiter der Schule Manfred Kahl in Freiburg. Sein Motto „Freundlichst Begegnen“ und seine Art auf Menschen zuzugehen und die ihm anvertrauten Kinder wahrzunehmen und zu wertschätzen, war für mich eine prägende Erfahrung und ein wichtiger zukünftiger Maßstab.

Das Evangelische Gymnasium in Meinerzhagen hat nicht nur eine lange Geschichte, sondern hat sich nicht zuletzt durch den Wechsel von G9 auf G8 und zurück immer wieder neu erfinden müssen. Was waren rückblickend die größten Herausforderungen unter ihrer Leitung?

Den Weg zurück zu G9 erachten wir als Schulgemeinde als eine große Chance! Wir haben wieder mehr Zeit auf dem Weg zum Abitur. Diese gewonnene Zeit mit pädagogisch innovativen Ideen wie dem Meinerzhagener Modell sinnvoll füllen zu können, ist eine große Herausforderung, macht aber auch viel Freude, weil wir das Vorgehen ergebnisoffen mit allen Beteiligten an der Schule und mit den betrieblichen Partnern gestalten. Den zentralen Umbruch des letzten Jahrzehnts bildet natürlich die Corona-Pandemie. Distanzunterricht, Masken tragen, verlorene Unterrichtszeit, fehlende soziale Kontakte und der Verlust von gemeinsamen Erlebnissen, wie Klassenfeiern oder Kursfahrten, waren sehr einschneidend. Menschen mit Abstand zu begegnen, lag nicht in der evangelischen DNA unserer Schule. Die daraus resultierenden schulischen Defizite und persönlichen Ängste auszugleichen, stellt unser Kollegium intern und in der Arbeit mit den Kindern täglich noch vor kräftezehrende Herausforderungen.

Schauen wir noch einmal weiter zurück: Welchen Ruf hatte das EGM, als Sie sich damals auf die Stelle bewarben?

Da ich damals in Dortmund wohnte und in Düsseldorf arbeitete, kannte ich die Schule nur aus Erzählungen von meiner Zeit als Schüler am Evangelischen Gymnasium Siegen. Dieser Fakt war im Nachhinein aus meiner Sicht optimal, da ich ganz unbeschwert und ohne Vorurteile starten konnte! Eine wichtige Rolle spielte der damalige Stellvertreter Eckhard Kessler als EGM-Urgestein (Schüler, Lehrer und Schulleitung), der mich für die Schule begeisterte, mich in die Strukturen einwies und später ein Freund und Begleiter wurde!

Wenn Sie für Ihre Schule einen Wunsch an den Träger oder die Stadt frei hätten: Welcher wäre das?

Wir brauchen neben der Wohlfühlanlage „Sporthalle“ unbedingt noch eine grundlegende Sanierung bzw. Neugestaltung des Sportplatzes. Ein großer Kunststoffplatz mit Multifunktionsfeldern für Ballsportspiele, Laufbahn und Fitnessmöglichkeiten ist der Traum der Fachgruppe Sport und der SV. Mir als ehemaliger Leistungssportler blutet beim aktuellen Blick auf diesen Bereich auch das Herz. Eine erste Planung und eine Konzeption liegen in der Schublade und liegt dem Träger vor. Auch die Bezirksregierung ist in diese Schritte schon involviert. Besonders bemerkenswert ist, dass unser Förderverein schon 35 000 Euro als Eigenbeteiligung angespart hat. Im wahrsten Sinne des Wortes wird zukünftig sicherlich „Bewegung“ in die Sache kommen. Allerdings werden unsere langfristigen Sponsoren wahrscheinlich mit ins Boot müssen.

So wie sich die Zeiten ändern, änderte sich auch der Platzbedarf der Schule. Die Aufgabe der Berufsschule 1982 gab neue Räume fürs Gymnasium frei. Wie ist die Schule derzeit räumlich aufgestellt?

Ich glaube, wir bieten, dank unseres kirchlichen Trägers und der Stadt, den Schülern ein sehr gutes Lernumfeld, in dem sich alle Beteiligten sehr wohl fühlen. Das Flair der Schule ist eine gelungene Mischung aus der Architektur der 60er-Jahre wie die Aula und die modernen Erweiterungen wie die Mensa oder die große Sporthalle. In den letzten zehn Jahren wurde auch das fast gesamte Gebäude hinsichtlich Schallschutz und Beleuchtung saniert. Neben neuem Boden kommt die Patina des Märkischen Mauerwerks und der vereinzelten Vollholzwände super zur Geltung! Beeindruckend sind für mich immer noch die gepflegten sanitären Anlagen, mit denen die Schüler und Schülerinnen auch sehr bewusst umgehen. Ein Quantensprung sind die Verwendung der Mittel des Digitalpaktes NRW. Das EGM verfügt über ein perfektes Wlan, moderne, riesige Displays, integriert in nachhaltige Tafelsysteme. Wenn jetzt der von Telekom in den letzten Tagen angeschlossene Glasfaserzugang noch funktioniert, können wir die Errungenschaften der Digitalen Welt voll ausschöpfen.

Apropos Räume: Die Pandemie hat gezeigt, dass Schule – in gewissem Rahmen – auch online funktionieren kann. Wenn Sie mit Blick auf den technischen Fortschritt in die Zukunft schauen könnten: Wie könnte der Unterricht am EGM zum 100-jährigen Jubiläum aussehen?

In den letzten Wochen haben wir als Schulgemeinde viel über die zunehmende Digitalisierung im Unterricht diskutiert. Für uns steht die Beziehung zu den uns anvertrauten Schülerinnen und Schülern im Mittelpunkt. Die digitale Welt kann punktuell sehr gut eine Ergänzung darstellen. Im Mittelpunkt steht aber bei uns das Lernen in der sozialen Gruppe und in der Gemeinschaft! Nicht umsonst kommt die Meta-Studie von Hattie über Erfolgsfaktoren zum Lernen auf ein eigentlich banales Ergebnis: Auf den Lehrer, die Lehrerin kommt es an. Ich hoffe, vom Beruf begeisterte Kolleginnen und Kollegen bilden auch in 40 Jahren mit ihrer Persönlichkeit und ihrem individuellen Engagement die Basis unserer Arbeit. Ich persönlich erachte Kirche als Raum gelebten Glaubens für eine Gesellschaft zudem als unablässig. Hoffentlich können wir, als Evangelisches Gymnasium, zum Beispiel mit dem Diakonischen Praktikum unseren Teil dazu beitragen, dass 2062 Kirche und die in ihr vermittelten christlichen Werte noch sehr lebendig in unserer Gesellschaft verankert sind.

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