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Über 200 Jahre altes Gebäude wird abgerissen

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Von: Rainer Crummenerl

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Die Tage des inzwischen mehr als 200 Jahre alten ehemaligen Gasthofs Zimmermann in Ohl sind gezählt
Die Tage des inzwischen mehr als 200 Jahre alten ehemaligen Gasthofs Zimmermann in Ohl sind gezählt: Das in die Jahre gekommene Geschäftsgebäude muss einem modernen Büro- und Lagertrakt des expandierenden Baustoffhändlers Platz machen. © Crummenerl, Rainer

Zwar läuft der Geschäftsbetrieb der Baustoffhandlung Zimmermann im benachbarten Ohl nach wie vor in gewohnter Weise weiter, dennoch tut sich dort einiges, wie umfangreiche Umbaumaßnahmen zeigen

Ohl/Rönsahl - Ihren „Höhepunkt“ erreichen diese mit dem endgültigen Abriss des bis dato ortsbildprägenden alten Zimmermann-Geschäftshauses in Rönsahls rheinischem Nachbarort.

Lange schon genügte der vorhandene Platz an dieser besonders markanten Stelle am Schnittpunkt zweier Bundesstraßen nicht mehr den Anforderungen. Nach und nach war deshalb im Familienbetrieb der Entschluss gereift, den Gegebenheiten Rechnung zu tragen und das bisherige Gebäude durch einen zeitgemäßen Neubau zu ersetzen.

Ein Blick auf die Historie des seit eh und je mit dem Namen Zimmermann in Verbindung gebrachten Anwesens lässt erkennen, dass der Bau dieses markanten Gebäudes vor rund 200 Jahren und auch seine Position an der B237 in unmittelbarer Nähe des Abzweigs der B256 nach Marienheide und Gummersbach in kluger Voraussicht gewählt worden ist.

Chaussee mit napoleonischer Historie

Die Chaussee zwischen Kierspe und Rönsahl sowie Wipperfürth über Ohl-Klaswipper entstand zwischen 1807 und 1812 unter der napoleonischen Herrschaft und war ein Teilstück der ersten „Kunststraße“ zwischen Bergisch Born und Meinerzhagen. Unter preußischer Regie wurde sie 1815 zu einer Hauptpoststrecke. Man konnte täglich aus dem hiesigen Raum über Wipperfürth nach Bergisch Born und Lennep nach Elberfeld fahren und dort nach Düsseldorf umsteigen bzw. nach Meinerzhagen reisen – mit Anschluss nach Frankfurt über Siegen.

Die heutige Straße Richtung Marienheide wurde 1818 gebaut. Über sie fuhr die Postkutsche nach Gummersbach. Schon zu damaliger Zeit erkannten kluge Geschäftsleute, welche Möglichkeiten sich aus diesen Konstellationen ergaben. Heimatgeschichtliche Recherchen, so wie sie beispielsweise der Heimat- und Geschichtsverein Wipperfürth anstellte, belegen, dass in jenen Jahren eine ganze Reihe von Gasthäusern entlang der neu errichteten „modernen“ Kunststraßen entstand, allein auf der Strecke zwischen Gummersbach und Lennep sollen das etwa 40 Raststationen gewesen sein, an denen die Postkutsche halten und Reisende Rast machen konnten.

Der erste einer Reihe von Gastwirten in Ohl

Einer dieser findigen Kaufleute war auch ein Friedrich Neuhaus zu Ohl, der in einem damaligen Adressbuch als „Barriereempfänger, Branntweinbrenner und Wirth zu Ohl“ angegeben ist und mit dem Bau des Hauses Zimmermann, der zwischen 1820 und 1823 erfolgte, in Verbindung gebracht und im Urkataster von 1831 als Eigentümer benannt wird und wohl der erste von in den nächsten Jahrzehnten folgenden Gastwirte in diesem Haus war.

Carl Zimmermann (1869 bis 1936), der im Jahr 1900 noch in Kierspe gewohnt hatte, erweiterte Gast- und Landwirtschaft spätestens 1909 um eine „Handlung für Landesprodukte, Baumaterialien und Kohlen“. Ausschlaggebend für dieses unternehmerische Engagement waren die Aufnahme des Bahnverkehrs 1902 und die räumliche Nähe zum Bahnhof Ohl-Rönsahl. Die neue Verkehrsverbindung und die Entwicklung des Busverkehrs in den 1920er-Jahren lockten zudem zunehmend auch „Sommerfrischler“ und Ausflügler an.

So entwickelte sich später der „Ohler Hof“ zu einem beliebten Ausflugslokal. Als der Autoverkehr zunahm, richtete man für die Logisgäste eine „Auto-Garage“ ein und legte später vor dem Hause sogar eine Tankstelle an, die bis weit über die Mitte des vorigen Jahrhunderts hinaus Bestand hatte und erst viel später unter anderem dem zunehmenden Platzbedarf des mehr und mehr expandierenden Baugeschäftes weichen musste.

Zuletzt eher zweifelhafter Ruf

Hotel und Restaurant haben unter den verschiedenen Besitzern noch Jahrzehnte bestanden. Der Niedergang der ehemals blühenden Ausflugslokale machte aber auch vor dem „Ohler Hof“ nicht halt, der in den vergangenen Jahren seines Bestehens einen eher zweifelhaften Ruf hatte und dann irgendwann ganz aufgegeben wurde.

Ganz anders steht das Baugeschäft da, das in der Familie Zimmermann geblieben ist und heute bereits in der vierten und fünften Generation mit Erfolg geführt wird. In die berechtigte Freude über den längerfristigen Erhalt etlicher Arbeitsplätze mischt sich allerdings auch ein Stück weit das Bedauern darüber, dass sich mit dem Abriss des alten Gebäudes der Verlust eines Stücks der „Ohler Historie“ verbindet.

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