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"Falsche“ Herkunft bringt Wienbruch nach Kierspe

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Von: Johannes Becker

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Anny Wienbruch mit ihren Eltern Hermann Wilhelm und Anna Wienbruch. Da der Vater aus Kierspe stammte, zog die Familie ins Sauerland, nachdem sie aus dem französisch besetzten Elsass „ausreisen“ mussten.
Anny Wienbruch mit ihren Eltern Hermann Wilhelm und Anna Wienbruch. Da der Vater aus Kierspe stammte, zog die Familie ins Sauerland, nachdem sie aus dem französisch besetzten Elsass „ausreisen“ mussten.

Kierspe - Dass die Schriftstellerin und Lehrerin Anny Wienbruch überhaupt nach Kierspe kam, ist eine Geschichte von Flucht und Vertreibung. In diesem Jahr jährt sich der Todestag der Kiersperin zum 40. Mal.

Hätten nicht die Nachwirkungen des ersten Weltkrieges dafür gesorgt, dass Anny Wienbruch ins Sauerland gezogen wäre und die Nationalsozialisten ihren Rückzug ins Elsass verhindert, die Kiersper hätten wohl nur wenig Notiz von der engagierten Lehrerin genommen.

Geboren wurde Anna Wilhelmine Amalie Wienbruch am 9. Juli 1899 in Sablon Lothringen bei Metz. Aufgewachsen ist sie aber in Weißenburg im Elsass, wo sie mit ihren Eltern bis 1919 lebt, dann wurde die Familie als sogenannte „Reichsdeutsche“ ausgewiesen. Dass die Familie nach Kierspe zog, war der Herkunft des Vaters Hermann Wilhelm Wienbruch geschuldet. Dieser war 1867 in Kierspe geboren worden. In der Volmestadt heiratete er auch Anna Wächter, die Mutter von Anny Wienbruch, am 6. Februar 1895.

Nach dem Besuch der höheren Töchterschule wurde Anny Wienbruch am Lehrerinnenseminar in Straßburg aufgenommen, in dem sie auch 1919 ihre Prüfung ablegte. Ihre erste Anstellung erhielt sie in Weißenburg, wurde aber im französisch gewordenen Elsass im Februar des gleichen Jahres entlassen. Danach führte der Weg ins Sauerland, wo die junge Frau eine Anstellung an der Pestalozzischule fand, an der sie insgesamt 44 Jahre als Lehrerin tätig war.

Ihre erste Wohnung bezog die Familie im Alten Amtshaus. Später folgten mehrere Umzüge. Später, im Jahr 1956, sollte sie gemeinsam mit Rektor Albert Schulte das Haus „Teheeme“ am Wildenkuhlen bauen, in dem sie bis zu ihrem Tod am 14. Juli 1976 wohnen.

Nicht nur der erste Weltkrieg beeinflusste das Leben der Lehrerin dramatisch, auch der zweite Weltkrieg und die damals herrschenden Nationalsozialisten. So wurde 1942 der Antrag von Anny Wienbruch, zurück ins Elsass ziehen zu wollen, abgelehnt. Im gleichen Jahr, am 23. November, heiratete sie im Alter von 44 Jahren Dr. Johannes Stingl aus Mittweida. Die Ehe mit dem Doktor der Naturwissenschaften dauerte nur 33 Tage, dann wurde ihr Mann auf dem Balkan vermisst. Auf ihren Antrag hin wurde Stingl 1952 rückwirkend für Tod erklärt. Die Kiersperin nahm 1957 wieder den Namen Wienbruch an.

Einen Namen machte sich die Kiersperin vor allem als Schriftstellerin. Insgesamt schrieb sie mehr als 100 Bücher, deren Gesamtauflage bei rund 1,2 Millionen Exemplaren lag. Darunter Kinderbücher, Romane, Erzählungen, Gedichte, Märchen und Lieder. In ihren Schaffensjahren wurde sie auch mit der Zensur konfrontiert. So verboten die Nationalsozialisten zwei ihrer Bücher. „Ossi sucht ihr Vaterland“ war den Machthabern zu frankreichfreundlich. Zwei weitere Bücher wurden in der sowjetischen Besatzungszone zur verbotenen Literatur erklärt.

Heute erinnert der Name einer Straße in Kierspe an die Pädagogin und Schriftstellerin. Ihre Werke werden vom Kiersper Heimatverein im Fritz-Linde-Museum ausgestellt.

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