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Von Regionale bis Wildenkuhlen: Der „Herr der Pläne“ geht

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Von: Johannes Becker

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Rainer Schürmann geht in den Ruhestand
Die Baugebiete Östlich Rathaus I. und Östlich Rathaus II. wurden von Rainer Schürmann und seinem Team geplant. Mittlerweile sind beide Gebiete komplett bebaut. © Becker, Johannes

Wer durch Kierspe geht und sieht, was sich dort in den vergangenen Jahren an Bautätigkeit getan hat, wie sehr sich die Stadt verändert hat, der ahnt, warum die Position, die Rainer Schürmann innehat, in anderen Kommunen gerne mit Worten wie Stadtbaurat oder Stadtplaner beschrieben wird.

Kierspe - Schürmann musste sich Zeit seines Amtes mit einem „Sachgebietsleiter Bauen und Planen“ zufriedengeben. Aber wahrscheinlich passt das auch viel besser zu der freundlichen und zurückhaltenden Art, mit der er stets anderen Menschen begegnet.

Dazu passt auch, dass Schürmann, dessen Amtszeit an diesem Dienstag endet, in den vergangenen Wochen nicht mehr an seinem Schreibtisch im Einzelbüro saß, sondern diesen bereits seinem Nachfolger Lars Feltens überlassen hat. Er selbst hat sich an einem Schreibtisch nebenan, im Sachbearbeiterbüro, eingerichtet.

Und es passt auch, dass Schürmann seinen Job bis zum Erreichen der Regelalterszeit erledigt hat. Was nicht passt, aber in der Natur der Dinge liegt, ist, dass Projekte offen bleiben, wenn er geht. Aber sein Nachfolger wird gründlich eingearbeitet sein – alles andere würde auch nicht passen.

Lange in der freien Wirtschaft

Schürmann ist kein Eigengewächs der Kiersper Verwaltung, hat aber in einer Stadtverwaltung seine ersten Erfahrungen gesammelt und auch lange in der sogenannten freien Wirtschaft gearbeitet.

Aufgewachsen in Meinerzhagen, hat er sein Abitur am Evangelischen Gymnasium abgelegt, um anschließend in Dortmund Raumplanung zu studieren und abzuschließen. Die erste Stelle fand er in seiner Heimatkommune als Umweltberater der Stadt Meinerzhagen. Damit war er 1987 zwar kein Wegbereiter, aber doch einer der ersten Umweltberater weit und breit. In dieser Position, die er bis 1989 innehatte, erstellte er damals die landschaftspflegerische Begleitplanung für die Westtangente – die erste Planung dieser Art im gesamten Märkischen Kreis.

Danach wurde der junge Ingenieur Stadtplaner in Holzwickede und wechselte dann für vier Jahre zur „Media-Park Köln Entwicklungsgesellschaft“, die damals den Mediapark plante.

Aus der Selbstständigkeit zum Sachgebietsleiter

1994 dann die Gründung des eigenen Unternehmens. Als selbstständiger Stadtplaner war er im Märkischen Kreis bis Ende Juni 2008 tätig, bevor er am 1. Juli desselben Jahres die Position des Sachgebietsleiters von Peter Feltens übernahm.

Es waren spannende Zeiten, als Schürmann seinen neuen Job aufnahm. Die Freien Wähler, die damals noch Pro Kierspe hießen, klagten gegen das Baugebiet Östlich Rathaus I., ein Weg, der mit einer Normenkontrolle vor dem Oberverwaltungsgericht in Hamm endete. Als erstes Projekt hatte Schürmann das Einzelhandelsgutachten fürs damals neue Fachmarktzentrum auf dem Tisch und ein Investor wollte eine Spielhalle an der Kreuzung Wildenkuhlen errichten – unter Umständen mit einer Bowlingbahn. Doch gegen dieses Projekt regte sich gesellschaftlicher und politischer Widerstand. Letztlich war es dann Schürmann, der ein Spielstättenkonzept schrieb. Es wird wohl nicht schlecht gewesen sein, denn obwohl der Betreiber damals schon den Grund erworben hatte, ist bis heute keine neue Spielstätte in Kierspe eröffnet worden.

Überhaupt waren viele Projekte, die in den Verantwortungsbereich von Schürmann fielen, emotional aufgeladen und diskussionswürdig. „Ich habe immer versucht, zu versachlichen“, sagt der Stadtplaner und lächelt.

In manchen Gremien wurde es auch mal lauter

Dieses Lächeln wird ihm aber manches Mal sicher vergangenen sein, wenn in den politischen Gremien diskutiert wurde. In die Amtszeit Schürmanns fielen mit dem Ausbau des neuen Busbahnhofs und des Nettos im Dorf zwar auch Vorhaben, die von nahezu allen begrüßt wurden. Doch mit dem Potenzialflächenkataster für Windkraftanlagen und der damals noch kommunal geplanten Ortsumgehung als sogenanntes Public-Private-Partnership (Öffentlich-private Partnerschaft) wurde es durchaus auch schon mal lauter in den Sitzungen der Fachausschüsse. Das Kataster wurde damals nicht weiterverfolgt, als man feststellte, dass die Kommune keine eigenen Flächen in den infrage kommenden Gebieten hatte, und die Ortsumgehung wird mittlerweile vom Bund als B 54n geplant.

2010 übernahm Schürmann auch das Gebäudemanagement der Stadt und „durfte“ sich damit um einen zeitgemäßen Brandschutz in der Gesamtschule kümmern, aber auch um Fotovoltaikanlagen auf den Dächern städtischer Gebäude und die Dämmung dieser Bauten.

Als Regionale-Beauftragter war er 2011 auch mit dem ersten Planungen des Volme-Freizeitparks befasst. Die Fertigstellung eines anderen Regionaleprojekts, des Volmeradwegs, liegt nun in den Händen seines Nachfolgers. „Das waren schwere Grundstücksverhandlungen, die sich bis jetzt schon über Jahre hinziehen“, sagt Schürmann. Erfolgreicher sei man da bei den Grundstücksverhandlungen gewesen, die einer Reaktivierung der Volmetalbahn vorausgingen.

Fand der Abriss der alten Sporthalle noch weitgehend den Zuspruch der Politik, wurde die Ausschreibung der Gebäudereinigung zu einem Politikum. In seinen Aufgabenbereich fiel auch die PCB-Sanierung der Gesamtschule und die Sanierung der Bismarcksporthalle.

2014 begleitete er dann den städtebaulichen Wettbewerb zum Volme-Freizeitpark und das Siedlungsflächen-Monitoring zum neuen Regionalplan der Bezirksregierung.

Die neue Lüftungsanlage der Gesamtschule, die Errichtung der Tankstelle an der Kreuzung Wildenkuhlen, das Dorfinnenentwicklungskonzept für Rönsahl, der Förderantrag für die Umgestaltung des Forums – langweilig wurde es nie. Und auch immer mal wieder etwas lauter, beispielsweise als 2016 die Planungen fürs Baugebiet Östlich Rathaus II. begannen. Heute ist dieses bereits komplett bebaut und potenzielle Bauherren sind auf der Suche nach Flächen in Kierspe.

Zu diesem Baugebiet gehörte auch die Planung des Mehrgenerationenspielplatzes. Doch zuvor musste sich 2017 noch um die Bewerbung zur Regionale 2025 gekümmert werden. Ach ja, und die Suche nach einem geeigneten Grundstück für ein neues Feuerwehrgerätehaus in der Stadtmitte stand seit 2015 auch auf dem Plan. Als dieses dann gefunden wurde, musste auch noch das Gerätehaus geplant und gebaut werden. In wenigen Wochen wird dessen Eröffnung dann auch offiziell gefeiert – pandemiebedingt liegen damit Beginn der Nutzung und Feier zwei Jahre auseinander.

Natürlich war auch Schürmann an den Planungen zur Nachnutzung des alten Gerätehauses beteiligt. Dort konnte er vor Kurzem die Eröffnung der neuen Rettungswache feiern.

Insgesamt fielen in die Dienstzeit von Schürmann 30 Bebauungsplanverfahren und 28 Bausatzungen. Offen zurücklassen muss er die Planung des neuen Feuerwehrgerätehauses in Vollme und die der neuen Offenen Ganztagsschule an der Pestalozzischule.

„Es war eine schöne und spannende Zeit“, sagt Rainer Schürmann rückblickend. Vor allem habe er es genossen, die Projekte von der Vorplanung bis zur Fertigstellung begleiten zu können. Doch Rainer Schürmann wäre nicht er selbst, wenn da nicht noch ein Satz nachkommen würde: „Das war alles eine Teamleistung, bei uns ist niemand Einzelkämpfer.“

Gerne hätte er noch den Umbau der Kreuzung Tannenbaum und die damit mögliche Erweiterung des Volme-Freizeitparks begleitet. Dass es dazu noch nicht gekommen ist, liegt an anderen Behörden wie Straßen.NRW. Und es gibt eine große Sorge, die ihn umtreibt: „Wir brauchen dringend neue Flächen, fürs Wohnen und fürs Arbeiten.“ Aber auch dafür werden andere sorgen müssen, denn diese Entscheidungen liegen ebenfalls nicht bei der Stadt.

Schürmann wird die weitere Entwicklung sicher aufmerksam verfolgen, von Meinerzhagen aus, wo er nach wie vor wohnt – und hin und wieder auch von der Aggertalsperre, wo sein kleines Segelboot liegt. Das soll nun häufiger genutzt werden – so der Plan.

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