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Servatiuskirche überstand Kriege und Brände

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Von: Rainer Crummenerl

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Als Wahrzeichen des Dorfes gilt seit jeher die alterwürdige Servatiuskirche. Möglicherweise an die 1000 Jahre alt sind ihre Grundmauern. Ihren heutigen Turm mit dem barocken Helm erhielt das Gotteshaus im Jahre 1897.  -  Foto: Crummenerl
Als Wahrzeichen des Dorfes gilt seit jeher die alterwürdige Servatiuskirche. Möglicherweise an die 1000 Jahre alt sind ihre Grundmauern. Ihren heutigen Turm mit dem barocken Helm erhielt das Gotteshaus im Jahre 1897. -  Foto: Crummenerl

Rönsahl - Schon von weitem sichtbar, prägt sie das Dorf Rönsahl: die Servatiuskirche, die „gelbe Kirche“ mitten im Ort.

Um die Kirche herum gruppieren sich in scheinbar ausgerichteter Form die alten Bürger- und Handwerkerhäuser. Viele davon haben ihre eigene Geschichte, haben auf ihre Weise Dorfgeschichte mitgeschrieben, wüssten wohl, könnten sie denn erzählen, vieles zu berichten vom Handel und Wandel früherer Zeiten, vom Leben unserer „Altvorderen“, von deren Arbeitswelt, vom Umgang miteinander, eben von dem, was man dörfliche Gemeinschaft nennt.

Mittelpunkt einer Dorfgemeinschaft war von jeher die Kirche. So ist und war das auch in Rönsahl. Schenkt man alten Unterlagen Glauben und den Nachrichten, die sich im Volksmund gehalten haben, so ist die Servatiuskirche in ihren Grundmauern wohl um die 1000 Jahre alt, hat also manchen „Sturm der Zeit“ miterlebt.

In kriegerischen Zeiten, und davon gab es im Laufe der Jahrhunderte wesentlich mehr als Perioden, in denen die Menschen in unserer Gegend in Frieden leben konnten, diente die Kirche als sogenannte Wehrkirche. Die Bürger zogen sich in Notzeiten in die Kirche zurück, und die wehrhaften Männer des Dorfes, so sagt es die Überlieferung, nutzten den Turm mit seinen dicken Mauern als Verteidigungsstand.

Zu diesem Zweck konnte ein Eisengitter, das wie eine Zugbrücke vor dem Turmeingang angebracht war, hochgezogen werden, und die Kirche war als mittelalterliche Wehrkirche sozusagen „uneinnehmbar“. Von diesem Eisengitter, dem „isernen Gitter“, rührt heute noch die Ortsbezeichnung „Vor dem Isern“ her. Die noch bis auf den Tag vorhandenen Einschnitte im dicken Mauerwerk des Turmes dienten als Schießscharten und somit ebenfalls der Verteidigung der Dorfbewohner, wenn die mit ihren Habseligkeiten in die Kirche gezogen waren.

Der Bericht vom Brand des Dorfes im Jahre 1766 besagt zwar, dass neben 23 Wohnhäusern auch Turm und Kirche dabei niedergebrannt seien.

Die mächtigen Mauern am unteren Turm und das Gewölbe des Turmeingangs sind aber mit Sicherheit älteren Ursprungs. Nach Expertenmeinung weist die ganze Bauform auf eine Bauzeit um etwa 1250 zurück. Dieser Teil der Kirche ist also von einem früheren Gotteshaus erhalten geblieben, das irgendwann einmal an gleicher Stelle gestanden haben wird.

Neuaufbau nach dem Brand

Nach dem Dorfbrand, dem auf jeden Fall das Kirchenschiff zum Opfer gefallen war, setzten die Dorfbewohner alles daran, ihre Kirche so schnell wie möglich wieder aufzubauen. Leider besitzt das Pfarrarchiv weder Nachrichten über den früheren noch über die genauere Baugeschichte des jetzigen Baues. Da eine deutlich erkennbare Ähnlichkeit mit dem Altar der Kirche in Rosbach an der Sieg besteht, liegt zudem die Vermutung nicht fern, dass man den dortigen Dorfschreiner Jasser für die Arbeit in Rönsahl herangeholt haben könnte. Das Seitenportal der Kirche aus Sandstein stammt, wie die dort angebrachte Inschrift vermerkt, aus dem Jahre 1768. Die Renovierung der Kirche im Jahre 1950 unter Leitung von Professor Thol brachte eine vollständige Neuausmalung des Kircheninneren und im Zusammenhang damit eine vollkommen andere Farbgebung des bis dahin ganz in Weiß gehaltenen „Outfits“ mit sich.

Seitdem ist das Kircheninnere mehrfach positiv verändert worden. Alte, zum Teil bis dahin von Farbe übertünchte Kirchenschätze, wie beispielsweise das zumindest in Fragmenten erhaltene Manifest Martin Luthers „Ein feste Burg ist unser Gott“ an einer Kirchenwand, erst recht die beiden vor einigen Jahren wieder sichtbar gemachten großen Kirchenfenster, die mit ihren bunten Ornamentscheiben die Porträts Martin Luthers sowie Philipp Melanchthons zeigen, oder auch das wieder entdeckte und danach restaurierte alte Altarbild mit dem Konterfei des Servatius gelten als Beleg dafür, dass die Servatiuskirche als Ganzes zu den besonderen Kleinodien im gesamten Kirchenkreis zählt. Und diese Einschätzung wird nicht zuletzt durch die vor einigen Jahren erfolgte Ausgestaltung der beiden Turmstuben und die in diesem Jahre vollendete Restaurierung der historischen Kleine-Orgel noch zusätzlich unterstrichen.

Würden die alten Mauern indes sprechen können, so könnten sie von einer Begebenheit zu berichten gewusst, die 1897, also vor nunmehr mehr als 100 Jahren, wohl das Hauptereignis im Dorfe Rönsahl gewesen sein mag: Der Turm der Kirche erhielt einen neuen Aufbau der Spitze.

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