Anlieger kämpft immer wieder mit Hochwasser

Eigentlich würde er doch viel lieber von etwas Schönem berichten, sagt Mario Seeboth. Von der idyllischen Lage seines Hauses In der Grüne etwa. Aber dann schaut er auf die Überbleibsel des letzten Hochwassers – und seine Stimme wird lauter.
Kierspe – Nach einem halben Jahrzehnt Volme-Ärger sind ihm Bitterkeit und Wut deutlich anzumerken. Bitterkeit darüber, dass er der Redaktion letztlich seit der letzten Berichterstattung über sein Thema nichts Neues berichten kann. Und Wut über die aus seiner Sicht Verantwortlichen, die sich wegducken, „die mein Grundstück einfach als Puffer benutzten, um ihre Anlage betreiben zu können“, sagt Seeboth.
Laut Seeboth begann alles mit Arbeiten zur Reaktivierung des Sessinghauser Hammers. 2010 vom Verein Heesfelder Mühle erworben, 2011 mit einer Fotovoltaik-Anlage ausgestattet und seitdem erhalten, soll der Hammer zu einem attraktiven Ort für Besucher umgebaut und Teil der Wasser-Eisen-Land-Industriekultur in Südwestfalen werden. Ein Teil davon ist auch die Reaktivierung des Hammers, der dafür natürlich mit Wasser versorgt werden muss – und das stammt nun aus einem Obergraben, den der Verein dafür im Jahr 2016 sanierte.

Das Problem: Alleine in den ersten 24 Monaten nach dieser Sanierung wurde das Grundstück von Mario Seeboth 15-mal überschwemmt. „Vorher war hier nichts!“, betont Seeboth, der sich also beschwerte: Beim Betreiber des Sessinghauser Hammers und bei der Stadt Kierspe, die aber nicht zuständig ist.
Also ging er weiter über die Untere Wasserbehörde des Märkischen Kreises. Doch helfen konnte oder wollte niemand, sodass er 2018 die Presse einschaltete. Die MZ berichtete und im Anschluss der WDR. Den Druck auf die mutmaßlichen Verantwortlichen wollte er damit steigern. Aber geschehen sei seither nichts – bis auf die Installation eines Rohres, das als Wasserablauf bei Hochwasser dienen sollte. „Das war ja erst mal nett, dass Herr Brunsmeier das so gemacht hat. Das bringt aber nichts, weil das Rohr viel zu klein dimensioniert ist“, wie Mario Seeboth sagt.
Auf Klaus Brunsmeier vom Verein Heesfelder Mühle ist Seeboth nicht gut zu sprechen. Genauso wenig wie auf „die Behörden“, die sein Problem „einfach ignorieren“ beziehungsweise rechtlich geklärt sehen. Die Untere Wasserbehörde verwies bereits 2018 auf uraltes Wasserrecht und die grundsätzliche Gefahr im Uferbereich, in dem das Grundstück liegt. „Denen ist doch total egal, dass ich hier regelmäßig absaufe“, sagt der gebürtige Lüdenscheider, der vor zwölf Jahren vom Buckesfeld ins Volmetal gezogen war und hier eigentlich sein eigenes kleines Idyll genießen wollte.

„Jetzt habe ich mittlerweile fünf Hochleistungspumpen, die anspringen, wenn ein gewisser Wasserstand auf meinem Grundstück erreicht ist“, sagt Seeboth. Die hätten ihn schon manches Mal vor noch schlimmerem Schaden bewahrt. Genauso wie die spezielle Wasserschutztür, mit der er seinen Keller gesichert hat. „Versuchen Sie dafür mal, eine Firma zu finden“, sagt er. 1000 Euro habe der Einbau gekostet, „aber so habe ich wenigstens meine Heizungsanlage gesichert“.
Auch im Januar, als die Volme erneut bedrohlich anstieg und drei Kilometer flussabwärts in Oberbrügge fast für eine Evakuierung gesorgt hätte. Dieses Ereignis brachte ihn letztlich aber dazu, erneut nachzuhaken – erneut die Öffentlichkeit zu suchen. Denn auch sein Anwalt, ein Experte in Sachen Wasserrecht mit Sitz in Hamm – konnte für seinen Mandanten noch nichts erreichen.

„Ob Wasserrechte oder nicht: Fest steht doch, dass ich Probleme habe, die es vorher nicht gab. Und dass die Bauplanung für den Obergraben, der ausgebaggert wurde, schlichtweg fehlerhaft gewesen sei. Der Damm, der zu Seeboths Grundstück in diesem Zuge bereits angelegt wurde, sei kein echter Schutz – wenngleich die Untere Wasserbehörde vor vier Jahren im Gespräch mit der MZ betonte, nicht der Fluss, sondern das Grundwasser sorge mit erhöhtem Pegelstand für die Überschwemmung des Grundstücks. Außerdem liege das Haus in einem Überschwemmungsgebiet und sei daher ohnehin stärker von Hochwasser bedroht.

An dieser Sicht hat sich seit 2019 nichts geändert, wie eine aktuelle Nachfrage beim Märkischen Kreis ergab. Letztendlich, so schreibt Kreissprecher Alexander Bange, könne nur ein Sachverständigengutachten für Klärung sorgen. „Das kann die Untere Wasserbehörde jedoch nicht allein aufgrund von Vermutungen anordnen“, so Bange, der erneut an die Lage des Grundstücks in einem Überschwemmungsgebiet erinnert, in dem „aufgrund der Gewässersituation und dem Geländeprofil“ aus natürlichen Gründen mit wiederkehrenden Überschwemmungen zu rechnen sei. „Für derartige Grundstücke ist im Wasserrecht die Verpflichtung der Grundstückseigentümer vorgesehen, Eigenvorsorge zu betreiben. Der Eigentümer ist durch die Untere Wasserbehörde entsprechend beraten worden.“
Das Wasser indes lässt sich nicht aufhalten, wie sich auch in der Nacht zum 13. Januar zeigte. Klein beigeben will Mario Seeboth aber nicht, er hofft weiter auf eine Einigung mit dem Verein Heesfelder Mühle, für den Klaus Brunsmeier aber alle Möglichkeiten erschöpft sieht. „Wir haben die Auen deutlich verbreitert und damit für eine Verbesserung der Situation gesorgt“, betont der Halveraner. „Es ist natürlich schade, dass Herr Seeboth mit der Situation immer noch nicht zufrieden ist. Aber mehr können wir nicht machen.“ Und so steht weiter ein Streit im Raum, der wohl nur juristisch geklärt werden könnte.