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So viel Normalität wie möglich

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Von: Johannes Becker

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Awo-Seniorenzentrum - Markus Bergen - Erster Arbeitsmarkt
Einer der Arbeitsorte von Markus Bergen ist die Werkstatt im Awo-Seniorenzentrum. Doch meist ist er in dem großen Gebäude unterwegs, um Reparaturen auszuführen, Mineralwasser zu verteilen oder andere Aufgaben zu erledigen. © Becker, Johannes

Noch schnell eine Glühlampe wechseln, die Bewohner mit Mineralwasser versorgen, Rasen mähen, Abfall entsorgen und die Wäschecontainer an die richtige Stelle rangieren: Markus Bergen hat viel zu tun – und freut sich darüber.

Kierspe - Dass er heute auf dem sogenannten ersten Arbeitsmarkt seinen Platz gefunden hat, ist alles andere als selbstverständlich – und bedurfte der Hilfe vieler Menschen und Institutionen, vor allem aber dem Willen von Markus Bergen selbst. Mit einer geistigen Behinderung schien der Weg des heute 23-jährigen Markus Bergen vorgezeichnet. Nach der Förderschule fand er Arbeit bei Studjo in Kierspe, wie sich die Märkischen Werkstätten heute nennen. „Markus Bergen wollte von Anfang an in den ersten Arbeitsmarkt. Deshalb hat er auch viele Praktika gemacht“, erzählt Christine Ulbrich, Leiterin des Sozialen Dienstes bei Studjo. Unter anderem arbeitete Bergen als Praktikant in einer Autowaschanlage.

Gerne hätte er einen Job im Werkstattumfeld gefunden, denn Autos reparieren, das wäre was für ihn gewesen, wie er erzählt. Doch geklappt hat das nicht. Reparieren kann er aber auch in seinem jetzigen Beruf. Dass er diesen bekommen hat, liegt an den guten Beziehungen, die zwischen Studjo und dem Awo-Seniorenzentrum bestehen. Denn bereits seit Jahren pflegt eine Studjo-Außenarbeitsgruppe die Anlagen des Seniorenzentrums. So erfuhren die Studjo-Mitarbeiter auch von der Suche des Zentrums nach einem Hausmeister.

Markus Bergen wollte von Anfang an in den ersten Arbeitsmarkt. Deshalb hat er auch viele Praktika gemacht.

Christine Ulbrich, Johanneswerk

„Wir hatten bislang nur einen Hausmeister, aber viel zu viel Arbeit. Wenn das mit Herrn Bergen nicht geklappt hätte, hätten wir auf den Hausmeisterservice der Awo zurückgegriffen. Aber so ist es natürlich besser, da Markus Bergen im Haus ist und nicht erst anreisen muss“, freut sich Michael Borchert, Leiter der Seniorenzentrums.

Auch am Zentrum an der Straße Haunerbusch ging es erst einmal mit einem Praktikum los. Das ist mittlerweile eineinhalb Jahre her. Danach war der Hausmeister noch ein Jahr bei Studjo beschäftigt, arbeitete aber ausschließlich fürs Seniorenzentrum – und seit Mai dieses Jahres ist er bei der Awo auch unbefristet angestellt, wofür es noch lange Jahre Zuschüsse des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) geben wird. Und nicht nur das: „Markus Bergen ist gerade dabei, einen Führerschein zu machen. Außerdem wurden ihm ein Aufsitzmäher, ein Werkstattwagen und ein Hochdruckreiniger vom LWL finanziert, damit er seiner Arbeit nachgehen kann. Das Geld für diese Anschaffungen stammt aus der Ausgleichspauschale, die Arbeitgeber zahlen müssen, wenn diese keine oder nicht genügend Menschen mit Behinderung beschäftigen“, erzählt Andreas Schnippering, Leiter des Integrationsfachdienstes beim Märkischen Kreis.

Awo-Seniorenzentrum - Markus Bergen - Erster Arbeitsmarkt
Mit der Hilfe vieler Menschen und Einrichtungen konnte sich Markus Bergen (3. von rechts) seinen Platz auf dem ersten Arbeitsmarkt erkämpfen: (von links) Andreas Schnippering (Integrationsfachdienst), Susanne Knipps (Studjo), Michael Borchert (Awo-Seniorenzentrum), Beate Lämmle, Awo-Seniorenzentrum) und Christine Ulbrich (Studjo). © Becker, Johannes

Die Anzahl der Gesprächspartner bei dem Pressetermin zeigt auch, wie viele verschiedene Einrichtungen zusammenarbeiten müssen, damit solch ein Übergang in den ersten Arbeitsmarkt gelingt. „Dass das hier im Haus so gut geklappt hat, liegt vor allem daran, dass sich unsere Hauswirtschaftleiterin Beate Lämmle der Sache so entschieden angenommen hat“, freut sich Michael Borchert.

Für Markus Bergen war relativ schnell klar, dass der Job der richtige für ihn ist. Trotzdem hatte er immer die Gewissheit, zurück zu Studjo zu können, wenn es denn sein müsste. Doch daran hat er nie gedacht. Vielmehr hat er die vergangenen eineinhalb Jahre nicht nur genutzt, um sich in seinem neuen Beruf zu beweisen, sondern auch, um sich von seinem Elternhaus zu lösen – ist er doch vor drei Monaten dort aus und in eine eigene Wohnung eingezogen. Auch dabei war sein früherer Arbeitgeber Studjo behilflich und unterstützt Bergen im privaten Bereich auch weiterhin. Aber auch der Arbeitgeber werde nicht alleine gelassen, weder jetzt noch in Zukunft, verspricht Andreas Schnippering.

Aus den Märkischen Werkstätten wurde Studjo

Studjo: Das ist der neue Name der Altenbochumer und der Märkischen Werkstätten. Als diakonische Einrichtung der beruflichen Rehabilitation für Menschen mit einer psychischen, geistigen und körperlichen Beeinträchtigung ist es die Aufgabe von Studjo, Menschen, die wegen Art und Schwere ihrer Behinderung nicht, noch nicht oder nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, einen Arbeitsplatz zu bieten. Im Studjo des Johanneswerks arbeiten mehr als 1100 Menschen mit einer Behinderung. Etwa 240 handwerklich, technisch und pädagogisch kompetente Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Johanneswerks begleiten, beraten und unterstützen sie bei der Arbeit. Es gibt Arbeitsplätze in den unterschiedlichsten Bereichen sowie Außenarbeitsplätze bei Partnerunternehmen. Auch die Förderung und Begleitung hin zu einem möglichen Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt gehört zu den Angeboten. (Quelle: Studjo)

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