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Händler in Kierspe: „„Wenn Kunden da sind, muss keiner frieren“

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Von: Monika Salzmann

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Mitarbeiterin Heike Deuschle vom Blumenhaus Varnhorn. „Mehr wird man erst im kommenden Jahr sagen können“, heißt es dort zu den Auswirkungen der Energiepreise.
Mitarbeiterin Heike Deuschle vom Blumenhaus Varnhorn. „Mehr wird man erst im kommenden Jahr sagen können“, heißt es dort zu den Auswirkungen der Energiepreise. © Kortmann, Thilo

Die stark gestiegenen Energiepreise machen dem Einzelhandel in Kierspe zu schaffen. Nach den harten Coronajahren bereiten die hohen Kosten für Strom, Gas und Öl den Geschäftsleuten Sorgen. Wir fragten in einigen Geschäften an der Kölner Straße nach, mit welchen Maßnahmen die Händler auf die Kostenexplosion reagieren.

„Man kommt von einem Extrem ins andere“, sagt Optikermeister Dietmar Bliewernitz vom gleichnamigen Optikergeschäft Bliewernitz an der Kölner Straße 63. „Erst Corona und jetzt die Energiekrise.“ Durch Corona fiel schon die letzte Heizkostenabrechnung deutlich höher aus als in den Jahren zuvor. „Sobald ein Kunde im Geschäft war, musste gelüftet werden“, erzählt er. Das Ergebnis: eine Nachzahlung von 800 Euro. Um die Kosten in der jetzigen Situation zu senken, hat er sich für eine „halbe Beleuchtung“ seines Verkaufsraums entschieden. Teilweise hat er auf LED-Leuchten umgerüstet, um Strom zu sparen. Das, was man einspare, werde jedoch durch die Preiserhöhungen gleich wieder aufgefressen. An seine Kunden weitergeben kann und will der Optikermeister die gestiegenen Kosten nicht – obwohl er es eigentlich müsste. „Man kann nicht alles über die Preise machen. Es ist eh schon alles teuer“, sagt er. „Das kann man heute nicht mehr machen.“ Bis dato heizt er den Verkaufsraum, in dem er Ehefrau Isabella (Strickolatte) und ihren feinen Handarbeiten ein Eckchen eingerichtet hat, noch nicht. Die Öffnungszeiten einzuschränken, beabsichtigt er zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Was an der Kölner Straße fehle, sei die Laufkundschaft.

Man kann nicht alles über die Preise machen. Es ist eh schon alles teuer.

Optikermeister Dietmar Bliewernitz.

Auch im Werkmarkt Clever auf der gegenüberliegenden Straßenseite ist die Heizung noch aus. Bis jetzt reichen dicke Jacken und Pullover, um nicht zu frieren. Wenn’s richtig kalt wird, wird die Heizung in dem alteingesessenen Familiengeschäft an der Kölner Straße 58, das von Jochen und Silvia Clever geführt wird und seit 1890 in Kierspe eine feste Größe ist, zwar angedreht, die Temperatur jedoch gedrosselt. „Jede zweite Lampe bleibt aus“, nennt Silvia Clever eine weitere Sparmaßnahme. An den Öffnungszeiten etwas zu ändern, ist derzeit nicht geplant. „Wir sind schon in der Coronazeit von 18.30 Uhr auf 18 Uhr gegangen“, sagt die Geschäftsfrau. Noch weiter zu verkürzen, sei nicht geplant. Auf Kundenzurückhaltung beim Einkaufen angesprochen, merkt die Kiersperin an: „Man merkt, dass die Leute überlegen, wie sie ihr Geld zusammenhalten. Man weiß ja nicht, was kommt.“ Nachdenklich fügt Jochen Clever hinzu: „Für die Umwelt ist es vielleicht gut, dass nicht mehr so viel Energie verbraucht wird. Wir kommen von einem ungeheuren Wohlstand und müssen jetzt ein bisschen runter.“

„Man kann nicht bei 10 Grad arbeiten“, sagt Jürgen Rademacher vom Kfz-Teile-Fachhandel Damm & Rademacher an der Kölner Straße 83, der ähnliche Maßnahmen – Umrüstung auf LED-Leuchten, keine Heizung im Lager und Drosselung der Temperatur auf 18 Grad im Verkaufsraum – wie andere Händler unternommen hat, um Kosten zu senken. Die Außenbeleuchtung funktioniert über einen Lichtsensor. „Zum Glück haben wir kein Warmwasser und keine Duschen.“ Dadurch, dass ständig die Tür auf und zu gehe, komme eh immer kalte Luft in den Verkaufsraum. Er hofft, dass die versprochene Förderung durch die Regierung kommt. Was dem Fachhandel große Sorgen bereitet, sind die explodierenden Einkaufspreise für Reifen, Motoröle und vieles andere, die auch bei den Kunden ankommen.

Wir trinken ja auch Kaffee. Da macht es nichts aus, fünf, sechs Tassen mehr zu kochen.

Christoph Lindner, einer der Geschäftsführer des Fahrradgeschäfts Haase 

„Mehr wird man erst im kommenden Jahr sagen können“, meint Petra Schürmann vom Blumenhaus Varnhorn an der Kölner Straße 89, die im Moment noch nichts zu gestiegenen Energiekosten sagen kann. „Ein gutes Gefühl hat keiner.“ Der Hausherr habe sich zum Thema noch nicht geäußert. Was sie sagen kann, ist, dass die Blumen im Einkauf teurer geworden sind. Die hohen Energiepreise fordern auch in den Gewächshäusern ihren Tribut, was sich beim Einkauf auf dem Großmarkt niederschlägt. Bis jetzt ist die Heizung im Geschäft noch aus – bis auf den Binderaum. „Zu kalt darf es (für die Blumen) aber auch nicht sein.“ Auf die Außenbeleuchtung verzichten möchten Horst und Petra Schürmann nicht. „Ganz dunkel soll es nicht sein.“ Ab 21 Uhr ist Schluss, dafür wird die Zeitschaltuhr morgens früher eingestellt.

„Wenn Kunden da sind, muss keiner frieren“, sagt Christoph Lindner, einer der Geschäftsführer des Fahrradgeschäfts Haase an der Kölner Straße 91, das seit einem Dreivierteljahr in Kierspe zu finden ist. Damit niemand, der warten muss, kalte Hände bekommt, steht immer kostenloser Kaffee bereit. „Wir trinken ja auch Kaffee. Da macht es nichts aus, fünf, sechs Tassen mehr zu kochen.“ Um die Energiekosten aufzufangen, heizt das Geschäft weniger und setzt auf LED. 18/19 Grad sind das Maximum. „Wenn keine Kundschaft da ist, machen wir die Heizung schon mal aus.“ Die Strahler der Schaufensterbeleuchtung können einzeln geschaltet werden.

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