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Die Haushaltsrede der UWG

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Clemens Wieland, Fraktionsvorsitzender der UWG Kierspe.
Clemens Wieland, Fraktionsvorsitzender der UWG Kierspe. © Privat

Clemens Wieland, Fraktionsvorsitzender der UWG Kierspe:

Denke ich an den Kiersper Haushalt in der Nacht, so bin ich um den Schlaf gebracht

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren der Verwaltung, wehrte Kolleginnen und Kollegen des Rates der Stadt Kierspe,
in Anlehnung eines bekannten Zitates von Heinrich Heine darf ich im Namen der UWG-Kierspe zum Haushalt der Stadt Kierspe 2023 wie folgt Stellung nehmen:

Kierspe ist pleite

Das ist sicher keine neue Erkenntnis. Normalerweise gibt jeder vorsichtige private Haushalt nur das Geld aus was er hat oder er sich besorgen kann. Nicht aber der öffentliche Sektor. Kierspe erhält die Auflage Ausgaben über 41,4 Mio€ zu tätigen, welche nicht unbedingt ihren Ursprung bei uns haben. Danach hoffen wir auf Ausgleich durch das Land. Eine verkehrte Welt. Eigentlich müsste sich unsere Stadt durch die noch guten Steuereinnahmen über 19,35 Mio.€ wirtschaftlich selbst helfen können. Landesschätzungen über Zuwendungen und Schlüsselzuweisungen in Höhe von 12,13 Mio.€ sind heute geschrieben und Morgen wieder Makulatur.

Unsere Transferaufwendungen (incl. Kreisumlage) über knapp 21 Mio.€ beinhaltetet zu 38 % Gelder für soziale Leistungen. Eigentlich eine hoheitliche Aufgabe und keine primäre Aufgabe der Kommunen. Für die Kreisumlage müssen wir bekanntlich 90 % der Steuererträge aufwenden.

Die Finanzlast für Zinsen u.ä. beträgt 1,35 Mio.€ bei einer zukünftigen Verschuldung von 43,34 Mio.€. Das entspricht einer Pro-Kopf Verschuldung von € 2.701. Welche Generation soll das bezahlen? Mathematisch steuern wir in diesem Haushalt in ein negatives Ergebnis von ca. 1,142 Mio€.

Die aktuellen Probleme aus Corona und der Ukraine schlagen sich somit auch in unserer Bilanz nieder. Um diese Mehraufwendungen und Mindererträge abzufedern, erhalten wir die Möglichkeit einen Betrag über 1,87 Mio€ als immateriellen Vermögenswerte zu aktivieren und über 50 Jahre abzuschreiben. Verbindlichkeiten werden zu Vermögenswerten, müssen nicht getilgt werden, sondern nur abgeschrieben. Durch diese Kreativität erzielen wir zum Schluss vielleicht doch ein positives Ergebnis von prognostiziert 885 T€.

Das ist die wahre hohe Kunst der öffentlichen Finanzakrobatik. Ein reiner Taschenspielertrick. Während Berlin Sondervermögen entwickelt, isoliert Kierspe Aufwendungen. Das ist keine Generationengerechtigkeit mehr.
Es ist ebenso das klare Eingeständnis, dass die Kommunen insolvent sind. Hier hilft nur eine grundsätzliche Finanzstrukturreform.

Erinnern wir uns. Hat nicht unser aktueller Bundeskanzler im Wahlkampf das Ziel genannt die Kommunen vollständig zu entschulden? Aber was stört mich mein Geschwätz von gestern.

In diesem Zusammenhang appellieren wir an alle im Land- und Bundestag vertretenen Parteien: Wir brauchen eine Entschuldung unserer Kommunen- und zwar jetzt!

Rheinland-Pfalz zeigt, wie es funktionieren kann- hälftige Übernahme der kommunalen Kassenkredite durch das Bundesland, hälftig sei eine Übernahme durch den Bund angestrebt. Bei einer Höhe an Kassenkrediten von über 12 Millionen Euro in Kierspe kann man zum heutigen Stand mit knapp 300.000 € Zinsaufwendungen rechnen (ca. 2,5 %).

300.000 €, die man für unsere Schulen, für unsere Infrastruktur, für unsere Klimaschutzaktivitäten für unsere Jugend, Familien und unsere Senioren gut gebrauchen könnte.

Das Zahlenwerk aus der Verwaltung ist solide aufgebaut. Die lokalen Ausgaben und Investitionen sind nachvollziehbar und transparent. Wir freuen uns ausdrücklich darüber, dass in diesem schweren wirtschaftlichen Umfeld die Musikschulgebühren nicht erhöht werden, wünschen uns allerdings eine sozialgerechtere Entwicklung der OGS-Gebühren.

Gerade in Zeiten steigender Preise bedarf es einer Entlastung für die Kiersper Familien. Dafür steht die UWG- Kierspe.

Zu begrüßen ist aber auch, dass die Verwaltung trotzt des negativen Ergebnisses ( vor Isolation ) auf Steuererhöhungen verzichtet will.

Kierspe ist Südwestfalen und startet durch

Bei aller Kritik an der öffentlichen Finanzführung hat Kierspe schon lange nicht mehr so hohe Strukturförderungen erhalten wir in den letzten Jahren. Die Gründung der Südwestfalen GmbH zu welcher wir auch zählen, hat federführend zu den Projekten aus Regionale 2013 und 2025 und auch vielen Leaderprojekten  geführt. Fast alle städtebaulichen und Infrastrukturmaßnahmen sowie Freizeitprojekten wurden und werden mit bis zu 90 % aus Landesmitteln gefördert. Auch hat sich aus dieser Initiative die interkommunale Zusammenarbeit im oberen Volmetal deutlich verbessert. Das ist der richtige Weg und wird von uns weiterhin unterstützt.

Aber Projekte müssen auch zu Ende geführt werden. Es ist schon ein Schildbürgerstreich, dass das Leuchtturmprojekt aus der Regionale 2013 im oberen Volmetal, der Radweg bis auf einen kleinen Teil bisher nicht vollendet ist.

Die UWG Kierspe  fordert hier mehr Dynamik bei allen Beteiligten, insbesondere Strassen NRW.

Fördermittel sind der richtige Weg. Die Entwicklung einzelner Maßnahmen ist zielführend. Somit begrüssen wir, dass nun endlichen ein interkommunaler Fördermittelmanager auf Anregung der UWG Kierspe hin für unsere Stadt Hilfe geben wird. Dank interkommunaler Zusammenarbeit.

Kierspe hat ein Verkehrsproblem

Nicht erst durch das Brückenchaos in Lüdenscheid hat sich die Belastung unserer Friedrich-Ebert und Kölner Strasse durch den LKW-Durchgangverkehr unzumutbar entwickelt. Es ist auch egal ob, wann, wo und wie wir eine Entlastung durch eine Umgehungsstraße erzielen können. Das Problem haben wir Heute. Es bleibt dabei: Die UWG sagt: der LKW Durchgangsverkehr muss raus aus Kierspe - jetzt.

Der Abstieg soll über die B229 in Halver in Richtung Lüdenscheid erfolgen. Eine Maßnahmen die sofort greifen kann. Wenn wir auch seitens des verkehrspolitischen Sprechers der SPD Landtagsfraktion Gordon Dudas aufgefordert werden uns solidarisch mit den Problemen in Lüdenscheid zu erklären, stellt sich die Frage, wer verhält sich solidarisch mit Kierspe ?

Die Verlässlichkeit der ÖPNV-Infrastruktur ist immer noch mangelhaft. Eigentlich ist die Ausstattung gut. Bahn und Bus haben ein Netz, mit dem Kierspe gerade in Zeiten des Klimawandels Alternativen hätten. Wenn nicht die Zuverlässlichkeit der Bahn und die Unsicherheit über bezahlbare Tarifpreise wären.

Auch setzt der Märkische Kreis unterschiedliche Schwerpunkte in der Entwicklung. Im Lennetal verbindet eine Bahnverbindung die Oberzentren Hagen direkt mit Siegen . Und bei uns ? Wenn wir in Südwestfalen die Studienstandorte Siegen , Lüdenscheid und Hagen vernetzen wollen, gilt das auch für den ÖPNV. Aus diesem Grunde haben wir bereits mit dem zuständigen Bereich beim Märkischen Kreis Gespräche geführt  und bringen in absehbarer Zeit in unsere Kreistagsfraktion für den Kreistag einen Antrag ein, eine Schnellbuslinie in der Achse Lüdenscheid dem oberen Volmetal und Siegen zu installieren.

Wir werten Rönsahl u.a. durch die Regionale 2025 auf. Das ist gut so. Aber die Anbindung der MVG an die Schnellbuslinie der OVAG in Ohl und damit der direkte Anschluss an die Bahnlinie in Marienheide ist immer noch nicht geschafft. Das muss sich endlich ändern.

Kierspe ist umweltbewusst

Der Klimawandel ist da und auch in Kierspe offensichtlich. Wald, Wasser und Wärme sind die ersten Vorboten für die Veränderung des Wetters und der Natur. Aber Kierspe ist aktiv aktiv z.B. durch die UWG- Bürgerpflanzungen.

Wir wünschen uns verstärkte und kontinuierliche Maßnahmen gegen Umweltveränderungen. Dazu gehört der Gewässerschutz incl. technischer Vorausdispositionen, damit Wetterkapriolen wie in 2021 mit den hohen Schäden wir im Volmetal abgewehrt werden können. Es wird ein Masterplan gegen Wetterveränderungen benötigt.

Die konsequente Förderung regenerativer Energien wie durch den Umweltfonds basierend auf unserem Antrag in Verbindung mit interfraktionellen Ideen ist ein erster Schritt. Ein aktiver Schritt zum Thema Klimaschutz mit Vorbildcharakter. Familien in Mietwohnungen können sich so z.B. Balkonkraftwerke kaufen und 250 € Zuschuss erhalten. So können Teile der Stromkosten, wie für Kühlschränke, Fernseher uvm. langfristig gespart und durch erneuerbare Energien erwirtschaftet werden.

Unser Kierspe kann sich auch anderweitig im Bereich erneuerbare Energien als Vorbild entwickeln, so wie z.B. die Gemeinde Saarbeck im Münsterland. Nur an Windkraft zu denken, wie es die Grünen wünschten, ist zu kurz gedacht. Die Prüfung von städtischen Flächen und Gebäuden für regenerative Energieformen jeglicher Art ist zielführend. Was spricht gegen Flächenfotovoltaik an der Autobahn oder auf nicht aufzuforstenden Waldflächen ? Die wirtschaftlichste und damit optimalste Form muss in unserer Region Einzug halten. In unserer Nachbarstadt Halver wird z.Zt. eine Potenzialanalyse für Freiflächenphotovoltaikanlagen erstellt.

Wir denken auch an eine aktive und finanzielle Bürgerbeteiligung in Form von Gesellschaftsformen wie einer Energie-Genossenschaft. Ganz nach dem Motto: Förderung und Unterstützung, statt Verbote und Pflichten- Gutes Tun im Umweltschutz und dabei finanziell beteiligt sein.

Kierspe hat Zukunft

Viele der v.g. Maßnahmen und Aktivitäten machen Kierspe lebens- und liebenswürdiger. Unsere Stadt hat räumlich in NRW eine zentrale Lage. Das müssen wir für die Zukunft nutzen. Damit für die junge Generation ein Weggang nicht sinnvoll ist und eine Rückkehr interessant sein kann, benötigt Kierspe  für Alt- und Jung bezahlbaren und ausreichen Mietwohnraum und Flächen für Einfamilienhäuser. Die UWG Kierspe ist erfreut über die Entwicklung in Kierspe Dorf und hofft endlich auf die Bebauung in Rönsahl. Dem Großprojekt am Haunerbusch ( Fa. Schröder ) stehen wir grundsätzlich positiv gegenüber. Gleiches gilt auch für weitere Vorhaben im Bereich Östlich Rathaus.

Im gewerblichen Bereich sehen wir die Zukunft weiterhin in der interkommunalen Zusammenarbeit und auf kreative Ansätze wie co-working spaces.

Datenschnelligkeit in der Kommunikation ist im Jahre 2023 ist eine Mindestanforderung bei jeder Sandortwahl. Unser Glasfasernetz muss nun endlich zu einem Netz werden. Bisher ist die Entwicklung mangelhaft.

Kierspe ist engagiert

Viele Mitbürgerinnen und Mitbürger arbeiten für unsere schöne Stadt. Es herrscht ein hohes Interesse an der Weiterentwicklung. Das wird deutlich an der regen Beteiligung z.B. im Rahmen der Leader Projekte, der Regionale in Rönsahl oder der Entwicklung in Kierspe –Dorf. Viele von uns sehen es doch noch als Ehre an, sich für die Gemeinschaft zu engagieren – im Ehrenamt. Unser Dank gilt allen, beispielsweise der Feuerwehr, aber auch dem DRK, den Landfrauen, dem Heimatverein, dem Bürgerbusverein, KUK, den Jägern , dem Stadtmarketingverein, Hand in Hand, dem TSV Kierspe, den Kultur- und Sportvereinen und- und – und …. .

Ohne unsere engagierten Mitbürgerinnen und Mitbürger wäre unsere Stadt Kierspe nicht lebenswert.

Unsere Jugend ist die Zukunft von Morgen. Demokratie lebt vom Mitmachen – macht einfach mit. Alle Fraktionen unterstützen das und wollen Euch in die Ausschussarbeit einbinden. Die UWG hat zusätzlich im Sport- und Jugendausschuss einen Jugendhaushalt angeregt, bei dem die Jugendlichen aus Kierspe selbst über finanzielle Mittel entscheiden dürfen.

Nicht vergessen dürfen wir jedoch auch unsere älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger. Neben notwendigen, digitalen Angeboten müssen zum einen die Interesse der Generationen berücksichtigt und Angebote und Informationen weiterhin in analoger Papierform angeboten werden

Denn, wir alle sind Kierspe.

Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren der Verwaltung, die UWG – Kierspe wird dem Haushalt 2023 zustimmen und bedankt sich für die gute Zusammenarbeit. Wehrte Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen, es ist positiv anzumerken, dass unsere parteiübergreifende Zusammenarbeit in allen Bereichen sehr gut ist. Zum Wohle unserer Stadt. Unsere Aufgabe ist es kreativ zu sein und die Verwaltung auch kritisch im Sinne der Bürgerinnen und Bürger zu begleiten. Doch die Rhetorik in den letzten Monaten des Einzelnen, der Einzelnen, ist manchmal über das Ziel hinaus geschossen. Persönl. Anfeindungen an MA der Verwaltung, haben an dieser Stelle keinen Platz. Halten wir uns alle den Spiegel vor und denken daran, dass Worte wir Pfeile sein können - schmerzhaft und nachhaltig.

Ich möchte mit einem Zitat von Abraham Lincoln schließen: „Wir können die Zukunft nicht vorhersagen, aber wir können sie gestalten.“

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

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