Fischzucht nutzt Coronazeit als Chance

Die Forellenzucht Wehetal nutzte die Coronazeit als Chance. Aber auch in der Fischzucht wirkt sich der Klimawandel inzwischen spürbar aus.
Kierspe – Ganz zu Anfang war Torsten Scheider vor allem am Angeln interessiert. Heute züchtet der 55-Jährige etwa 150 000 Forellen pro Jahr. Sein Betrieb in Kierspe läuft richtig gut – und daran hatte die Corona-Pandemie einen Anteil, wie er erzählt.
Rückblick: Den Beruf des Fischwirts lernt Torsten Scheider von der Pike auf. Mit etwas Vorwissen als begeisterter Hobbyangler zieht es ihn in den Zuchtbetrieb in der Schnörrenbach, der damals noch unter anderem Namen firmiert. Wenige Jahre später übernimmt er den Betrieb und benennt ihn um. Inzwischen arbeitet Scheider seit 34 Jahren in seiner Forellenzucht Wehetal. In dieser langen Zeit hat es immer wieder Veränderungen gegeben. Einen besonders deutlichen Wandel brachte aber die Corona-Pandemie.

Während dieser Zeit begannen Torsten Scheider und seine Frau Barbara damit, ihren Fisch auf den Wochenmärkten in der Region zu vertreiben. Forellen und Lachsforellen züchtet Scheider in Kierspe selbst. Andere Fischarten kann er vom Großhändler frisch zukaufen und dann individuell marinieren.
Angefangen hatte der Markthandel quasi durch einen Zufall: „Auf dem Wochenmarkt in Halver ist der Fischstand ausgefallen“, berichtet Torsten Scheider. „Da sind wir eingesprungen und haben schnell Gefallen daran gefunden.“ Mittlerweile ist der Food-Truck des Zuchtbetriebs an fünf Tagen in der Woche auf verschiedenen Wochenmärkten vertreten. Dienstags geht es nach Ennepetal-Förde, mittwochs nach Kierspe, donnerstags zum Edeka in Brügge, freitags zum Wochenmarkt in Halver und samstags zum dortigen Einkaufszentrum. Der Betrieb läuft so gut, dass Scheiders mit dem Gedanken spielen, einen zweiten Foodtruck anzuschaffen.
Problematisch stellt sich allerdings die personelle Ausstattung des Wagens dar. Dem Fischzüchter fehlt derzeit eine Arbeitskraft auf 520-Euro-Basis. Wie er berichtet, gestalte es sich schwierig Personal für den Marktverkauf zu finden. „Fisch ist nicht jedermanns Sache und auch für den Markthandel muss man offen sein“, sagt er. Wer dennoch Interesse an der Tätigkeit hätte, dürfe sich gerne im Zuchtbetrieb melden. Für die Tätigkeit auf dem Markt erfolge dann natürlich eine Einarbeitung.
Insgesamt sieht die Arbeitsteilung im Betrieb vor, dass sich Barbara Scheider (51) und eine bereits vorhandene 520-Euro-Kraft um den Verkauf kümmern. Torsten Scheider sorgt indes für ausreichend Nachschub: Etwa 150 000 Forellen züchte er jährlich in seinem Betrieb in der Schnörrenbach. Dafür kauft er bereits befruchtete Forelleneier an. Pro Charge etwa 50 000 Stück. Diese werden zunächst in kleinen Behältnissen aufbewahrt, bis die Fische geschlüpft sind und eine bestimmte Größe erreicht haben. Dann werden sie in zwei Schritten in größere Behältnisse umgesiedelt, bis sie schließlich weit genug entwickelt sind, um sie in einem der 14 Fischteiche unter freiem Himmel auszuwildern. Jeder Fischteich fasst etwa 10 000 Forellen, rund 20 Prozent davon verliere der Betrieb durch Fischreiher, Eisvögel und andere natürliche Fressfeinde.

Besonders wichtig für die Fischzucht sei eine ausreichende Verfügbarkeit von Wasser und die passende Wassertemperatur, erklärt Torsten Scheider. Seine Anlage wird mit Quellwasser und Bachwasser aus der Wehe versorgt. In den vergangenen Jahren habe sich bemerkbar gemacht, dass der Klimawandel heißere Sommer in die Region bringt. „Wenn die Wassertemperatur steigt, muss ich die Futtermenge anpassen“, sagt Scheider. „Sonst würden die Forellen zu viel Sauerstoff verbrauchen.“ Es bestünde die Gefahr, dass die Sättigung im Teich zu niedrig wird und die Tiere deshalb sterben. Eine andere Möglichkeit ist das künstliche Belüften des Wassers. „Aber das kostet dann wieder viel Energie.“ Andererseits bleibt auch eine Reduktion der Futtermenge nicht ohne Folgen: Die Tiere wachsen dadurch langsamer. Es Bedarf also einer gewissen Abwägung und es sind Erfahrung und Feingefühl durch den Züchter gefragt, um an den richtigen Stellschrauben zu drehen.
Sind die Tiere groß genug zum Verzehr, werden sie geschlachtet. Ein Teil der Fische wird vor Ort geräuchert. Torsten Scheider hat dafür zwei Räucheröfen, die er regelmäßig mit Buchenspänen befeuert. Knapp 100 Fische werden pro Durchgang bei 120 Grad aromatisiert. Es muss immer genug Vorrat für die Marktverkäufe und die Verkäufe an der Zuchtanlage vorhanden sein. Frische Forellen verkauft der 55-Jährige natürlich auch. Die werden dann in den meisten Fällen nach Bedarf frisch geschlachtet. Nur zur Hochsaison, also zu Weihnachten und zu Ostern wird auch auf Vorbestellung geschlachtet, um der großen Nachfrage überhaupt Herr werden zu können. Die Nachfrage an der Zuchtanlage habe sich in den Corona-Jahren ebenfalls positiv entwickelt: „Geschäfte und die Gastronomie hatten eine Zeit lang geschlossen. Dadurch haben die Menschen wieder verstärkt auf Produkte regionaler Erzeuger zurückgegriffen“, sagt Scheider. Ein Teil sei dauerhaft erhalten geblieben.
So rentiert sich das Geschäft mit den frischen Forellen, hinter dem viel Arbeit stecke. „Ich glaube, ich bin vor 20 Jahren das letzte Mal richtig im Urlaub gewesen“, sagt Torsten Scheider. Zu groß sei das Verantwortungsbewusstsein und die Sorge um seine Fische, als dass er sie guten Gewissens für einen längeren Zeitraum allein lassen oder in die Hände anderer geben würde.

Aktuell befindet sich die Anlage in einer Art Vorbereitungsphase für das Fisch-Jahr 2023. Zwei Teiche sind derzeit mit Forellen gefüllt. Die anderen werden abgelassen. Um sie mit jungen Tieren zu bestücken, muss sichergestellt sein, dass sich keine großen Forellen mehr in dem Teich befinden. Die würden die Jungtiere sonst fressen. Zeitgleich sind im Keller bereits Tausende Jungtiere aus den Eiern geschlüpft. Einer fischreichen Saison scheint also nichts im Weg zu stehen.
Öffnungszeiten
Die Forellenzucht Wehetal, Schnörrenbach 3 in Kierspe, ist mittwochs bis freitags von 14.30 bis 18 Uhr, samstags von 10 bis 17 Uhr und sonntags von 10 bis 12 Uhr geöffnet. Diese Zeiten hätten sich ergeben, weil die Forellen ohnehin täglich versorgt werden müssen. Allgemein gelte: „Wenn die Schranke oben ist, bin ich da und verkaufe auch“, sagt Torsten Scheider.