Das Lanuv prüft regelmäßig Nutztierrisse in Nordrhein-Westfalen auf den Schadenverursacher. Gerissen werden meist Schafe und Ziegen, wie man einer Tabelle entnehmen kann. Hin und wieder ist auch ein Kalb dabei, noch seltener Fohlen. Der Fall aus Halver ist noch nicht gelistet – aber bald. DNA-Proben wurden bereits genommen und ans Umweltamt geschickt.
Daniela Beisemann kam dafür auf den Hof der Familie. Sie ist Luchs- und Wolfsberaterin von Wald und Holz NRW und ehrenamtlich für das Lanuv aktiv. Sie hat Proben entnommen, die aufschlüsseln, welches Tier für den Tod des Kalbs verantwortlich ist. Auch wenn einiges für einen Wolf spricht, schließt sie einen Fuchs nicht aus. „Man glaubt nicht, wie groß und stark sie sind“, sagt Beisemann. Wenn das Kalb geschwächt war, sei das möglich. Das Ergebnis erhalten Friedrich Höhmann und seine Lebensgefährtin Regina Lind in sechs bis acht Wochen.
Im Frühjahr, erzählt Beisemann, häufen sich Sichtungen von Wölfen und auch die mutmaßlichen Risse. Es gibt mehrere Berater, wie sie sagt, sie selbst ist derzeit nahezu wöchentlich in NRW wegen Wolfsverdachtsfällen unterwegs. Das liegt auch daran, dass Wölfe im Frühling auf Wanderschaft gehen. Bis zu 70 Kilometer am Tag legt ein Jungwolf auf der Suche nach einem neuen Territorium, wo er ein neues Rudel gründen kann, zurück.
Der Frühling ist aber auch die Zeit, in der die Kälber auf dem Hof in Nieder Vahlefeld geboren werden. Sie kommen auf der Weide zur Welt und bleiben an der Seite ihrer Müttern für rund sechs Monate draußen. Im Herbst verkauft der Halveraner dann die herangezogenen Kälber. Ein Milchbetrieb habe sich nicht mehr gelohnt, erzählt der 67-Jährige. Seit 2005 verkauft Höhmann nur noch die Kälber. Rund 700 Euro gibt es für ein Tier, sagt Regina Lind. Das tote Kalb ist für den Landwirt daher auch ein wirtschaftlicher Schaden. Wenn aber nachgewiesen wird, dass es ein Wolf war, der für den Tod des Tieres verantwortlich war, gibt es eine Entschädigung vom Land, sagt Beisemann.
Seit geraumer Zeit steigt die Zahl der Wölfe in Deutschland. Gab es im Jahr 2000 lediglich ein Rudel, so leben mittlerweile mehr als 100 von ihnen in heimischen Wäldern. Und auch im Sauerland gibt es immer wieder Wolfssichtungen (» INFOKASTEN). Während sich Naturschützer über die wachsende Population freuen, sind Bauern wie Friedrich Höhmann zunehmend besorgt. Wenn es wirklich ein Wolf war, wie geht es dann weiter? Wie geht man damit um? Seine 29 Kühe stehen mit dem Nachwuchs Tag und Nacht auf den Weiden. Ein Risiko? Die Wiese, auf der das Kalb letzte Woche getötet wurde, ist unmittelbar am Haus.
„Man macht sich Sorgen“, sagt Höhmann. Wölfe sind selten zu sehen, weil sie den Kontakt zu Menschen meiden. Das heißt nicht, dass das Raubtier menschliche Siedlungen, wie das Zuhause von Friedrich Höhmann umgeht. Sie sind Teil des Wolf-Reviers. Gerade nacht- oder dämmerungsaktive Rudel durchstreifen kleine Siedlungen als Teil ihres Reviers und suchen Nahrung. Die Reviergröße hängt dabei vom Nahrungsangebot ab. In Deutschland ist das Revier 200 bis 300 Quadratkilometer groß. Innerhalb dieses Reviers sind die Wölfe ständig in Bewegung.