Es war eine ungewöhnliche Veranstaltung, zu der Martin Halbrügge für den Halveraner Baumverein eingeladen hatte. Eigentlich kümmert der Verein sich um Stadtbäume. Aber bei der Waldbegehung mit Jörn Hevendehl, Fachgebietsleiter Dienstleistungen im Regionalforstamt Märkisches Sauerland, mit Halvers Förster Ulrich Ackfeld, Klaus Brunsmeier von der Heesfelder Mühle und Astrid Becker für die Forstbetriebsgemeinschaft Halver war massive Waldkompetenz an Bord.
Um es vorweg zu nehmen: Einen Königsweg aus der Kahlschlag-Katastrophe gibt es nicht. Aber eine Notwendigkeit, Wald überhaupt wieder herzustellen. Wer aus einem 40 Jahre jungen Buchenbestand oder einer weitgehend naturbelassenen Mischbewaldung bei Schmidtsiepen auf einen Polterplatz oder eine Brachfläche tritt, braucht keine weitere Erläuterung zur klimatisierenden Funktion von Wald. Zwischen der sengenden Sonne und kühlendem Halbschatten liegen Welten.
Das ist unstrittig zwischen Forstfachleuten wie Hevendehl und Naturschützern wie Brunsmeier, der aber auch deutlich macht: „Wildnis ist keine Enteignung.“ Offen ist zwischen den Positionen allenfalls, wie die wirtschaftliche Nutzung im Sinne der Eigentümer in Verbindung gebracht werden kann mit einer Naturverjüngung und maximalen Biodiversität. Die Nachhilfe könnte unter anderem bedeuten, dass im nachwachsenden Wald Pflanzinseln entstehen, die sich in Jahrzehnten auch wirtschaftlich nutzen lassen – in Teilen auch mit Fichten, die von selber nachkommen und sich robust im Wachstumswettbewerb durchsetzen. Denn Holz ist Wirtschaftsfaktor und als Rohstoff unverzichtbar.
Klar ist unter den Beteiligten aber insbesondere eines: Die Aufforstung ist ohne zusätzliche personelle Unterstützung nicht leistbar. Dazu reichen die Kapazitäten schon lange nicht. Es müsse, sagt Astrid Becker, genau so viel in die Wiederbelebung des Waldes investiert werden, wie es in den vergangenen Jahren für die Schadensbekämpfung der Fall war. In dieser Hinsicht dürfe auch nicht kleinteilig gedacht werden. Um Wirkung zu erzielen, seien zusammenhängende Flächen von nicht weniger als 20 Hektar erforderlich, sagt Brunsmeier.
Ausgangspunkt sollten Waldsäume sein, die eine natürliche Entwicklung begünstigten. Bei einem enormen Anteil von Privatwald in der Region erfordere das ein Zusammenwirken aller betroffenen Besitzer, die mit wirklichen Erträgen in den kommenden Jahren nach dem ununterbrochenen Fichtentod seit 2018 kaum rechnen können. Denn in Halver geht es um rund 2600 Hektar Wald, die die Forstbetriebsgemeinschaft betreut. Davon sind rund 145 Hektar Kommunalwald, der Rest ist privat. Und dem städtischen Bestand – auch das wurde bei der Begehung deutlich – müsse eine Vorbildfunktion zukommen.
Und klar war am Ende noch eines: Ohne einen gesellschaftlichen Konsens in Sachen Wald, ohne finanzielle Unterstützung und politischen Rückhalt werde man enorme Zeit verlieren zu Lasten von Klima, Grundwasser und dauerhafter Schädigung von Böden.