„Viele Chancen“: Großer Bedarf an Orientierung auf dem Arbeitsmarkt

Der Ausbildungsmarkt hat sich geändert. Wo die jungen Menschen früher unzählige Bewerbungen schreiben und regelrecht um die Plätze kämpfen mussten, ist es nun andersherum. Die Unternehmen sind gefragt, müssen für sich und ihre Ausbildungsberufe werben und die angehenden Auszubildenden haben oft die Qual der Wahl. So wurde es auch beim Pressegespräch zur Woche der Ausbildung bei der Firma Escha geschildert.
Halver – „Glückwunsch zum Betriebsergebnis“, hieß es gleich zu Beginn von Bürgermeister Michael Brosch. Die Escha-Gruppe hatte erst vor Kurzem einen neuen Rekordumsatz verkündet. „Alles gut im Hause Escha“, sagte Brosch und Geschäftsführer Dietrich Turck widersprach direkt: „Viel zu wenig gute Auszubildende“ habe man. Angeboten werden bei Escha insgesamt zwölf Ausbildungsberufe, „zehn Azubis pro Jahrgang wäre das Optimum“, sagte Carolin Umbach, bei Escha für die Personalentwicklung zuständig. Für das neue Ausbildungsjahr ab August seien noch einige Plätze frei, obwohl man sie bereits im Juli vergangenen Jahres ausgeschrieben habe.
„Die jungen Menschen sind stark umworben und das ist auch gut so“, sagte Michael Brosch. Trotzdem sei er als Bürgermeister froh, wenn es sie nicht in die weite Welt, in Großstädte oder an Universitäten ziehe, sondern sie auch im ländlichen Bereich Zukunftschancen sehen würden. Im Sinne der Wirtschaftsförderung sei die Stadt daran interessiert, dass junge Menschen ihr Leben in Halver planen. Dass es bei insgesamt 324 Ausbildungsberufen nicht leicht sei, sich zu entscheiden, könne Brosch nachvollziehen, führte aber auch gleich Möglichkeiten wie das „Gap Year Südwestfalen“ an, bei dem innerhalb von neun Monaten drei Praktika in verschiedenen Unternehmen gemacht werden können. „Man darf auch Fehler machen und sich umentscheiden. Aber wenn mangels Informationen viele Fehler hintereinander gemacht werden, ist das schade“, sagte Brosch.
Dass der Bedarf an Orientierungshilfen auf dem Arbeitsmarkt groß ist, konnte auch Martina Royla, Berufsberaterin bei der Agentur für Arbeit Iserlohn, bestätigen. Auch an der Humboldtschule berät sie die Jugendlichen und würde sich wünschen, dass ihnen der Zugang zum „Gap Year Südwestfalen“ ebenfalls ermöglicht wird. Derzeit können sich nur volljährige Menschen oder solche mit Abitur oder dem Abschluss eines vollzeitschulischen Bildungsgangs des Berufskollegs bewerben. Auch Michael Brosch wünschte sich den Zugang für Schulabgänger nach der neunten oder zehnten Klasse. „Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten“, sagte er. Auch für Escha als Arbeitgeber sei das „Gap Year Südwestfalen“ eine gute Chance, merkte Carolin Umbach in Richtung von Dietrich Turck an. Über Praktikanten freue man sich bei dem Halveraner Unternehmen immer, und auch Weiterbildungen, Ausbildungen für langjährige Mitarbeiter, Schulungen und individuelle Lösungen je nach Lebenslage seien wichtig. „Ich sehe es als Verpflichtung an, die Menschen dabei zu unterstützen, sich weiterzuentwickeln“, sagte Umbach. Von Schnuppertagen über Kurzpraktika, Fördermöglichkeiten der Agentur für Arbeit und Angeboten wie dem „Gap Year Südwestfalen“ gebe es viele Hilfsangebote und Möglichkeiten, pflichtete auch Martina Royla bei: „Wir wollen Mut machen, nachzufragen und neugierig zu sein. Es gibt so viele Chancen.“