Der Angeklagte, verteidigt von Rechtsanwalt Dirk Löber aus Lüdenscheid, gibt eine Erklärung ab. Er wirkt erschüttert, seine Stimme klingt zittrig, als er sagt: „Ich möchte betonen, dass ich die Ursache für den schrecklichen Vorfall nicht gesetzt habe.“
Dann erklärt der Familienvater stockend und den Tränen nahe, wie er den Auftrag des Landwirts erledigt, Leitungen verlegt, isoliert und gegen Feuchtigkeit im System mit Gießharz vergossen hat. „Die Anlage war über einen FI-Schalter im Wohnhaus abgesichert.“ Der soll den Stromkreis bei Fehlerströmen von selbst abschalten. Später habe er einen Kurzschluss behoben. „Das zeigt, dass der FI-Schalter funktioniert hat.“ In weitere Umbaumaßnahmen sei er nicht involviert gewesen. „Das war’s!“
Was den Ermittlern offenbar entgangen ist, führt Löber jetzt in den Prozess ein. Es sind Rechnungen eines anderen Handwerksbetriebs, der nach dem Job des Angeklagten mehrfach auf dem Bauernhof tätig geworden ist. Der Gutachter des Landeskriminalamtes (LKA), der die Pferdetränke untersucht hat, wundert sich. „Das ist ja ein völlig neuer Sachstand.“
Der Betreiber des Hofes sagt aus, sein Helfer habe die Pferdetränke wenige Tage vor dem tödlichen Stromschlag tiefer gelegt, damit seine Esel bequemer ihr Wasser saufen können. Bei den Arbeiten sei eine Reduzierschraube abgebrochen. Der Mitarbeiter habe gesagt: „Ich mache mal eben einen Blindstopfen drauf.“
Wenige Minuten später fand die Frau des Bauern den Mann, leblos vor der Tränke kniend, beide Hände am Wasserrohr. Die Notärztin brauchte etwa eine halbe Stunde bis zu dem Gehöft und konnte nicht mehr helfen. Der Zeuge: „Die Ärztin fragte sofort, ob’s hier irgendwo Strom gibt.“
Der LKA-Experte stellte mehrere Mängel fest: Die Isolierung eines Kabels war schadhaft, es fand keine automatische Abschaltung statt, der Fehlerstromschutzschalter war nicht angeschlossen. „Man schafft es dann nicht, loszulassen. Man ist gefangen im Stromkreis.“
Die Juristen – unter ihnen auch der Kiersper Rechtsanwalt Bodo Schäfer, der die Nebenklage der Witwe vertritt – ziehen sich zu einem Rechtsgespräch zurück. Doch eine Verständigung kommt nicht zustande. Schäfer lehnt das Angebot der Oberamtsanwältin an den Verteidiger ab, das Verfahren gegen Zahlung eines Geldbetrages einzustellen.
Der Prozess wird am 22. November um 14 Uhr im Saal 125 des Amtsgerichts Lüdenscheid fortgesetzt.