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Pfarrer Optenhöfel verabschiedet sich aus Halver – ein Interview

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Von: Monika Salzmann

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Pfarrer Claus Optenhöfel verlässt die Pfarrei Christus König und tritt im Februar die Nachfolge von Pfarrer Andreas Rose in der Pfarrei St. Medardus in Lüdenscheid an.
Pfarrer Claus Optenhöfel verlässt die Pfarrei Christus König und tritt im Februar die Nachfolge von Pfarrer Andreas Rose in der Pfarrei St. Medardus in Lüdenscheid an. © Jakob Salzmann

Claus Optenhöfel, langjähriger Pfarrer der Pfarrei Christus König in Halver, Breckerfeld, Schalksmühle und Hagen-Dahl, beendet Ende des Monats seinen Dienst in der Pfarrei und tritt im Februar die Nachfolge von Andreas Rose in der Pfarrei St. Medardus in Lüdenscheid an.

Halver – Wie berichtet hatte Pfarrer Rose die Pfarrei im September auf eigenen Wunsch verlassen, um im ehemaligen Trappistenkloster Mariawald in der Eifel einen geistlichen Ort aufzubauen. An diesem Sonntag, 29. Januar, wird Pfarrer Optenhöfel in Halver verabschiedet, am 5. Februar wird der gebürtige Oberhausener in Lüdenscheid feierlich in sein neues Amt eingeführt. Bevor er ins Sauerland kam, war er in Essen und Duisburg tätig. Pfarrer in Christus König ist er seit 2011. Über seine Zeit in der Pfarrei, anstehende Aufgaben und die katholische Kirche sprach er mit Monika Salzmann.

Was hat Sie bewogen, die Pfarrei Christus König zu verlassen und die vakante Pfarrstelle in Lüdenscheid anzutreten?

Bewogen hat mich in dem Sinne gar nichts. Ich habe ja nicht aktiv betrieben, von hier wegzugehen. Unser Bischof sagt immer: Man soll in etwa zehn Jahre an einer Stelle bleiben und dann wechseln. Der Hintergrund ist der, dass die Pfarrer früher jahrzehntelang in einer Pfarrei waren. Es gab ein enges Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Gläubigen und dem Pfarrer. Das konnte auch zu schwierigen Konstellationen führen. Um größere Freiheit und Offenheit zu ermöglichen, ist es gut, dass es einen Wechsel gibt. Es gibt immer Leute, die gut mit einem klarkommen, und andere, bei denen das nicht der Fall ist. Wenn ein Pfarrer 30 Jahre in einer Pfarrei bleibt, dann hat eine Generation gewonnen oder verloren, je nachdem wie sie den Pfarrer erlebt. Hinzu kommt: Früher gab es in jeder Gemeinde mehrere Priester, da hatte man immer eine Alternative. Das ist heute nicht mehr der Fall. In unserer Gemeinde war im Sommer gerade Pater David gekommen. Dadurch sind hier in der Pfarrei zwei Priester. Und so kam im Sommer die Anfrage, ob ich nicht nach Lüdenscheid wechseln könnte. Der Wechsel von Andreas Rose kam ja für viele ein bisschen überraschend.

Mussten Sie lange überlegen? Fiel Ihnen die Entscheidung eher leicht oder eher schwer?

Es war klar, dass irgendwann ein Wechsel sein wird. Und ich habe mir überlegt: Ich bin jetzt 52. Wenn der Wechsel jetzt kommt, dann passt er ganz gut. Ich weiß nicht, wie lange ich mir selbst noch einen Wechsel zumuten kann. Irgendwann ist man in einem Alter, wo man das nicht mehr möchte. Ich habe ja auch nicht alleine überlegt. Wir haben bewusst in Lüdenscheid einen Abend mit den Gremien, dem Pfarrgemeinderat und dem Kirchenvorstand gehabt, und haben offen darüber gesprochen, ob wir zusammenpassen. Und da gab es positive Signale, auch von mir. Früher wurden Pfarrer einfach eingesetzt. Aber ich denke, diese Zeiten sollten vorbei sein. Das hilft keinem.

Überwiegt die Vorfreude auf das Neue oder das Bedauern, Vertrautes hinter sich lassen zu müssen?

Das ist weniger eine Frage der Gewichtung als der Zeit. Es ist beides da. Natürlich freue ich mich auf Neues. Es werden aber sicher auch Herausforderungen auf mich zukommen. Die Pfarrei St. Medardus in Lüdenscheid hat gesagt, wir wollen uns auf einen Ort konzentrieren. Das ist sicher ein spannender, aber auch nicht konfliktloser Prozess. Ich bin sehr gespannt, wie das wirklich aussehen wird. Ich gehe voller Erwartungen. Und hier gehe ich mit Wehmut und merke erst jetzt, wie sehr ich ganz selbstverständlich in die Zusammenhänge der Pfarrei eingebunden bin und mache ganz automatisch bestimmte Abläufe, die sich dann neu orientieren müssen. Das ist derzeit noch vorherrschend.

Wenn Sie auf die Zeit in Halver zurückblicken: Was behalten Sie in Erinnerung?

Ich bin hier Pfarrer, ich gucke nicht zurück auf eine Zeit in Halver, sondern in der Pfarrei Halver, Schalksmühle, Breckerfeld und Hagen-Dahl. Dadurch, dass Halver Pfarreisitz ist, entsteht immer der Eindruck, dass Halver der Mittelpunkt ist. Mir war immer sehr wichtig, dass das nicht so ist. Von daher gucke nicht auf die Zeit in Halver zurück, sondern auf die Zeit in der gesamten Pfarrei. Dadurch ergibt sich eine sehr differenzierte Wirklichkeit, weil die Leute nicht den gleichen Blick haben. Die Menschen sind schon regional total unterschiedlich orientiert. Auch die politischen Bezüge sind sehr unterschiedlich. Hier in Halver es war eine zum Teil sehr lebendige Gemeinde, die vor allem auf Großveranstaltungen gesetzt hat: das Sternsingen, der Karneval, der Ferienspaß oder das Gemeindefest. Es gab immer ein ganz großes Bemühen, diese Großveranstaltungen groß zu feiern und ich glaube, diese Großveranstaltungen sind auch sehr im Blick der Menschen. Viel mühsamer ist der Alltag. Dass Christsein im Alltag geschieht, wird dann oft vergessen. Es gibt hier auch eine starke Bewegung, sich karitativ zu betätigen. Wir haben einen lebendigen Caritas-Kreis. Die kfd sammelt gerade für die Tafel. Wir unterstützen die Aktion Wärme und Licht und vieles mehr. Das sind die Sachen, die ich gerne in Erinnerung behalte. Wir haben immer auch viele junge Leute gehabt: Es gibt sowohl die Pfadfinder als auch noch immer relativ viele Kommunionkinder und Familien. Das waren immer sehr schöne Erfahrungen.

Was waren die größten Herausforderungen? Was die schönsten Erlebnisse?

Die größten Herausforderungen waren die großen Veränderungen, die hier waren. Ich kam 2008 als dritter Priester in die Pfarrei. Im Team gab es einen ständigen Wechsel. Ich habe hier fünf/sechs Mitbrüder erlebt, die alle wieder weg sind. Es war nie Stillstand, sondern es ging immer wieder neu los. Wir sind in einer Zeit, in der sich die Dinge überschlagen. Es gab die Krise der Kirche allgemein und die Missbrauchsgeschichten, die Coronazeit, die vieles über den Haufen geworfen hat. Es gab den Pfarreientwicklungsprozess und die Entscheidung, dass die Orte in Halver bleiben, aber die Dinge in Oberbrügge und Hagen-Dahl weniger werden. In Oberbrügge gibt es ja schon keinen Gemeindesaal und keinen Kindergarten mehr. Schöne Erlebnisse gab es auch ganz viele. Ich denke an ganz viel Ökumene, das ist hier in Halver ganz lebendig. Wir haben sogar einmal vor Corona bei der Kirmes einen ökumenischen Gottesdienst auf dem Autoscooter gefeiert. Darüber hinaus gab es sehr intensive Firmvorbereitungen und Schulgottesdienste im Anne-Frank-Gymnasium. Auch die Ferienspaß-Wochen haben mir sehr große Freude bereitet.

Gibt es Dinge, die Sie noch gern bewegt hätten?

Eines meiner Lieblingsprojekte oder was mir besonders am Herzen gelegen hat, war der Umbau der Kirche in Breckerfeld, wo wir vor Jahren mit dem Bistum ein zukunftsorientiertes Projekt zum Umbau der Kirche entwickelt haben. Durch Corona ist alles teurer geworden. Ich bin traurig, dass das nicht fertig geworden ist. Viele, die in der Gemeinde aktiv sind, blicken immer noch darauf, wie es früher war. Die Zeiten sind aber heute anders. Umzusetzen, wie wir in Zukunft Christ sein können, ist unheimlich mühsam. Da würde ich mir einen größeren Blick auf eine freiere Weise, Mensch zu sein und Christ zu sein, wünschen. Manche Dinge in den Gemeinden gelingen, weil es Menschen gibt, die Druck machen, dass es losgeht. Und ob das heute noch sinnvoll ist, da habe ich meine Fragezeichen.

Wie geht es nach Ihrem Weggang in Halver weiter?

Pater David ist in der Pfarrei und wird zunächst einmal als Pfarradministrator die kommissarische Leitung übernehmen. Sehr bald wird es jedoch ein Team geben, das die Pfarrei leitet. Pater David wird Pfarrer sein, aber nicht allein, sondern im Team mit einer zweiten Person. Da läuft gerade das Bewerbungsverfahren. Im bestehenden Pastoralteam werden die Aufgaben verteilt. Es gibt für jede Gemeinde einen Ansprechpartner. Pater David wird das in Schalksmühle und Halver sein. Darüber hinaus wird Diakon Stefan Hegerich, der jetzt noch nebenamtlich arbeitet, dann sowohl in Lüdenscheid als auch hier hauptamtlich tätig sein.

Welche Aufgaben erwarten Sie in Lüdenscheid?

Erst einmal bin ich gespannt, was auf mich zukommt. Zunächst das Klassische. Ich werde Messen feiern, beerdigen und trauen. Dann geht es darum: Wie weit ist der Pfarreientwicklungsprozess und was steht jetzt an. Ich werde in Lüdenscheid Pfarrer der Pfarrei sein, nicht der Pastor einer Gemeinde. Was die Zuständigkeit für die einzelnen Orte sind, das müssen wir sehen. Auch in Lüdenscheid gibt es viel Ökumene und die Zahlen sind dort größer als hier.

Haben Sie Ihre neuen Mitarbeiter bereits kennengelernt?

Ich kenne das Pastoralteam, die Hauptamtlichen. Wir treffen uns ja mehrmals im Jahr und kennen uns aus verschiedenen Zusammenhängen. Und auch die Gremien, wie ich sie jetzt erlebt habe. Da kann ich mir vorstellen, dass wir gut zusammenarbeiten.

Wie erklären Sie sich, dass immer weniger junge Menschen – sowohl in der katholischen als auch evangelischen Kirche – Pfarrer werden möchten?

Das ist sehr komplex. Natürlich spielt vordergründig das allgemeine Bild von Kirche, das in diesen Jahren sehr geprägt ist von Skandalen, eine Rolle. Menschen glauben nach wie vor, aber es ist ein sehr viel persönlicherer Glauben. Das Bewusstsein, wie wichtig Gemeinschaft ist, ist viel geringer. Glaube ist heute ein Thema von vielen. Viele Dinge waren früher viel selbstverständlicher. Dann spielt sicher auch eine Rolle: Die Kirche war bis in die 50er/60er Jahre führend in bestimmten Dingen. Wenn Jugendliche damals etwas erleben wollten, sind sie ins Jugendheim gegangen. Das ist nicht mehr der Fall. Die Kultur hat sich weiterentwickelt und Kirche hat bestimmte Dinge nicht mitgemacht und dadurch den Anschluss verloren. Kirche ist nicht hip. Um Pfarrer zu werden, braucht es schon eine große Grundierung.

Was kann die Kirche dafür tun, um wieder mehr Menschen an sich zu binden?

Möglichst gar nichts. Es ist nicht Aufgabe der Kirche, Menschen an die Kirche zu binden, sondern sich an die Menschen zu binden. Das ist der Unterschied. Wir als Kirche haben die Aufgabe, Räume zu schaffen, wo die Menschen ihr Leben als kirchliches erleben können.

Was ist für Sie persönlich das Schöne an Ihrem Beruf?

Die Freiheit, den Glauben leben zu können, und zu erleben, wie Gott lebendig ist unter den Menschen. Darüber zu staunen, dass Gott im Leben der Menschen wirkt.

Würden Sie den Beruf wieder ergreifen?

Ja!

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