Sein blaues Wunder erlebt der Kirmesbesucher am Stand „Die Bayerische Leiter“ von Manuel Recker aus Osnabrück. Sein Fahrgeschäft besteht lediglich aus einer Leiter, die man besteigen muss. Wer es bis zur blau markierten Stufe schafft, kann 50 Euro gewinnen. Bis zum Montagnachmittag waren es nur sechs Menschen, die dieses Kunststück auf der Halveraner Kirmes vollbracht hatten.
Die Leiter hat es ganz schön in sich; nur an zwei Ketten befestigt beginnt sie sich zu drehen, sobald man einen Fuß draufsetzt. „Ich habe keine 50 Euro zu verschenken“, erklärt Manuel Recker zu seinem extrem anspruchsvollen Fahrgeschäft und lächelt. Drei Versuche kosten fünf Euro. Immer mal wieder demonstriert er, dass ein Besteigen möglich ist, sogar auch rückwärts. „Die Kirmesbesucher sollen ja sehen, dass man es bis zur blauen Stufe schaffen kann und es kein Betrug ist“, sagt der Osnabrücker.
Das komplette Gegenteil zur Bayerischen Leiter stellt Apollo13 dar, ein Themenkarussell und der „einzige voll thematisierte Giant Booster der Welt“, wirbt der Betreiber. Mit einer Höhe von 55 Meter, einer Geschwindigkeit von 120 Km/h und einer Beschleunigung von null G auf fünf G, bietet er für sieben Euro pro Fahrt Unterhaltung in Hochgeschwindigkeit.
Premiere feiert auch der Simulator „Venturer“ vor der ehemaligen Commerzbank an der Frankfurter Straße. Inhaber Frank Stockmann und Sohn Amon aus Minden sind Neulinge im Fahrgeschäft. Den Simulator, der einen für vier Euro pro Fahrt in das Cockpit eines Tornado-Kampfjets oder in einen Formel-1-Wagen versetzt, kaufte Frank Stockmann während Corona; dass sie an der Kirmes überhaupt teilnehmen ist jedoch den Organisatoren zu verdanken.
„Herr Moch hat uns mehrmals angerufen und angefragt, ob wir den Ort hier an der Frankfurter Straße bespielen könnten. Er wollte uns unbedingt hier haben. Ohne ihn wären wir jetzt nicht hier“, erklärt Stockmann. Mit ihrer Simulator-Premiere sind die Mindener allerdings nur bedingt zufrieden. „Für das erste Mal war es ganz okay. Es gibt sicherlich bessere Standorte auf der Kirmes“, sagt der Simulator-Betreiber. Bei einem Stromverbrauch von rund 250 KW in den vier Kirmestagen müsse, sagt Stockmann, schon etwas reinkommen, die Kosten für den Simulator sind hoch.
Zwischen solchen modernen und futuristischen Attraktionen, die in die Zukunft der Kirmes weisen, kann man aber auch immer mal wieder noch Nostalgie entdecken, wie aus einer längst vergangenen Zeit, als es auf der Halveraner Kirmes auch noch Eierwein, das Glücksrad, Tischtennisbälle werfen oder Pferderennen gab. Korkenschießen Madest aus Dortmund ist so ein Traditionsgeschäft, das seit Jahrzehnten zum Rummel kommt. Vier Schuss, vier Euro. Es gilt den Korkenreifen so zu treffen, dass er um den Flaschenhals fällt.
Die Flasche mit meist Hochprozentigem ist dann auch der Gewinn. „Es wird immer noch angenommen. Schießen hat etwas Zeitloses. Wir sind zufrieden mit der Nachfrage“, erklärt Mitarbeiterin Heidi Müller. Wie eine Zeitreise kommt auch Bälle werfen auf Blechdosen daher. Seit 16 Jahren ist die Schaustellerfamilie Röper mit ihrem Dosenwurf-Stand zu Gast.
4,50 Euro für drei Bälle. Teuer? „Nein. Wir müssen ja auch Geld einnehmen“, Juniorchef Marvin Röper. Die Kosten für die Teilnahme an der Kirmes seien nicht ohne, erklärt der Juniorchef. Man habe Gewinne im Wert von 15 000 Euro im Wagen, zudem kommen die Standgebühren von mehreren Hundert Euro und die Stromkosten hinzu.
1960er-Jahre-Atmosphäre verströmt Hermann Morcks Wiener Mandel-Stand aus Herne. Seit 50 Jahren verkauft er seine gebrannten Mandeln auf der Halveraner Kirmes. „Die Menschen haben sich seitdem verändert. Sie haben heute kaum noch Zeit und sie reden weniger mit mir an meinem Stand“, sagt Hermann Morck. Aber auch 2023 will er kommen. Er gehört einfach dazu.