Allein, was im Lüdenscheider Kreishaus mit Blick auf die MVG-Verluste geschehen soll, könnte die Stadt Halver eine halbe Million Euro jährlich kosten, Tendenz steigend. Eine offizielle Information zum Sachverhalt liege ihm nicht vor, auch nicht Bürgermeister Michael Brosch, sagt Thienel im AA-Gespräch weiter.
Das kann nicht Basis unserer Zusammenarbeit sein. Das ist nicht partnerschaftlich zwischen Kreis und Kommunen, sondern hoheitliches Herangehen.
Am 9. Juni hatte der Kreistag die Umschichtung der Millionensummen auf die kommunalen Schultern beschlossen. Eine Vorlage der Kreisverwaltung dazu gibt es nicht, auch keine Niederschrift der Sitzung. Mit einem gemeinsamen Antrag hatten CDU, SPD und UWG im Kreistag den Beschluss durchgedrückt. „An der Expertise des Kreiskämmerers ist dieser Vorgang sicher nicht vorbeigegangen“, merkt Thienel an.
Mit 10,2 Millionen Euro soll die MKG, die Märkische Kommunale Wirtschafts-GmbH, im ersten Jahr (2023) aus den Haushalten der Städte und Gemeinden gestärkt werden. Bis 2025 soll der Zuschuss auf 20 Millionen Euro steigen.
Die MKG, intern als Sparschwein des Kreises bezeichnet, ist gespeist aus dem Verkauf früherer RWE-Anteile. Ihr Eigenkapital beträgt zurzeit rund 160 Millionen Euro.
Es ist einer der Punkte, die Thienel und möglicherweise auch seinen Amtskollegen die Sorgenfalten auf die Stirn treibt. Der Umlagehaushalt, aus dem sich der Märkische Kreis finanziere, sei prinzipiell „subsidiär“. Im Klartext: Bevor der Kreis der kommunalen Familie in die Tasche greife, müsse er zunächst selbst versuchen, seine Kosten an anderer Stelle zu decken – ebenso wie die Kommunen, die vor möglichen Steuererhöhungen versuchen müssten, die Enden zusammenzubringen. Das gelte ebenso für den Personalhaushalt im Kreishaus. Das Fingerspitzengefühl dazu vermisse er.
Angesichts einer Ausgleichsrücklage beim Märkischen Kreis von rund 46 Millionen Euro halte er es für bedenklich, die Kosten – auch des demografischen Wandels – die Städte und Gemeinde allein über die Kreisumlage abwickeln zu wollen. „Das kann nicht Basis unserer Zusammenarbeit sein. Das ist nicht partnerschaftlich zwischen Kreis und Kommunen, sondern hoheitliches Herangehen.“
Der Coup des Kreises bei der Kostenverschiebung des MVG-Defizits trifft die Kommunen im Kreis aus den oben genannten Gründen in diesem Jahr umso härter. Zumindest bis ins Jahr 2025 sehe er den Kreis in der Pflicht, die Städte zu schonen, die am langen Ende die Auswirkungen von Leistungseinschränkungen zu tragen hätten, so Simon Thienel. „Die Bürger stehen im Rathaus auf der Matte, nicht beim Landrat“, gibt er zu bedenken, wenn es um die vorhandenen Ressourcen gehe und eben um Aufgaben, die nicht mehr ohne weiteres gestemmt werden könnten.
Wie man in Halver aus der Zwangslage herauskomme, sei zurzeit nicht absehbar – auch, weil einfach die Grundlagen fehlten. Für den 13. September seien Informationen zur neuen Kreisumlage und differenzierten Kreisumlage angekündigt. Mehr als ein Drittel des Halveraner Haushalts hängt an diesen Daten. „Letztendlich vermisse ich derzeit ein klares Signal des Kreises in den Krisenjahren bis 2025, das Augenmaß und Augenhöhe demonstriert, sowie die innere Haltung derer, die eine umlagefinanzierte Behörde im Sinne des Märkischen Kreises samt aller Mitgliedskommunen steuern. In Krisenjahren müssen Kreis und Kommunen wieder mehr an einem Strang ziehen.“
Letztendlich hätte es aber etwas Gutes, denn spätestens seit der letzten Tagung der Kämmerinnen und Kämmerer in Halver sei klar geworden, dass man noch interkommunaler denken und handeln müsse. „Das schweißt auch erkennbar zusammen“, so Simon Thienel. Erste gemeinsame Projekte würden bereits gemeinsam beraten und auf den Weg gebracht. „Was eine Stadt alleine nicht schafft, das schaffen wir dann zusammen, gerne auch zusammen mit dem Kreis.“