In einem solchen Vermisstenfall reagiert die Polizei sofort. Aufgrund der Erkrankung und Orientierungslosigkeit des Bewohners sowie der späten Stunde der Meldung galt es keine Zeit zu verlieren, wie Polizeisprecher Christof Hüls deutlich machte. Zunächst sei das gesamte Altenheim durchsucht worden, dann das Gelände. Verwandte und verschiedene Adressen wurden kontrolliert, Taxi-Fahrer und Busfahrer auf den Vermisstenfall aufmerksam gemacht. Auch die Leitung des Seniorenzentrums hatte da schon alle Hebel in Bewegung gesetzt. Mitarbeiter waren zu Fuß oder mit dem Auto in der Umgebung unterwegs. Die Organisation Finderwille kam mit einem Mantrailing-Hund vorbei und unterstützte die Suchaktion. Ohne Erfolg.
Als von dem 84-Jährigen bei Einbruch der Dunkelheit immer noch jede Spur fehlte, forderte die Polizei um 20.45 Uhr einen Polizeihubschrauber an. Eine Stunde lang überflogen die Piloten die Gegend in einem Fünf-Kilometer-Radius um das Haus Bethanien. Um 21.48 Uhr drehte der Polizeihubschrauber ab. Im Polizeiprotokoll wurde vermerkt: „Keine Feststellung“. Der Senior war wie vom Erdboden verschluckt.
„In der Regel findet man abgängige Bewohner nach kurzer Zeit in der Stadt wieder. Hier war das anders. Das ganze Team war betroffen, weil er einfach unauffindbar war. Je dunkler und kälter es wurde, desto mehr Sorgen haben wir uns gemacht“, berichtet Leiterin Stefanie Thiemann. In solchen Situationen merke man, wie machtlos man sei. Ihr Team gab die Hoffnung aber nicht auf und suchte noch bis weit nach Mitternacht nach dem 84-Jährigen. „Gegen 2 Uhr haben wir als Pflegeleitung die Suche unterbrochen. Wir mussten ja am nächsten Morgen alle wieder arbeiten.“ Die Polizei hingegen setzte die Fahndungsmaßnahmen auch noch am frühen Morgen fort.
Was Thiemann beeindruckte, war die große Hilfsbereitschaft in der Halveraner Bevölkerung, für die sie und ihr Team „sehr dankbar“ seien. Durch den Lärm des Hubschraubers aufgeschreckt und über Facebook organisiert, hatten zahlreiche Bürger bei der nächtlichen Vermisstensuche mitgeholfen. Einige boten ihre Unterstützung auch direkt im Seniorenzentrum an.
Schon um 6.30 Uhr am Freitagmorgen kam das Bethanien-Team wieder zusammen, um 7 Uhr war auch die Polizei vor Ort. Wo in aller Welt konnte er nur sein? Gemeinsam entschied man, das Haus noch einmal auf den Kopf zu stellen. Die Suche begann von Neuem. Als die Mitarbeiter die Tür zu einem kleinen Technikraum für den Aufzug öffneten, der bei der Durchsuchung am Vorabend übersehen wurde, konnten sie es kaum fassen.
Tatsächlich lag der 84-Jährige dort friedlich schlafend auf dem Boden, er hatte die Stufen zurück ins Treppenhaus nicht mehr geschafft und sich hingelegt. „Ich hab nur gesagt. Da ist er. Als er auf unsere Ansprache mit Hallo antwortete, sind mir fünf weitere Steine vom Herzen gefallen“, erinnert sich Stefanie Thiemann an den Moment, in dem alle Anspannung abfiel. Der Mann war unverletzt, die Vitalfunktionen waren in Ordnung, wie eine sofortige Untersuchung ergab. „Wir haben ihm erst einmal etwas zu trinken und zu essen gegeben, er hatte ja seit 17 Uhr am Vortag nichts mehr zu sich genommen“, sagt Thiemann.
Ebefalls mit einem Happy End endete eine Vermisstensuche am Hegenscheid: Eine Spaziergängerin wurde nach über 24 Stunden in einem Waldgebiet gefunden. Sie war leicht unterkühlt, ansonsten aber wohl auf.