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Digitale Krankschreibung – so läuft‘s

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Von: Carolina Ludwig, Jona Wiechowski

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gelber Schein Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Ab 1. Januar 2023 gibt es für Arbeitgeber nur noch den Weg der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU). Das bedeutet: Meldet sich ein Mitarbeiter krank, muss der Arbeitgeber die von einem Arzt bescheinigten Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bei der Krankenkasse des erkrankten Mitarbeiters abrufen. © Agenturen

Der „gelbe Schein“ ist Geschichte – zumindest teilweise für gesetzlich Versicherte.

Seit dem 1. Januar 2023 soll es für Arbeitgeber nur noch den Weg der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) geben. Was neu ist und was bleibt – wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Wie lief es bisher?

Wer krank ist und nicht arbeiten kann, hat die Arztpraxis bislang immer mit dem „gelben Schein“ verlassen. Der gilt als Bescheinigung und muss entweder persönlich oder per Post beim Arbeitgeber vorgelegt werden.

Was hat sich zum Januar geändert?

Seit Jahresbeginn entfällt die Pflicht für den Arbeitnehmer, die Bescheinigung beim Arbeitgeber vorzulegen. Stattdessen übermittelt der Arzt die Daten an die jeweilige Krankenkasse. Allerdings: Der Arbeitnehmer hat weiterhin die Pflicht, sich beim Arbeitgeber telefonisch oder per E-Mail krank zu melden. Er muss den Arbeitgeber nach wie vor über seine Arbeitsunfähigkeit und über die Dauer seines Ausfalls selbst in Kenntnis setzen.

Was soll das neue Verfahren überhaupt?

Mit der Einführung des Verfahrens zur elektronischen Krankschreibung im Rahmen des Bürokratieentlastungsgesetzes III aus dem Jahr 2019 hatte der Gesetzgeber zwei Ziele vor Augen: Abbau der Verwaltungsbürokratie und nachhaltiges Handeln. Bei rund 77 Millionen Krankschreibungen und 308 Millionen Ausfertigungen im Jahr lasse sich mit der eAU eine Menge Papier einsparen.

Wie wird die Neuerung von Arbeitgebern eingeschätzt?

Auch die Stadt Halver als Arbeitgeber muss mitmachen. Für Elke Gierse, die im Fachbereich 1 für die Personalverwaltung zuständig ist, bedeutet das einen Mehraufwand. „Also ich hätte das sein gelassen“, sagt sie. Das neue System sei vor allem für die Außenstellen sehr kompliziert. Früher habe sich beispielsweise eine Schulsekretärin bei ihrem direkten Chef krankgemeldet und dieser die Bescheinigung an die Stadtverwaltung weitergeleitet. Heute muss die Sekretärin direkt bei Elke Gierse anrufen. Die Krankmeldung kann Gierse jedoch erst anfragen, wenn die Mitarbeiterin auch tatsächlich beim Arzt war – was zwecks AU innerhalb der ersten drei Tage nicht nötig ist. War die Mitarbeiterin dann beim Arzt und hat das der Stadtverwaltung auch mitgeteilt, dauert es meistens noch fünf Tage, bis die AU über das System bei der Stadt eintrudelt. „Wir haben die Mitarbeiter darum gebeten, weiterhin eine AU mitzubringen“, erklärt Gierse und fügt hinzu: „Als Arbeitgeber bin ich noch nicht so begeistert.“
Ein großer Arbeitgeber in der Umgebung ist der Märkische Kreis. Dessen Pressesprecher Alexander Bange erklärt auf Nachfrage: „Grundsätzlich ist die Einführung eines elektronischen Verfahrens bei der Verarbeitung standardisierter Abläufe zu befürworten.“ Er weist zudem darauf hin, dass die Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bisher noch nicht alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beziehungsweise Krankheitssituationen betreffe. „Insoweit handelt es sich erst um den ersten Zwischenschritt, der eine vollständige Digitalisierung als zukünftiges Ziel haben muss.“ Und weiter: „Derzeit sind noch manuelle Arbeitsschritte notwendig, die einen Mehraufwand verursachen.“

Ist der Mehraufwand für Arbeitgeber ohne Weiteres stemmbar?

„Um die Arbeitsunfähigkeitszeiten zeitnah prüfen und die elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (eAUs) über das Gehaltsabrechnungsprogramm abrufen zu können, mussten die internen Prozesse angepasst werden“, berichtet Alexander Bange beispielsweise vom Märkischen Kreis. „Sobald eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter anruft, um sich krank zu melden, werden die Daten zunächst manuell erfasst.“ Der Abruf der Daten und die Prüfung, ob bei gesetzlich Versicherten die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arzt bestätigt wurde, erfolge seit dem 1. Januar 2023 zentral in der Personalverwaltung. „Der Mehraufwand in der Einführungsphase war bereits erkennbar und wurde bei der Stellenbemessung für die Gehaltsstelle berücksichtigt.“ Die Anpassungen der Software und der Prozesse erfolgten zum Stichtag.

Digital sollte es mit Krankschreibungen eigentlich schon früher klappen. Warum scheiterte das?

Eigentlich sollte die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung schon früher digital werden (wir berichteten). Bereits seit Oktober 2021 können Vertrags- und Zahnärzte die AU-Daten elektronisch an die Krankenkassen senden. Seit Januar 2022 können Arbeitgeber und Steuerberater die Daten der Arbeitsunfähigkeiten bei den Krankenkassen erfragen. Ende Juni 2022 sollte die Pilotphase dann enden. Geklappt hat das nicht, da etwa nicht überall die dafür notwendige technische Infrastruktur stimmte.

Welche Ausnahmen gibt es?

Die neue eAU ab 2023 gilt nur für gesetzlich Versicherte. Privat Versicherte sind von der Neuregelung zunächst nicht betroffen und werden die Arztpraxis weiterhin mit dem „gelben Schein“ in dreifacher Ausführung verlassen. Auch gesetzlich Versicherte erhalten mindestens einen Ausdruck für ihre eigenen Unterlagen und einen weiteren für den Arbeitgeber, sofern dies gewünscht ist. Minijobber in Privathaushalten, Krankschreibungen von Reha-Kliniken, Physio- und Psychotherapeuten, Ausländische Arztpraxen und Kliniken müssen ebenfalls weiterhin den klassischen Weg der Krankschreibung nutzen.

Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Die Meldung über die Arbeitsunfähigkeit erfolgt nach wie vor durch den Arbeitnehmer selbst. „Der Arbeitnehmer erhält von seiner Arztpraxis einen Ausdruck der AU-Daten für sich selbst. Auf seinen Wunsch erhält er zudem eine ausgedruckte AU-Bescheinigung für seinen Arbeitgeber“, schreibt die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) auf ihrer Homepage. „Nach dem Arztbesuch, spätestens bis 24 Uhr, übermittelt die Arztpraxis die Arbeitsunfähigkeitsdaten elektronisch an die Krankenkasse. Im Falle eines Krankenhausaufenthaltes übermittelt das Krankenhaus die Aufenthalts- und Entlassungsdaten an die Krankenkasse.“ Der Arbeitgeber muss die Daten dann abrufen, indem er eine Anfrage nach der eAU an die Krankenkasse über deren Kommunikationsserver stellt. Diese stellt die eAU wiederum zum Abruf bereit. „Der Arbeitgeber oder sein Beauftragter erhält eine Benachrichtigung über die erfolgte Bereitstellung. Der Abruf sollte am Folgetag der ärztlichen Feststellung möglich sein“, berichtet die BDA. Ist die eAU noch nicht bei der Krankenkasse eingetroffen (etwa weil sie von der Praxis noch nicht übermittelt wurde oder in der Praxis keine Internetverbindung besteht), erhält der Arbeitgeber oder sein Beauftragter eine Fehlermeldung.

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