Halver - Im Maschinenraum steht ein Sechszylinder. 75 Kilowatt drückt er ununterbrochen ins Stromnetz. Sein Tank steht ein paar Meter weiter. 1300 Kubikmeter groß, voll mit Biogas.
Dass ihre Kühe Mist machen, soll sich für die Familie Berbecker am Ende rentieren. Das war der Plan hinter der Biogas-Anlage, die seit 2015 auf dem großen Hof in Anschlag auf der Grenze zum Rheinland arbeitet.
Im Kreislauf der Milchproduktion mit Grünlandwirtschaft und natürlicher Düngung haben Berbeckers seitdem ein weiteres Glied in die Wertschöpfungskette geschaltet: die regenerative Energieerzeugung aus dem, was eigentlich sonst direkt als Gülle und Mist auf dem Feld landen würde.
200 Milchkühe schaffen Fakten
Während Deutschland über den Kohleausstieg und Alternativen für die Stromerzeugung debattiert, schaffen die rund 200 Milchkühe im Süden Halvers längst Fakten. Was sie an Gülle unter sich lassen, fließt direkt aus dem Stall über eine Leitung in Richtung des Fermenters. Auch der Festmist ist Bestandteil der dort gerührten Gärmasse, die mehrfach am Tag frisch nachgefüllt wird und aus der das Biogas entsteht, das letztlich den Motor antreibt. Hauptbestandteil ist Methan.
Der Motor wiederum produziert Strom, der in das Stromnetz eingespeist wird. Etwa 150 Haushalte können mit diesem nachhaltig erzeugten Strom versorgt werden. Für den Strom erhalten die Berbeckers über 20 Jahre eine feste Einspeisevergütung. Außerdem entsteht Wärme, die den Fermenter auf 40 Grad Betriebstemperatur hält und das Wohnhaus behaglich warm macht. Insgesamt fallen 93 Kilowatt Wärmeleistung am Motor an, der über eine Leitung mit dem Bauernhaus und dem kleinen Büro am Stallgebäude gekoppelt ist.
Sind die Bakterien im Fermenter mit ihrer Arbeit fertig, ist der Prozess aber noch nicht abgeschlossen. Gärreste nennt sich das, was nicht mehr weiter verstromungsfähig ist, aber nahezu alle organischen Anteile enthält, die der Milchviehbetrieb für die Düngung seiner Grünlandflächen braucht.
Angenehmer Nebeneffekt: Der von vielen als unangenehm empfundene Geruch von normaler Gülle ist deutlich reduziert. Für die Pflanzen seien die wichtigen Nährstoffe sogar früher verfügbar, beschreibt Ernst Berbecker das Ergebnis des Verfahrens. Unter Umständen ließen sich auf diesem Weg auch die Menge und die Kosten für den mineralischen Dünger senken, der für die Gründlandwirtschaft benötigt wird.
Das Biogas ist speicherbar
Eigentlich könnte die Biogasanlage sogar noch etwas mehr Strom produzieren. Der Gesetzgeber allerdings hat die Leistung gedeckelt. Die 75 Kilowatt sind zurzeit die Obergrenze, obwohl – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Energiewende – Bestrebungen laufen, die starre Beschränkung aufzuheben. Ganz grundlos sei die wohl nicht, erklären Ernst und Christoph Berbecker im Gespräch auf dem Hof. Es sei wohl darum gegangen, Mitnahmeeffekte durch riesige Anlagen zu vermeiden. Denn die Biogasproduktion wird noch deutlich effektiver, wenn Mais direkt als Energiepflanze eingesetzt werde.
Das lehnen Berbeckers für den heimischen Raum aber ab. Die verfügbaren Flächen im Sauerland gebe es dafür ohnehin nicht. Dass die Produktion und Verwertung von Biogas der Ausweg aus der Energiediskussion bedeuten werde, sehen aber auch Berbeckers nicht. Doch es sei ein Bestandteil und von zunehmender Wichtigkeit in der Palette der erneuerbaren Energien.
Das Gas ist speicherbar – ein Vorteil gegenüber Sonne und Wind. Wobei auch die Sonne auf dem Bauernhof eine Rolle spielt. Der Strom im Stall kommt vom Dach, auf dem sich die Solarmodule reihen.