Das ist in Kurzform auch die Feststellung von Jedan. „Wenn mehr Leute Theaterwissenschaften studieren als eine Ausbildung zum Fliesenleger machen, haben wir ein Problem.“ Über Jahre sei zu beobachten, dass „das Thema Wissen höher bewertet wird als das Thema Können“. Es gelte, diesen gesellschaftlichen Mainstream zu durchbrechen, „Eltern und junge Menschen damit zu konfrontieren, wie interessant Ausbildung sein kann“.
Bloß: Das versuchen Wirtschaft und Schulen seit Jahren mit erheblichen Anstrengungen und mäßigem Erfolg. Die Statistiken der Arbeitsagentur zeigen jedes Jahr aufs Neue, wo es die Jugendlichen hinzieht. Beliebt sind Berufe mit möglichst weißem Kragen. Die häufig auch noch gut bezahlten Schlüsseljobs, die das produzierende Gewerbe und das Handwerk der Region in petto haben, sind nicht unbedingt die Objekte der Begierde, wenn im Sommer für die Zehntklässler die Schulglocke zum letzten Mal bimmelt.
Dann nämlich überlegen viele von ihnen, wie es weitergehen soll – und entscheiden sich häufig gegen die Ausbildung und für die Fortsetzung der Schullaufbahn. Dieser Effekt wird sich durch Corona verschärfen. Die Verbindung Schule und Wirtschaft „hat ordentlich gelitten“, formuliert es Reiner Klausing, Leiter der Humboldtschule, die in diesem Jahr etwa 80 Abgänger verzeichnen wird. Praktika waren schwer zu bekommen und damit gab es auch keinen Kontakt zum beruflichen Alltag und zu eventuellen Ansprechpartnern. Ganz abgesehen davon: Ausbildungsmessen, die vorher Anlaufstellen für Schulklassen und Personalplanern in den Firmen waren, blieben aus Pandemiegründen aus. Klausing befürchtet eine gewisse Orientierungslosigkeit, was die Schüler angeht – und fürchtet auch kognitive Defizite, die in zwei Jahren schulischem Corona-Betrieb begründet sein dürften.
Das wiederum läuft dem Ziel der Schule entgegen, möglichst viele in die Duale Ausbildung zu bekommen“, wie er sagt. „Wir brauchen Handwerker“, sagt der Schulleiter und steht mit dieser Auffassung nicht allein. Er habe im vergangenen Jahr Glück gehabt mit einem talentierten Auszubildenden, sagt Kfz-Meister Frank Turck, doch die Zeiten, dass er für eine Stelle 15 Bewerbungsmappen auf dem Tisch hatte, seien seit vielen Jahren vorbei.
Den Wert von Ausbildung sehen auch Oliver Vidmar und Katja Kresnik mit ihrem Start-up im Bereich Medien-Design. Stünden Schüler vor der Wahl, falle die Entscheidung auf das Studium, weil der Schüler annimmt, nach dem Abschluss mehr zu verdienen. Doch das sei häufig falsch. In der Ausbildung könne der Azubi seinen Wert unter Beweis stellen, sammele bereits wertvolle Praxiserfahrung und stehe im Schnitt besser da als ein Uni-Absolvent, so Katja Kresnik, die auch als Prüferin bei der IHG Hagen tätig ist.