Kein Fiebersaft für Kinder: Apotheken kämpfen mit Medikamenten-Mangel

Für Kinder mit Fiebererkrankungen könnten Herbst und Winter, wenn die Erkältungen zunehmen, heikel werden, denn „es gibt gerade definitiv einen besonders starken Mangel an Fiebersäften für Kinder. Das könnte ein ernsthaftes Problem werden“, erklärt Corinna Eschbach, Apothekerin in der Alten-Hirsch-Apotheke in Halver. Und das ist nicht das einzige Medikament, das derzeit knapp ist.
Halver - Alternativen zum Fiebersaft wie Tabletten seien, erklärt Eschbach, oft nur für Kinder ab zwölf Jahren zugelassen. Und Zäpfchen seien für viele keine Alternative, weil „das Kind wehrt sich oder ich kriege es nicht in das Kind hinein“, laute es dann häufig von den Kunden. Weiteren Mangel gibt es bei den Elektrolyten zur Behandlung bei Durchfallerkrankungen. „Elektrolyte gibt es zurzeit kaum noch“, erklärt Eschbach.
Gründe für den akuten Mangel an fiebersenkenden Säften für Kinder seien Engpässe bei den Herstellern von Paracetamol und Ibuprofen. Einer der wenigen Hersteller hätte die Produktion gerade komplett eingestellt, „weil die Preise zu günstig sind“, während die Herstellungskosten gestiegen seien, sagt die Apothekerin. Bei deutschen Firmen gebe es zum Teil gerade einen Produktionsstopp. Rohstoffmangel und Verpackungsengpässe seien weitere Probleme, ergänzt sie.
Ältere Menschen müssten sich hingegen keine Sorgen machen: „Für Erwachsene gibt es ausreichend Medikamente gegen Fieber.“ Jedoch treffe die ein anderer Mangel an bestimmten Medikamenten: Bluthochdruck senkende Wirkstoffe zum Beispiel. Der Unterschied jedoch zu den Kindermedikamenten sei, dass es dazu Alternativen gebe. Diese seien zwar von einem anderen Hersteller, aber genauso geprüft wie alle anderen auch. Viele Kunden seien an die Medikamente eines Herstellers so sehr gewöhnt, dass sie Schwierigkeiten hätten, sich auf eine andere Marke einzulassen. Sollte keine Allergie vorliegen, gebe es eigentlich keinen Grund zur Befürchtung: „In Deutschland kann man davon ausgehen, dass man nur ausreichend geprüfte Wirkstoffe bekommt“, erklärt Eschbach.
Über einen extremen Mangel an Fiebersäften und Bluthochdruckmedikamenten klagt auch die Atlantis-Apotheke. Hier seien, sagt Anna Hunsicker, die Medikamente gegen erhöhte Temperatur für Kinder unter zwölf Jahren sehr rar. Der Mangel ziehe sich aber auch „Querbeet“ durch alle anderen Bereich – von Antibiotika bis hin zu Aspirin. Man erfahre über die Gründe für den Liefermangel bei Herstellern und Lieferanten nur sehr wenig. Bei den Bluthochdruckmedikamenten weiß sie: „Wenn ein Lieferant ausfällt und es nur noch wenige weltweit gibt, dann ist die die gesamte Lieferkette unterbrochen“, erklärt Anna Hunsicker. Wobei es vereinzelte Lieferengpässe schon seit Jahren gebe, „auch schon vor Corona“.
Neu sei jedoch diese Bandbreite zum gleichen Zeitpunkt. Den Grund dafür sieht sie auch darin, dass man in Sachen Medikamenten zu abhängig von Ländern wie China sei. „Man hat ja gesehen, was auf dem Weltmarkt passiert, wenn plötzlich ein Schiff quer steht im Suezkanal oder wenn ein Krieg im nahegelegen Land ausbricht.“ Von der Politik wünsche sie sich, dass sie ihren Versprechungen aus der Coronazeit nun auch nachkomme, und zwar „wieder verstärkt Hersteller von Wirkstoffen und Medikamenten nach Deutschland zu holen“, erklärt Hunsicker.
Nicht nur Nischenprodukte
Probleme gibt es nicht nur bei bestimmten Nischenprodukten, sondern auch bei ganz gängigen Mitteln, beispielsweise gegen Bluthochdruck oder Diabetes. Zur Erinnerung: Schmerzmittel wie Ibuprofen waren zeitweise in den Apotheken nicht zu bekommen. „Lieferengpässe gibt es immer wieder mal, weil ein Produzent ausfällt, aber die Menge und die Länge des Ausfalls ist deutlich dramatischer geworden“, erklärt der Vizevorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes, Hans-Peter Hubmann. Vor fünf Jahren seien zahlenmäßig nicht einmal halb so viele Produkte betroffen gewesen.