1. come-on.de
  2. Volmetal
  3. Halver

A45: „Teil der Lösung, nicht des Problems“ - BUND zu den Vorwürfen

Erstellt:

Von: Florian Hesse

Kommentare

Problemfall für Südwestfalen: die Talbrücke Rahmede
Problemfall für Südwestfalen: die Talbrücke Rahmede © Marcus Teuber

Die Sperrung der A45-Talbrücke Rahmede bedroht die gesamte Region Südwestfalen. Bereits früh hat sich der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) in NRW dafür ausgesprochen, den Neubau mit einem regulären Planfeststellungsverfahren und damit einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchzuführen.

Halver/Lüdenscheid - Im Gegenzug folgte umgehend harsche Kritik. Der BUND NRW riskiere eine Verzögerung des Projekts und verursache damit eine länger anhaltende Belastung für die Menschen und Unternehmen in der Region. Florian Hesse sprach dazu mit Klaus Brunsmeier aus Halver. Er ist Mitglied des Vorstands des BUND NRW.

Herr Brunsmeier, was sagen Sie denn zum Vorwurf einer Verzögerung des Neubaus?

Das ist an den Haaren herbeigezogen und soll nur von Versäumnissen und Fehlern der Vergangenheit ablenken. Der BUND stellt ausdrücklich nicht das ,Ob’ eines Neubaus der Brücke infrage. Natürlich kennen wir die Bedeutung der A45, auch in Teilen für den sechsspurigen Ausbau. Wir schauen aber auf das ,Wie’.

...aber wenn die Betrachtung des „Wie“ jetzt Extrazeit kostet?

Das tut es überhaupt nicht. Die beste Verfahrensbeschleunigung ist eine gute Planung. In dem Verfahren, das jetzt ansteht, sind wir als Umweltverband nicht Teil des Problems, sondern der Lösung.

Das wird öffentlich so nicht wahrgenommen...

...stimmt aber tatsächlich. Sollte ein Erweiterungsneubau ohne UVP und Planfeststellung erfolgen, kann jeder Betroffene das gerichtlich prüfen lassen. Und ein Richter oder eine Richterin wird nur formal fragen, ob ein Planfeststellungsverfahren stattgefunden hat. Wenn nicht, ist erst einmal Schluss. Da kann jeder Klageberechtigte die Baustelle sofort stilllegen.

Die Frage zum Zeitfaktor haben Sie aber trotzdem nicht beantwortet...

Mache ich aber gerne und jetzt. Es gibt aus 2017 bereits umfangreiche Unterlagen zu den Planungen, um eine UVP durchzuführen. Ergänzungen können parallel erfolgen und ohne Zeitverlust. Und nur das schafft Rechtssicherheit.

Aber können diese Prüfung beziehungsweise die Ergebnisse nicht das Vorhaben blockieren?

Nochmal: Der Erweiterungsneubau steht für uns außer Frage. Das berührt die gesamte Region zwischen Haiger-Burbach und Westhofen. Aber das muss auch ökologisch so verträglich wie möglich erfolgen. Die Zerstörung von Wald, Wiesen, Pflanzen und Gewässern, die Vertreibung von Tieren, all das wird dann entsprechend bewertet und es werden Vorgaben gemacht, wie das einigermaßen ausgeglichen werden kann.

Aber da hat jetzt 50 Jahre die Brücke gestanden, jetzt wird sie etwas verbreitert neu gebaut. Muss man da tatsächlich um jede Fledermaus kämpfen? Um es überspitzt zu formulieren.

Darauf wollen wir gar nicht hinaus. Es geht um Ausgleichsmaßnahmen für einen massiven Eingriff in die Natur, der auch überhaupt nicht zu vermeiden ist bei einem solchen Bauwerk. Das ist mit den Baustraßen und Baustelleneinrichtungen heftiger als bei vielen Gewerbegebiete. Und noch ein Wort zum Ausgleich: Da muss ja nicht alles sofort hergestellt sein, bevor die Maßnahme anfängt, lediglich wenige wichtige CEF-Maßnahmen sollten sofort umgesetzt werden.

Also kein Abrücken von bestehenden Regelungen?

Das ist gar nicht nötig. Der Versuch, den Erweiterungsneubau als ,Vorhaben unwesentlicher Bedeutung’ einzustufen und damit die Regelungen zu unterlaufen, ist völlig abwegig. Die vielen Baustellen entlang der A45 sind nicht ,unwesentlich’. Sie sind das Gegenteil davon.

Und wenn sich der Gesetzgeber auf Bundesebene entschließt, das Verfahren neu zu ordnen – dann ohne UVP? Die Talbrücke Rahmede ist ja nicht die einzige Brücke, die abgängig ist.

Im Koalitionsvertrag der Ampel steht genau für solche Fälle, dass die Verfahren zwar beschleunigt werden sollen, aber eben mit UVP, und dass die Sicherstellung von Ausgleich und dem Schutz von Natur und Umwelt gewährleistet wird. Aber ich wiederhole mich an dieser Stelle gerne: Wir wollen damit nicht den Erweiterungsneubau verhindern und verzögern. Und es geht doch auch darum, die Fehler aus der Vergangenheit zu reparieren.

Das wären welche Fehler gewesen?

Über Jahrzehnte haben bayerische Verkehrsminister das Geld nach Bayern gelenkt. Und die Brosamen, die für NRW übrig waren, sind nicht in den Erhalt der Substanz der Fernstraßen, sondern in Neubau geflossen. Dass die Frage nach Verantwortlichkeiten nicht viel mehr diskutiert wird, das ist der eigentliche Skandal! Wer hat 2017 die Brücke in der Priorität zur Sanierung zurückgestuft? Und mit welcher Begründung? Und wer übernimmt dafür die fachliche und politische Verantwortung? Und trotzdem, jetzt ist das Kind im Brunnen und es muss so schnell und sicher wie möglich gerettet werden.

Sie sind nicht der Erste, der die Frage nach Rettungsmaßnahmen stellt...

...natürlich nicht. Aber es gibt doch aktuelle Erfahrungen, wie man schnell und unbürokratisch helfen kann – wir hatten doch die Corona-Jahre und die Flut. Man kann den Betroffenen und Unternehmen helfen mit der Verlängerung des Kurzarbeitergeldes und einem direkten Ausgleich, zum Beispiel Investitionshilfen für die Zukunft.

Und wer soll das bezahlen?

Da müssen Bund und das Land NRW eben die Prioritäten eben anders setzen und Mittel entsprechend bereitstellen. Das könnte ähnlich wie bei einer Regionale mit entsprechender Priorisierung erfolgen und sollte dann nicht nur für Betroffene und Unternehmen gelten, sondern auch genauso für Kommunen.

Das heißt, Hilfe nicht allein in Lüdenscheid?

Genau. Das gilt für das gesamte Umfeld, das ja mehr oder weniger stark betroffen ist. Die Volme- und die Lenneschiene sehe ich auf jeden Fall massiv berührt. Den Städten und Gemeinden, die jetzt unter den Ausweichverkehren leiden, muss beim Infrastrukturgehalt wesentlich mehr geholfen werden als bisher...

...damit der Verkehr wieder rollen kann im Volme- und im Lennetal?

Zum Erhalt der Infrastruktur ja, für sinnlose Neubauprojekte wie die A46/B7n oder die B54n mit Sicherheit nicht. Wir sind als BUND gerne bereit, an einem zukunftsgerichteten, klimaneutralen Mobilitätskonzept für Südwestfalen mit zu arbeiten. Und viele Unternehmen sehen ja längst auch selbst die Notwendigkeit, nicht mehr „just-in-time“ mit unendlich vielen Lkw mehrfach durch ganz Europa hin und her zu fahren.Das können wir uns in der Klimakrise nicht mehr leisten. Die Produkte müssen wieder hier in der Region selbst produziert werden, schon allein für den Nachweis, dass sie klimaneutral produziert wurden und auch, weil sie in absehbarer Zukunft nur mit diesem Nachweis noch weltweit vermarktet werden können.

Klaus Brunsmeier, Vorstand des BUND NRW.
Klaus Brunsmeier, Vorstand des BUND NRW. © Hesse, Florian

Auch interessant

Kommentare