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„Es herrscht viel Unverständnis für die Regelungen“: Corona hält die Turbo-Schnecken weiter auf Trab

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Von: Thomas Machatzke

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Die Heimat der Turbo-Schnecken: Das Schneckenhaus. © Cedric Nougrigat

Vor einem Jahr waren die Geräte im Schneckenhaus verwaist, die Hallen leer. Kein Fitnesstraining, keine Kurse. Kompletter Lockdown. Im Januar 2022 ist das anders. Es darf trainiert werden. Deshalb ist aber nicht alles gut, auch nicht für den größten Sportverein in Lüdenscheid, die Turbo-Schnecken.

Lüdenscheid - Im Gespräch mit Sportredakteur Thomas Machatzke schauen die Vereinsvorsitzende Brigitte Klein und Saskia Zilinski, Ressortleiterin Schneckenhaus, auf den sportlichen Alltag bei den Turbo-Schnecken im ersten Pandemiemonat des neuen Jahres.

Saskia Zilinski, Brigitte Klein, Corona hält die Turbo-Schnecken weiter auf Trab. Wie kommt der Verein klar mit den Auflagen und Verordnungen?

Klein: Es ist ja nun die dritte Verordnung in drei Wochen. Langsam steigt da keiner mehr durch. Ich weiß nicht, ob sich die Leute Gedanken machen, was das für ein Arbeitsaufwand für uns ist. Meine Mitarbeiter beschäftigen sich nur noch mit Corona und den ganzen Nachweisen, kommen gar nicht mehr zur normalen Arbeit.

Wo müssen Sie mit der neuen Verordnung denn nun noch weiter nachbessern? Was macht es so schwierig?

Zilinski: Wir müssen nun schauen, ob unsere Sportler geboostert sind. Das dürfen wir bei allen nachprüfen. Bei einigen ist die Impfung schon hinterlegt bei uns im System, aber als das begonnen hat, haben wir nicht gewusst, dass zwischen Boostern und einer normalen Impfung differenziert wird. Das müssen wir nun alles aufarbeiten. Es ist halt ein sehr hoher Aufwand. Wir machen fast nichts anderes.

Wie reagieren die Leute? Sind sie geduldig?

Zilinski: Es herrscht viel Unverständnis für die Regelungen, allerdings nicht für unsere Arbeit. Viele sagen: Okay, ihr macht auch nur euren Job! Sie sind froh, dass der Verein offen ist, dass sie zum Sport kommen können. Das ist natürlich eine enorme Verbesserung im Vergleich zum letzten Jahr. Uns gegenüber sind alle freundlich und verständnisvoll, auch wenn wir das dritte Mal nach einer Boosterimpfung fragen. Die meisten sind auch sehr froh, dass der Booster nun ausreicht, dass sie nicht mehr vor jedem Training getestet werden müssen.

Wie ist die Resonanz generell? Normal?

Zilinski: Jetzt ist sie wieder deutlich besser als in der vergangenen Woche. Als wir Tests einfordern mussten, sind viele Sportler nicht gekommen. Jetzt ist es wieder so wie vor Weihnachten. Natürlich gibt es noch Mitglieder, die Respekt vor den hohen Corona-Zahlen haben. Aber weitestgehend ist es normal.
Klein: Es gibt Mitglieder, die lesen weder die Zeitung noch sind sie im Internet unterwegs. Gerade die ältere Generation und teilweise auch die, die mit dem Bus zu uns kommen. Die wussten teilweise von nichts und kamen ohne Test. Die mussten wir dann wieder nach Hause schicken. Das ist dann sehr schade. Mit dem Booster-Nachweis ist es besser.

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Brigitte Klein. © Zacharias, Frank

Aber es kann ja noch immer passieren, wenn nun einer nicht geboostert ist…

Zilinski: Da haben wir in der Tat ganz wenige, gerade bei Älteren sind die meisten geboostert. Ein Problem ist da eher schon, dass die Leute den Nachweis nicht dabei haben. Die kommen dann und sagen: Ich bin doch geboostert, der Nachweis liegt zu Hause. Dann sagen wir: Das müssen wir einmal sehen. Danach ist es ja im System hinterlegt. Aber wenn der Nachweis beim ersten Mal fehlt, müssen wir diese Sportler dann auch knallhart nach Hause schicken.
Klein: Es ist ja nicht so, dass nur zehn oder 20 Leute kommen. Wenn um 15 Uhr in den drei Hallen Kurse stattfinden, sind allein da zehn bis 15 Sportler pro Kurs. Dazu die Studio-Besucher. Da kommt man am Empfang nicht mehr zum Telefonieren.

Seit Anfang des Jahres schon mehr als 400 Nachweise eingepflegt

Wie viele Sportler sind es am Tag?

Zilinski: Wir haben seit Anfang des Jahres schon mehr als 400 Nachweise eingepflegt.
Klein: Wenn ich mir den Montag in dieser Woche anschaue, dann werden es wohl 100 Aktive gewesen sein, zu Stoßzeiten 60 Sportler pro Stunde. Wir haben nun extra eine Aushilfe eingestellt, denn mit dem normalen Personal kommen wir nicht mehr zurecht. In den Stoßzeiten arbeiten wir am Empfang zu zweit. Die Mitglieder wollen schnell zum Sport, kommen teilweise auf den letzten Drücker. Als noch alles mit Test lief, haben Leute teilweise 45 Minuten vor der Tür gestanden, weil sie auf ihr frisches Testergebnis gewartet haben. Da sind die Mitglieder sauer, sie kommen direkt von der Firma und müssen erst mal warten. Das ist alles unbefriedigend. Aber es ist trotzdem gut, dass wir Sport machen können, dass es kein harter Lockdown ist.
Zilinski: Was auch ein Problem ist: Wir haben nun verschiedene Corona-Verordnungen, und in jeder steht etwas anderes drin, wer teilnehmen darf.
Klein: Ja, da gibt es unterschiedliche Ausführungen. Das verstehe ich nun gar nicht, das muss doch ganz klar in einer Grafik publik gemacht werden.

Verschiedene Auslegungen? Von wem?

Zilinski: Auf der Seite des Landessportbundes gibt es im Moment zum Beispiel eine Info-Grafik, bei der wir uns relativ sicher sind, dass das gar nicht stimmen kann, weil da auch draufsteht, dass Ungeimpfte mit Test kommen dürfen. Das ist schlichtweg nicht so. Vom Ordnungsamt haben wir ein Infoschreiben bekommen, in dem steht, dass ohne Test nur Genesene kommen dürfen, die vorher immunisiert waren. Das steht in der Verordnung aber auch anders. Es ist für uns super schwer nachvollziehbar.

Was machen Sie in solch einem Fall?

Zilinski: Ich habe beim Ordnungsamt nachgefragt, ob es eine einfache Methode gibt zu sehen, ob jemand geboostert ist. Die gibt es tatsächlich nicht. Die dafür vorgesehene App hat diese Funktion nicht. Bei allen, bei denen etwas Außergewöhnliches ist, bei denen also nicht „drei von drei Impfungen“ steht, muss man sich den Genesenen-Nachweis zeigen lassen oder den Impfpass, in dem dann möglicherweise steht, dass man mit Johnson & Johnson geimpft wurde. Die Sonderfälle machen es extrem aufwändig und schwierig. Der eine war geimpft, dann erkrankt und noch mal geimpft. Das kriegt die App nicht hin. Es ist schon alles merkwürdig.
Klein: Da müssen so viele Zeiträume geprüft werden, wann wer wie geimpft worden ist. Das ist eigentlich gar nicht zumutbar. Auf der Homepage eines anderen Vereins habe ich gesehen, dass dort die neue Verordnung draufgestellt worden ist – mit dem Hinweis, dass die Mitarbeiter damit nun etwas mehr Zeit brauchen, um alles auszurechnen. Das war vielleicht ein bisschen witzig gemeint, aber es ist schon traurig. Es ist viel Arbeit für alle. Für die Vereine, die Fitness-Studios.
Zilinski: Auch für die Übungsleiter, die nicht hier im Schneckenhaus sind, sondern in einer anderen Halle. Die müssen sich jedes Mal die Nachweise zeigen lassen, weil sie bei einer Prüfung alles vor Ort haben müssen. Da kann ja nichts in einem System hinterlegt werden. Im Schneckenhaus ist es einfach, aber in den städtischen Hallen hat man den Aufwand jedes Mal.
Klein: Es müsste sich mal ein Politiker hier bei uns einen halben Tag hinsetzen, um mitzukriegen, wie die Abläufe ist. Gerade dann, wenn es noch mal eben kurz eine kleine Änderung gibt, die man berücksichtigen und umsetzen muss…

Da findet sich sicher ein Politiker, der sich das anschaut!

Klein: Immer gerne. Wir nehmen auch Herrn Wüst oder Herrn Lauterbach. Die kriegen auch einen Kaffee bei uns. Sie sind herzlich eingeladen.

Saskia Zilinski, Brigitte Klein, vielen Dank für das Gespräch!

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