Klimapolitik mit der Brechstange? Hofreiter rastet im Streit um Heizungen aus – „Absolute Frechheit“
Die Heizungspläne von Habeck sorgen in der Koalition für Zoff. Bei Markus Lanz reagiert Anton Hofreiter (Grüne) emotional – und attackiert SPD und FDP.
Hamburg – Man kann von Anton Hofreiter (Grüne) halten, was man möchte. Vielleicht stören sich manche an seinen langen Haaren, andere am bayerischen Dialekt oder an seiner Parteizugehörigkeit. Doch eines sollte klar sein: In Gesprächsrunden ist der promovierte Biologe stets ein Gewinn. „Toni“ liefert Argumente und steigert sich auf wunderbar authentische Weise in Diskussionen hinein. Hier sitzt kein Schauspieler, kein Taktiker, sondern ein Politiker, der im Streit gerne auch theatralisch wird.

Bei Markus Lanz: Anton Hofreiter wettert gegen Lindners FDP und verteidigt Habecks Heizungspläne
Hofreiter ist ein Mensch, der aus einer anderen Zeit zu stammen scheint. Die älteren Generationen politischer Beobachter schwärmen häufig von Debatten längst vergangener Tage, als Bundestagsreden – so die Saga – noch spannender waren als die Spielfilme im Fernsehen. Als in verbaler Hinsicht noch so richtig die Fetzen flogen. Helmut Schmidt, Franz-Josef Strauß, Herbert Wehner. Es scheint, als ob Hofreiter schon damals als Knirps in der Ecke gesessen, zugehört und gelernt hätte, um Jahrzehnte später wieder aufzuploppen. Am Dienstagabend zeigte er sein Können im ZDF-Talk von Markus Lanz.
Markus Lanz – Diese Gäste diskutieren am 21. März mit:
- Anton Hofreiter (Grüne) – Vorsitzender des Ausschusses für EU-Angelegenheiten
- Antje Höning – Journalistin („Rheinische Post“)
- Daniela Schwarzer – Politologin
- Florian Flade – Journalist (Recherchekooperation aus NDR, WDR und SZ)
Auch Moderator Markus Lanz macht keinen Hehl daraus, dass er Anton Hofreiter schätzt. Bei aufmerksamer Beobachtung auch daran zu erkennen, dass Lanz sich bei vielen Aussagen des Bajuwaren auf die Lippe beißt und die Mundwinkel nach oben zieht. Ob die Wertschätzung auf Gegenliebe beruht, ist nicht zu ermitteln. Jedenfalls geizt Hofreiter mit offenkundigen Sympathiebekundungen. Nicht nur gegenüber Lanz, sondern generell. Und so macht es den Eindruck, als würde dort der genervte Ur-Bayer sitzen, der stets stöhnend auf die Unwissenheit seiner Mitmenschen reagiert.
Hofreiter bei Lanz: Bei der FDP gibt es eine gewisse Panik nach den verlorenen Landtagswahlen
Doch zunächst musste Hofreiter sich, Robert Habeck und die Grünen verteidigen. Allem Anschein nach ist es die Absicht des Wirtschaftsministers Habeck, dass ab 2024 fast jeder Haushalt mit Wärmepumpen heizen soll. Die Frage nach den Kosten sorgt seit dem Bekanntwerden dieses Plans für Verunsicherung in der Bevölkerung.
Als Lanz wegen des Durchstechens dieser Informationen an die Öffentlichkeit von einem „Wärmepumpen-Gate“ spricht, rollt Hofreiter mit den Augen: „Wärmepumpen-Gate ist ein bisschen hochgegriffen.“ Angesprochen darauf, dass sich Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) skeptisch zu den Plänen Habecks äußert, fährt Hofreiter innerlich aus der Haut und sagt mit trotzigem Sarkasmus: „Bei der FDP gibt es eine gewisse Panik nach den verlorenen Landtagswahlen und den schlechten Umfragen. Ich glaube, da besteht die Hoffnung, durch klare Abgrenzung von unserer Klimapolitik, seine Wähler zurückzuholen. Ich glaube aber nicht, dass das funktioniert.“
Nachdem Lanz immer weiter bohrt, macht Hofreiter seinem Ärger Luft: „Ich weiß nicht, warum Sie immer versuchen, dieses Gesetz völlig anders darzustellen, als es bisher bekannt ist! Es ist einfach von irgendjemanden, wahrscheinlich aus der FDP oder SPD, durchgestochen worden, weil die Koalition gerade im Moment ein paar Schwierigkeiten hat.“
Journalistin Antje Höning zum Zoff um die Heizungen: „Sie machen Klimapolitik mit der Brechstange!“
Doch auch die Journalistin Antje Höning ist besorgt wegen der Pläne aus dem Wirtschaftsministerium. „Die Laufzeit von Wärmepumpen beträgt zehn bis 15 Monate. Das kostet 30.000 bis 40.000 Euro. Mit staatlichen Förderungen sind wir bei 25.000 Euro. Wer hat das, um eine Heizung einzubauen? Es hätte andere Wege gegeben, um den Gebäudesektor zum Klimaschutz zu bewegen. Sie gehen den völlig falschen Weg und viel sinnvoller wäre es, Anreize zu geben.“
Höning redet sich in Rage und richtet eine Forderung an den Grünen-Politiker: „Machen Sie nicht Klimapolitik gegen, sondern mit der Bevölkerung! Sie sollten die Bevölkerung mitnehmen und nicht mit Verboten finanziell überfordern. Sie machen Klimapolitik mit der Brechstange!“
Und Hofreiter, der gerade nach seinem Wasserglas greift, stellt es wieder ab und schaut erbost Höning an: „Es wird Härtefall-Regelungen und Unterstützung geben. Das ist eine Frechheit und ein unsauberer Vorwurf! Der Gesetzentwurf ist noch nicht mal fertig. Es ist extrem ärgerlich, dass er durchgestochen wurde. Wenn der Gesetzentwurf fertig ist, wird es nicht dazu kommen, dass Menschen ihr Haus verlieren. Es soll am Ende für die Verbraucher nicht teurer werden als die Gasheizung.“
Klima und Ukraine-Krieg bei Lanz: Ziemlich beste Freunde? Putin, Jinping und das 40. Mal
Doch es ging am Dienstagabend nicht nur um die Wärmepumpe. Zu dem jüngsten Treffen zwischen Wladimir Putin und Xi Jinping in Moskau verriet die Politologin Daniela Schwarzer, dass es mindestens das 40. Treffen zwischen den beiden gewesen sei. Sie verbinde nicht nur die Politik, sondern auch eine persönliche Beziehung. „China ist ohne Frage zu einer wichtigen Versorgungsquelle für Russland geworden“, sagt Schwarzer.
Der Reporter Florian Flade richtet seinen Blick nach Japan und sieht das Land der aufgehenden Sonne als Vorbild für Deutschland: „Dort hat man schon vor Jahren erkannt, dass man sich nicht abhängig machen darf und gegengesteuert.“
In Deutschland sei die Haltung dagegen jahrelang eine andere gewesen: „Vieles wurde in den letzten Jahren immer als Paranoia abgetan. Aber die Warnung von Experten war ja: Macht euch nicht abhängig. Und wir haben uns vor allem im Energiesektor abhängig gemacht.“
Das gelte auch für große Unternehmen wie BASF, IBM und VW, die teilweise ihre Verbindungen nach China sogar noch weiter ausbauen. Antje Höning ist sich sicher: „Wenn in China der Schalter umgelegt wird, geht in Wolfsburg das Licht zuerst aus.“
Markus Lanz – Das Fazit der Sendung:
Für den geneigten Zuschauer war die Runde bei Lanz am Dienstagabend ein kleines Highlight im Reigen der regelmäßigen Polit-Talkshows. Nicht nur die Emotion in der Runde, sondern auch der Gehalt war ein echter Mehrwert. Dass Hofreiter mit Antje Höning eine mutige Gegenspielerin erhielt, tat der Diskussion sehr gut. (Christoph Heuser)