Corona-Krise: Hunderttausende unterstützen Petition von Pflegekräften – Notstand droht

Es ist ein Aufruf an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und ganz Deutschland: In der Corona-Krise fehlen Pflegekräfte – eine Petition stellt klare Forderungen.
- Pflegekräfte wenden sich in der Corona-Krise mit einer Petition an Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU).
- Mehr als 315.000 Menschen unterschreiben den Aufruf, der auf einen Mangel an Pflegekräften aufmerksam machen soll.
- Eine Initiatorin warnt in Maybrit Illners ZDF-Talkshow vor einem Pflegenotstand.
Die Corona-Pandemie stellt das Gesundheitssystem in Deutschland auf eine harte Probe. Mittlerweile gibt es laut Robert-Koch-Institut (RKI) mehr als 42.000 bestätigte Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2* – täglich kommen mehrere Tausend dazu. Besonders betroffen von der medizinischen Ausnahmesituation sind Pflegekräfte, Krankenschwestern und Ärzte – sämtliche Mitarbeiter im Gesundheitssektor. Hunderttausende unterstützen nun eine Online-Petition und wenden sich damit an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn: Sie fürchten einen Pflegenotstand.
Mehr als 315.000 Menschen (Stand: 27.03.2020) haben die Change.org-Petition mit dem Titel „Corona-Krise: Gemeinsamer Aufruf von Pflegefachkräften an Jens Spahn!“ binnen weniger Tage unterschrieben. Im Text zur Petition schlagen die Verfasser Alarm: „In Italien fehlten Intensivkapazitäten und Pflegekräfte, bei uns fehlt nur Letzteres. Einen Unterschied macht das jedoch nicht, denn selbst bei vorhandenen Kapazitäten an Betten und Technik, wer pflegt denn die Patienten auf den Intensivstationen, wer bedient die Maschinen?“
Coronavirus löst Pflegenotstand aus: Petition an Jens Spahn
Am Donnerstag (26.03.2020) war eine der Initiatorinnen der Pflegekräfte-Petition Yvonne Falckner zu Gast in der ZDF-Polit-Talkshow von Maybrit Illner. „Kampf gegen Corona - genug Geld, genug Kraft, genug Zeit?“ lautete das Thema dort*, und es ging um Versäumnisse und Mängel, letztere vor allem an Material und Personal. Falckner – selbst Krankenschwester – beklagte sich darüber, dass die Zahl der Pflegekräfte in Deutschland in den vergangenen Jahren stetig abgenommen habe: Vor allem die miese Bezahlung habe die Menschen aus dem Job getrieben. In der aktuellen Corona-Krise sieht sie ihren Berufsstand als „Kanonenfutter“.
Für das medizinische Personal sei die Corona-Krise „eine große Herausforderung“, sagte der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft Gerald Gaß im ZDF-Fernsehen. Die Mitarbeiter müssten Überstunden machen und hätten teilweise freiwillig ihren Urlaub abgesagt. Zum Teil seien Kollegen wegen der Ausbreitung des Coronavirus Sars-CoV-2 aus dem Ruhestand zurückgekehrt, „um jetzt mit anzupacken in dieser wirklich besonderen Situation“. Um einem Pflegenotstand in der Corona-Krise entgegenzuwirken stellt die an Jens Spahn gerichtete Petition nun fünf Forderungen:
- Schutzmaterialien für Pflegekräfte sollen beschafft werden.
- Prüfungen von Pflegefällen sollen ausgesetzt werden.
- Pflegekräfte der dafür zuständigen Prüfbehörden sollen mobilisiert werden.
- Lohn-Aufschläge für die Belastungen in der Corona-Notlage werden gefordert.
- Ein erhöhtes Einstiegsgehalt von 4000 Euro für Pflegekräfte.
Coronavirus löst Pflegenotstand aus: „Bessere Löhne verdient“
Den letzten Punkt greifen einzelne Politiker bereits auf: Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat Lohnerhöhungen für bestimmte Berufstätige wie Kassiererinnen oder Pfleger gefordert, die in der Corona-Krise besonders strapaziert sind. „Wir sehen gerade unglaublich viele Heldinnen und Helden des Alltags“, sagte Heil den Zeitungen der Funke Mediengruppe am Mittwoch (25.03.2020). Diese Menschen hätten „nicht nur warme Worte, sondern langfristig auch bessere Löhne verdient“.
Auch die Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Amira Mohamed Ali, hat sich für einen Zuschlag von 500 Euro monatlich für Berufe ausgesprochen, die in der Corona-Krise systemrelevant sind. Sie nannte Menschen im Gesundheitswesen, im Einzelhandel oder Berufskraftfahrer.
Coronavirus löst Pflegenotstand aus: Pflegekräfte fehlen
Vollzeit beschäftigte Fachkräfte in Krankenhäusern, die in der derzeitigen Corona-Krise als systemrelevant gelten, haben 2019 im Schnitt 3502 Euro brutto im Monat verdient. Altenpfleger kamen auf 3116 Euro, wie das Statistische Bundesamt am Freitag auf Basis einer vierteljährlichen Verdiensterhebung mitteilte.
Auch der häuslichen Versorgung droht ein Pflegenotstand: Der Wegfall osteuropäischer Pflegekräfte in der Corona-Krise führt nach Angaben von Verbänden zu dramatischen Engpässen in der häuslichen Pflege. „Aus Angst vor dem Coronavirus verlassen viele Betreuungskräfte Deutschland, neue kommen kaum nach“", erklärte der Sozialverband VdK am Dienstag in Berlin. Ähnlich problematisch werde es für die Familien, wenn die professionelle ambulante Pflege wegbreche. Alten- und Pflegeheime seien voll.
jjm/dpa/afp
Mindestens 100 Deutsche sitzen wegen der Corona-Pandemie in Pakistan fest*. Die Rückholaktion des Auswärtigen Amtes berücksichtigt noch längst nicht alle Staaten. In Frankfurt wird der Fachkräftemangel durch Corona zunehmend zur Bedrohung.*
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