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Bundeswehr-Kampagne erntet Shitstorm - Handwerk beschwert sich in Brief bei von der Leyen

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Von: Marc Dimitriu

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Bundeswehr-Werbung in der Kritik.
Bundeswehr-Werbung in der Kritik. © dpa / Robert Michael

Die Bundeswehr sucht nach neuen Handwerkern - „Gas, Wasser, Schießen“ steht auf ihrem Plakat. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks empfindet die Kampagne als „niveaulos“.

Update vom 24. Juni 2019: Der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), Hans Peter Wollseifer, hat die aktuelle Werbekampagne der Bundeswehr scharf kritisiert. Diese hat den Slogan „Gas, Wasser, Schießen“. Damit sucht die Bundeswehr vor allem Handwerker. 

„Diese Bundeswehr-Kampagne empfinden wir schon als Geringschätzung gegenüber dem Handwerk. Der Werbespruch ist - finde jedenfalls ich - niveaulos“, sagte Wollseifer den Zeitungen der Funke-Mediengruppe am Montag. „Das gehört sich einfach nicht.“

Dass gerade die Bundeswehr, die schon genügend Fachkräfte aus dem Handwerk bekomme, „uns jetzt mit einer derart offensiven Abwerbekampagne das Leben schwer machen will, ist schon bemerkenswert“, so Wollseifer weiter. Er habe Verteidigungsministerin von der Leyen deshalb einen Brief geschrieben.

Aufregung um neues Werbeplakat der Bundeswehr: Gas, Wasser, Schießen

Update vom 05. Juni 2019, 14:08 Uhr: Schon im April sorgte die Plakatwerbung der Bundeswehr für großes Aufsehen: Nach ihrer Anspielung auf den drohenden Stellenabbau bei Ford (“Job Ford?“) hagelte es an Kritik - Jetzt kommt die Fortsetzung:

Auf Twitter wurde das neue Plakat der Bundeswehr entrüstet hochgeladen („Die meinen das scheinbar ernst!“) - und sorgte bereits für mehr als 2.500 Likes. Die Aufregung zieht sich durch die Twitterlandschaft:

Das Plakat sollte dazu animieren, sich als Handwerker bei der Bundeswehr zu bewerben. Für Aufmerksamkeit sorgte die Werbung damit ohne Zweifel, doch die Resonanz fiel überwiegend negativ aus. Viele Twitternutzer sind entsetzt, darunter auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach.

Lauterbach: Bundeswehr weckt Assoziation zum Gaskrieg

Die Werbeaktion erreichte sogar den bekannten SPD-Politiker Lauterbach, der sich der negativen Resonanz mehr als nur anschließen konnte: „Unglaublich, wie dumm und peinlich die Bundeswehr-Werbung schon wieder ist. Hoffentlich ist die Ausbildung besser“, veröffentlicht der Abgeordnete einige Stunden später.

Mit diesem provokanten Tweet fand Lauterbach klare Worte, die bei seinen Followern zu einer hitzigen Diskussion führten. 

Nach Bundeswehr-Kritik: Lauterbach wird im Netz heftig konfrontiert

Die Kritik am Bundeswehr-Plakat traf nicht nur auf Zuspruch: Viele Kommentare griffen den Politiker persönlich an und warfen ihm vor, seine Assoziation zum Gaskrieg sei aus der Luft gegriffen:

Scheinbar spaltet das Bundeswehr-Plakat die Meinungen: Die einen sehen dies als eine scharfe Anspielung auf Kriegsereignisse, die anderen verteidigen das Plakat und erachten derartige Kritik an der Kampagne eher als übertrieben.

Ob mit diesem Plakat im Endeffekt tatsächlich neue Handwerker angelockt werden können, bleibt fragwürdig. Für großes Aufsehen in der Öffentlichkeit hat die Werbeaktion jedoch in jedem Fall gesorgt.

Auch interessant: Die Anschuldigungen gegen Angehörige der Bundeswehr in Altenstadt klingen dramatisch: Flugzeuge für die Fallschirmspringer sollen zu teuer angemietet worden sein.

Mitarbeiter der Bundeswehr sollen Ausgleichszahlungen für den Wegfall von Dienstwagen bekommen haben - und sich dennoch unerlaubt an einem Carsharing Modell ihres Dienstherren bedient haben.*

Felix Molchanov

Heftige Kritik: Ford-Betriebsrat außer sich wegen Bundeswehr-Werbung: „Respektlos“

Erstmeldung vom 4. April - Köln - Der Betriebsrat von Ford Europa kritisiert die Bundeswehr für ihre Werbeanzeige in einer Kölner Zeitung. Das Heer spielt damit auf den drohenden Stellenabbau im Kölner Autowerk an, darüber berichten mehrere Medien. Auf der Titelseite der Boulevardzeitung ist eine große Anzeige mit dem Text „Job Fort? Mach, was wirklich zählt“ abgedruckt. Das Wort Fort wurde wie das „Ford-Logo“ designt. 

Video: Zulässige Frisuren bei der Bundeswehr

Ford-Betriebsrat außer sich wegen Bundeswehr-Werbung

Martin Hennig, Betriebsratschef von Ford Europa, ist der Meinung, die Anzeige sei absolut unangemessen und respektlos. Er finde es erschreckend, dass eine staatliche Organisation das nötig habe: „Die Bundeswehr instrumentalisiert auf geschmacklose Weise Schicksale für Werbezwecke.“

Grünen-Politiker Tobias Lindner sagte dem Spiegel: „Diese Art von Werbung ist geschmacklos, fast makaber.“ Er fordert von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen die Kampagne zurückzuziehen.

Lesen Sie auch: Kritik von Ex-Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung „Guttenberg hat die Bundeswehr zerstört“

Auch bei VW gibt es unangemessene Bundeswehr-Werbung

Eine Sprecherin des Bundesverteidigungsministeriums erklärte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, dass man niemanden beleidigen wolle: „Die Bundeswehr will Menschen, die von Stellenabbau betroffen sind, eine berufliche Perspektive in Uniform oder in unserem zivilen Bereich anbieten.“ Die Sprecherin machte auch darauf aufmerksam, dass die Bundeswehr auch in Wolfsburg vor dem VW-Werk geworben hätte. Dort stand der Spruch „Einen Job fürs Volk wagen" auf einem Plakat.

In den Ford-Werken in Köln und in Saarlouis sollen in naher Zukunft 5.400 Stellen über Abfindungen und Frühverrentungen wegfallen. Auch Leiharbeiter sollen von dem Sparkurs betroffen sein.

Auch interessant: „Schlechtester Zustand seit 1990“ und „Bürokratiemonster“: Bundeswehr bringt Leyen unter Druck

Kürzlich kam es zu einem schweren Zwischenfall, bei dem zwei Eurofighter der Bundeswehr verunglückten. Und es war nicht das einzige Bundeswehr-Unglück: In Niedersachsen stürzte ein Hubschrauber ab, die Pilotin kam ums Leben. Ursula von der Leyen könnte unterdessen das Verteidigungsministerium hinter sich lassen und in die Europa-Politik wechseln.

Ein Mann in Niedersachsen hat einen scheinbar verlassenen Raketenwerfer am Straßenrand entdeckt - doch er ahnt nicht, dass er die ganze Zeit beobachtet wird.

In einer neuen Version des Brettspielklassikers „Monopoly“ werden Frauen bevorzugt behandelt. Dafür erntet das Unternehmen einen Shitstorm, hinter dem die eigentliche Botschaft verloren geht. In sozialen Medien sorgt ein Wahlplakat zur Kommunalwahl für Aufsehen. Die Junge Union wollte einen „Eyecatcher erzeugen“ - und kassierte stattdessen einen Shitstorm. Ein unerwartetes Comeback gibt es im Sommer 2020: Die Rückkehr der Wehrpflicht wird debattiert.

md 

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