1. come-on.de
  2. Nordrhein-Westfalen

„Egoistisches Verhalten“: Autofahrer verursachen Staus durch eigene Fehler

Erstellt:

Von: Hannah Decke

Kommentare

Stau-Land Nummer eins ist und bleibt NRW. Die Gründe sind vielfältig, nicht selten ist auch das Verhalten von Autofahrern das Problem. Was falsch gemacht wird.

Hamm - 213.000 Kilometer — das ist die Länge aller Staus, die es im Jahr 2022 in Nordrhein-Westfalen gab. Und damit führt das bevölkerungsreichste Bundesland die Verkehrsstatistik des ADAC an. In keinem anderen Land standen die Auto- und Lkw-Fahrer öfter im Stau. Baustellen, Unfälle, volle Straßen: Die Gründe für die enorme Menge an Staus in NRW sind vielfältig. In der Regel können die Verkehrsteilnehmer nichts dafür. Aber nicht selten trägt auch das Verhalten von Autofahrern dazu bei, dass der Verkehr auf der Autobahn zum Erliegen kommt.

Der ADAC hat im Jahr 2022 fast 160.000 Staus auf den Autobahnen in NRW gezählt. Eine Zahl, die deutlich macht, wie viel Geduld Auto- und Lkw-Fahrer tagtäglich haben müssen, wenn sie hierzulande unterwegs sind. Aber es sind auch manchmal die Verkehrsteilnehmer selbst, die einen Stau verursachen.

„Egoistisches Verhalten“: Wie Autofahrer durch Fehler Staus verursachen

Laut Stauforscher Professor Michael Schreckenberg von der Uni Duisburg-Essen sind 10 bis 20 Prozent der Staus auf menschliches Fehlverhalten zurückzuführen. „Wenn man in ein Auto steigt, wird man erstmal ein anderer“, erklärt der Verkehrsexperte im Gespräch mit wa.de. Dies sei bereits in mehreren Studien untersucht worden.

Der Hintergrund: „Man fühlt sich im Auto sehr schnell benachteiligt und versucht das durch egoistisches Verhalten in irgendeiner Form auszumerzen“, so Schreckenberg. So würden Autofahrer zum Beispiel das Gefühl haben, von mehr Fahrzeugen überholt zu werden als sie selber überholen. „Das führt zu diesem unsäglichen Spurwechsel.“

„Beim Spurwechsel kann man am meisten falsch machen“

Hier sieht auch Till Westermann, Sprecher beim ADAC Westfalen, den Hauptgrund für sogenannte Phantomstaus — also Staus, die aus dem Nichts entstehen. „Beim Spurwechsel kann man am meisten falsch machen“, so Westermann im Gespräch mit wa.de.

Ein ständiger Spurwechsel kombiniert mit extremen Geschwindigkeitsunterschieden löse eine Kettenreaktion aus. Muss ein Autofahrer auf der linken Spur abrupt abbremsen, weil ein Fahrzeug mit deutlich geringerer Geschwindigkeit plötzlich vor ihn zieht, müssen auch alle anderen nachfolgenden Autos abbremsen. Der Verkehr staut sich.

Verkehrsexperten sprechen in solchen Fällen auch von Stauwellen, also zähfließender Verkehr, der mit einer Geschwindigkeit von 12 bis 15 Kilometern pro Stunde nach hinten weg fließt, erklärt Professor Schreckenberg. „Autofahrer denken aber immer nur nach vorne“, so der Stauforscher. Was etwa nach einem Spurwechsel hinter ihnen passiert oder passieren könnte, würden sie nicht mitkriegen.

Fehler von Autofahrern verursachen Staus — „unstetes Verhalten“ ist das Problem

Als „Massenphänomen“ könnte man laut Schreckenberg das Verhalten vieler Autofahrer bezeichnen, die sich auf der Autobahn immer wieder in Lücken quetschen, die eigentlich als Sicherheitsabstand dienen. „Ein Unding“, so der Stauforscher. Aber: „Den Leuten ist in den meisten Fällen gar nicht bewusst, was sie da machen.“

Auch beim Einfädeln in den Verkehr auf einer Autobahn machen viele Autofahrer Fehler. „Man sollte sich harmonisch und flüssig in den Verkehr einfügen“, rät Professor Schreckenberg. Ein „unstetes Verhalten“, also Vollgas geben und dann plötzlich abbremsen, wenn man sich eingefädelt hat, würde den Verkehrsfluss behindern. So sieht es auch Till Westermann. „Auch beim Einfädeln sollten Autofahrer auf die Geschwindigkeit achten“, so der ADAC-Sprecher.

Und: Fährt ein Verkehrsteilnehmer auf eine Autobahn auf, auf der sich der Verkehr bereits staut, sollte unbedingt das Reißverschlussverfahren korrekt angewendet werden. „An allen vorbeifahren bis vorne, irgendwann muss einer einen reinlassen“, so Westermann. Dies sei kein Vordrängeln. Er resümiert: „Die wenigsten Staus würden entstehen, wenn man sich an alles halten würde, was man mal gelernt hat.“

Laut Professor Michael Schreckenberg könnten viele Staus verhindert werden, wenn sich Autofahrer kooperativer verhalten würden. Der Stauforscher rät: „Einmal sich selber einen Spiegel vorhalten und das eigene Verhalten reflektieren.“

Do‘s und Don‘ts im Stau — ADAC gibt Tipps

Vor allem die Rettungsgasse ist immens wichtig, wenn sich auf einer Autobahn ein Stau bildet. Grund ist zwar nicht immer ein Unfall, aber wenn es doch einen gab, brauchen die Rettungskräfte Platz. So wurde etwa im vergangenen Sommer auf der A44 eine so „miserabel“ Rettungsgasse gebildet, dass die Feuerwehr zum Unfall laufen musste.

Auch interessant

Kommentare