Dass die CDU nach der Regierungsübernahme 2017 ein Heimatministerium ins Leben rief, war keine Schnapsidee. Dahinter steckte Kalkül. „Gerade die CDU gibt sich gerne als einzig legitime Vertreterin ländlicher Gebiete“, sagt André Stinka. Dass den SPD-Vize-Fraktionschef das ärgert, muss man nicht extra erwähnen. Doch dass da was dran ist, bestätigte in dieser Woche unfreiwillig die sozialdemokratische Gemeinschaft für Kommunalpolitik in NRW.
Mehrere Großstädte in NRW, unter ihnen Bonn, Dortmund, Köln, Düsseldorf und Münster, werden Verfassungsbeschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof in Münster erheben. Sie beklagen, dass ihnen das Land künftig Gelder in Millionenhöhe entziehe. Es geht um das von CDU und FDP beschlossene Gemeindefinanzierungsgesetz. Die großen Städte sollen im Verhältnis weniger Geld aus dem Steuertopf des Landes bekommen als kleinere Städte. Der Vorsitzende der SPD-Kommunalpolitiker, Gelsenkirchens langjähriger Oberbürgermeister Frank Baranowski, spricht von Willkür. „Das Land legt die Axt an die Stabilität großer Städte.“ Verantwortlich seien Ministerpräsident Wüst und Kommunalministerin Ina Scharrenbach.
Die CDU weiß eben, was sie ihren Wählern schuldig ist. Unter der Überschrift „50 Millionen Euro für ein starkes Brauchtum auch in der Krise“ feierte die CDU-Landtagsfraktion diese Woche ein Corona-Förderpaket für Ehrenamtliche in Vereinen und das Brauchtum, speziell den Karneval. Der Koalitionspartner FDP mit Spitzenkandidat Joachim Stamp will nicht außen vor bleiben – und auch was vom heimatlichen Kuchen abhaben.
Die Koalition aus CDU und FDP habe seit Regierungsübernahme 2017 den ländlichen Raum massiv gestärkt und Entwicklungsmöglichkeiten eröffnet, reagierte der Landwirtschaftssprecher der liberalen Fraktion, Markus Diekhoff, auf die SPD. „Glasfaser gibt es jetzt bis zur letzten Milchkanne“, teilte Diekhoff mit. Er muss es wissen – als Abgeordneter aus dem Kreis Warendorf.
Aber zurück zur SPD. Die kritisiert, dass die Landesregierung vor allem Politik für den ländlichen Raum mit Blick auf die Interessen der Landwirtschaft mache. Dabei gebe es unterschiedliche Typen ländlicher Räume – von sehr ländlich mit guter sozioökonomischer Lage bis hin zu eher ländlich mit weniger guter sozioökonomische Lage. Die SPD will das „wirtschaftlich enorme Potential“ des ländlichen Raums heben, unter anderem mit einem Fachkräfteprogramm und der Vernetzung zwischen Hochschulen und Unternehmen auf dem Land. Zudem versprechen die Genossen mehr ÖPNV, mehr Hausärzten und attraktive Dorfkerne. Wahlkampf eben.
Selbst die Grünen mit Spitzenkandidatin Mona Neubaur haben den ländlichen Raum für sich entdeckt. Bereits im vergangenen Jahr gab der Parteitag den Startschuss für den Masterplan „Zukunft ländlicher Raum 4.0“. Das Ziel: Gleichwertige Lebensverhältnisse statt Landflucht. Ob dieser „local green deal“, also der grüne Deal vor Ort auf dem politisch eher schwarzen Land ankommt, wird sich am 15. Mai zeigen.
Laut Prognosen zur Wahl kommt es bei der Landtagswahl in NRW (Termin der Wahl: 15. Mai) zum Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CDU und SPD. Die Kandidaten der beiden Parteien liegen nahezu gleichauf.