Für viele Menschen ist dieser Vertrag gleichbedeutend mit einem Arbeitsvertrag. Denn CDU und Grüne wollen nicht nur 10.000 zusätzliche Lehrer und jährlich 3000 Polizisten einstellen. Für die ambitionierte Klimaschutzpolitik wird reichlich Personal benötigt – unter anderem in den Planungs- und Genehmigungsbehörden, für ein Kompetenzzentrum Wärmewende und – ja, der Koalitionsvertrag wurde auf vielen Seiten mit grüner Tinte geschrieben – ein waldökologisches Hochschulinstitut.
CDU und Grüne benennen in ihrem Koalitionsvertrag für NRW viele konkrete Ziele und Pläne. Manches soll im Grunde schon morgen umgesetzt werden, wir zitieren Beispiele: Klimaschutz-Sofortprogramm, Sofortprogramm zur Unterstützung der bäuerlichen Familienbetriebe, Sofortprogramm zur Förderung tierfreundlicher Außenklimaställe und Sofortprogramm zur Strukturunterstützung der Forstbetriebsgemeinschaften.
Die Aufzählung zeigt: Auch mit den Großstadt-Grünen im Schlepptau meinen es die Christdemokraten gut mit dem ländlichen Raum. Hier wird schließlich CDU gewählt. So dürfte der schönste Satz im Vertrag wohl aus der Feder eines CDU-Verhandlungsführers stammen: „Der ländliche Raum ist Heimat und ökonomischer, ökologischer wie sozialer Grundpfeiler unseres Landes.“ Seufz! Damit das so bleibt, wird die von der Vorgängerregierung initiierte Heimatförderung fortgesetzt. Der Spott der Grünen für Ina Scharrenbachs Heimatpolitik in den vergangen Jahren ist Kritik von gestern.
Die CDU darf weiter ihre Heimatschecks unters Volk bringen, die Grünen dürfen Umweltschecks an Bürger und Vereine für Projekte zur Förderung der Artenvielfalt ausstellen. Es wächst zusammen, was zusammengehört. Sonst hätten ja nicht 99,3 Prozent des CDU-Parteitages für die Koalition gestimmt. Kleiner Scherz. Die CDU würde mit (fast) jedem regieren. Hauptsache, sie regiert.
Überall dort, wo man jetzt nicht auf einen gemeinsamen Nenner kam, will man prüfen und evaluieren. Beispiele sind das Versammlungsgesetz und das „Distanz-elektroimpulsgerät“, besser bekannt als Taser, für die Polizei. Wird ein Problem umschifft, indem man es in die Zukunft verlagert, nutzt man in der Politik solche Art der Formulierung: „Eine Strategie zur Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln soll entwickelt werden.“
Schwarz-Grün will die Kirche im Dorf lassen. Wenn auch nicht zwingend als Gotteshaus. Auf Seite 117 im Koalitionsvertrag steht unter dem Kapitel „Denkmalschutz und Denkmalpflege“: „Kirchen als stadtbildprägende Gebäude wollen wir weitestgehend erhalten und ihre Um- bzw. Neunutzung erleichtern.“ So etwas kommt dabei heraus, wenn man Gegensätze in ein Bündnis wirft.
Kurz noch was zur Seite 117: Die FDP-Spitzenkräfte (so was gab es mal in NRW) werden an dieser Stelle wehmütig an den 26. Juni 2017 zurückdenken. An diesem Tag unterschrieben Christian Lindner und Co. den schwarz-gelben Koalitionsvertrag an dessen Ende auf Seite 117. Das schwarz-grüne Werk hat knapp 30 Seiten mehr. Weil sich CDU und Grüne echt viel vorgenommen haben. Aber auch, weil viel Trennendes mühsam mit Worten irgendwie zusammengebracht werden musste.
Spielt bei Schwarz-Grün eigentlich Geld eine Rolle? Ein drittes beitragsfreies Kita-Jahr, ein Altschuldenfonds für Kommunen und 50 Prozent mehr für den Kulturetat – all das und noch viel mehr muss finanziert werden. „Mehrausgaben brauchen eine solide Gegenfinanzierung“ heißt es im Koalitionsvertrag.
Dann macht mal...