Tödliche Kanutour auf der Lenne: Überlebender zieht toten Begleiter an Land

Zwei junge Männer kenterten während einer Kanu-Fahrt auf der Lenne. Ein 27-Jähriger stirbt. Jetzt lässt sich nachzeichnen, wie sich das Unglück ereignete.
Altena/Nachrodt/Letmathe (NRW) – Sonntag am frühen Nachmittag stiegen am Altenaer Finanzamt am Winkelsen ein 32-Jähriger aus Moers mit seinem Hund und ein 27-Jähriger aus Hagen in ein zweisitziges Paddelboot – ein dunkelgrünes Bergans-Kanu – und fuhren die Lenne abwärts. Ein Auto ließen sie am Winkelsen stehen, dort ist die Lenne gut zugänglich für einen Kanustart. Bei einstelligen Luft- und Wassertemperaturen, bedecktem Himmel und einer starken Strömung fuhren die beiden Männer zunächst in Richtung Altenaer Innenstadt. Aufgrund der Ausrüstung der beiden kann man wohl davon ausgehen, dass es sich eher um eine Art Sonntagsausflug handelte. Beide saßen allerdings nicht zum ersten Mal in einem Kanu.
Ein erfahrener Kanu-Vereinssportler sprach später davon, dass solche Aktionen bei diesen Bedingungen aus Sicherheitsgründen besser mit vier Personen in zwei Booten stattfinden sollten.
Tödliche Kanutour auf der Lenne: Überlebender zieht toten Begleiter an Land
In Nachrodt mit seinen beiden Lenne-Wehren kam es abrupt zur Katastrophe: Im Bereich der Wehranlage Klingestraße und des Wehres im Bereich Lasbecker Brücke kenterte das Boot, beide Männer und der Hund wurden sofort abgetrieben. Die Lenne hatte dort eine Wassertiefe von 1,58 Metern und eine Wasserführung von 90 Kubikmetern pro Sekunde. Das berichtete Polizei-Pressesprecher Marcel Dilling auf Nachfrage.
Für einen der beiden offensichtlich etwas weniger Erfahrenen endete der Ausflug tödlich. Bei dem eiskalten Wasser hat ein Mensch trotz Schwimmweste nur eine relativ kurze Überlebenschance. Die Kälte hemmt die Bewegungsfähigkeit von Minute zu Minute, auch der Wille erlahmt rasch. In diesem Zustand wurden beide Gegen 15.19 Uhr im Bereich des Stenglingser Weges beziehungsweise der Altenaer Straße, etwa in Höhe des Werkes von Risse und Wilke, von Anwohnern beobachtet.
Kanu-Unglück auf der Lenne: Überlebender zieht Leblosen an Land
Die Iserlohner Feuerwehr und weitere Einsatzkräfte machten sich unverzüglich zur beschriebenen Stelle auf und fanden an der Altenaer Straße die Stelle, an der die Verunglückten das Ufer der Lenne zu erreichen versuchten. An der Stelle ist die Böschung zur Lenne etwa zehn Meter hoch. Der Überlebende hatte mit schwindenden Kräften versucht, seinen leblosen Kameraden in Richtung Ufer zu ziehen.
Ein zufällig anwesender Rettungssanitäter half der Feuerwehr bei der Reanimation des 27-Jährigen. Durch die Kräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst wurde die Reanimation fortgeführt. Trotz aller Bemühungen verstarb der Mann noch an der Einsatzstelle. Der 32-Jährige stand unter Schock und wurde ebenfalls durch Ersthelfer betreut. Er wurde vom Rettungsdienst in ein Iserlohner Krankenhaus transportiert, in dem es zunächst bis Montag stationär behandelt wurde.
Kanufahrer verunglückt auf der Lenne: Obduktion nicht angeordnet
Im Einsatz befanden sich die Berufsfeuerwehr Iserlohn mit dem Rüstzug sowie einem Mehrzweckfahrzeug und Rettungsboot, ein Rettungswagen und ein Notarzt. Zudem waren ein Rettungswagen aus Altena und der Notarzt aus Hemer zur Einsatzstelle alarmiert worden. Von der Freiwilligen Feuerwehr befanden sich die Löschgruppen Letmathe und Obergrüne mit im Einsatz. Für die Dauer des Einsatzes war die Bundesstraße B236 zwischen der Kreuzung An Pater und Nonne und dem Ortsausgang Nachrodt komplett gesperrt.

Seit Dienstag ist bekannt, dass die Staatsanwaltschaft keine Obduktion des Verstorbenen anordnen wird. Der beschlagnahmte Leihnacham wurde freigegeben.
Am Montagnachmittag hatten Polizeibeamte entlang der Lenne die frei zugänglichen Bereiche zwischen Nachrodt-Wiblingwerde und Hagen-Hohenlimburg abgesucht. Eine ursprünglich anberaumte Absuche mittels Polizeihubschrauber konnte aufgrund anderer dringender Einsätze sowie ungünstiger Witterungslage nicht erfolgen. Ein Hubschrauber-Einsatz sei gegenwärtig nicht mehr geplant, teilte die zuständige Kreispolizeibehörde am Dienstag mit.
Angehörige sucht in Facebook-Gruppe nach dem vermissten Hund
Derweil sucht eine junge Frau in einer Altenaer Facebook-Gruppe nach der verschwundenen Hündin. Die junge Frau scheint die Partnerin des 32-jährigen aus Moers zu sein, der mit dem Leben davon kam. Unmittelbar nachdem ihr Bekannter beinahe ums Leben und der sicher befreundete 27-jähriger Hagener ums Leben gekommen war, schrieb sie: „Unsere Hündin Mera ist nach einem schweren Unfall auf der Lenne im besten Fall entlaufen, möglicherweise aber auch ertrunken. Sie trägt ihre Rettungsjacke und könnte es ans Ufer geschafft haben. Sie ist gechippt und registriert. Braunes Fell, 43 cm, Australian Kelpie Mix. Wir hoffen sie lebt.“
Im Verlauf des Postings wird dann der Mann aus Moers genannt, der durch das Unglück einen Schock erlitten hat, im Krankenhaus in Behandlung ist und noch nicht von der Polizei vernommen werden konnte.
Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version haben wir einige unangebrachte Bewertungen in den Text einfließen lassen. Diese Passagen haben wir korrigiert. Wir bitten um Entschuldigung.