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Brücken-Desaster: Hat Wüst politisch Einfluss genommen? Vieles spricht dafür

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Von: Jan Schmitz

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Stolpert Ministerpräsident Hendrik Wüst über die einsturzgefährdete und inzwischen gesperrte Talbrücke Rahmede? Die Opposition verlangt Aufklärung, nachdem entscheidende Mails offenbar gelöscht worden waren.

Lüdenscheid – Ex-Verkehrsminister Hendrik Wüst inszenierte sich bei Amtsantritt als Macher, der die Probleme angeht. Eine Brücke, die erst nach zehn Jahren fertig wird, passte da nicht ins politische Kalkül, zumal wenn das Personal begrenzt ist und die Übertragung der Zuständigkeit an die neugegründete Autobahn GmbH kurz bevorstand. Dann klingt es plötzlich plausibel, dass die Neupriorisierung doch politisch beeinflusst wurde. Behält Wüst seine brüchige Verteidigungslinie bei? Eine Analyse.

Brücken-Desaster: Hat Wüst politisch Einfluss genommen? Vieles spricht dafür

Die Sperrung der Talbrücke Rahmede hat ein parlamentarisches Nachspiel. Nachdem die NRW-Staatskanzlei eingeräumt hatte, dass in der Sache E-Mails nicht mehr auffindbar seien, beantragten die Oppositionsfraktionen von SPD, FDP und AfD am Montag (23. Januar) eine Aktuelle Stunde.

Lüdenscheid Hendrik Wüst Besuch Ministerpräsident
Ministerpräsident Hendrik Wüst bei seinem zweiten Besuch in Lüdenscheid. © Cedric Nougrigat

Die SPD hatte gefordert, sämtliche Akten, Dokumente oder Informationen, die die A45 und die Talbrücke Rahmede betreffen, dem Parlament binnen 14 Tagen vorzulegen. „Die Vorgänge werden zu einem ernsthaften Glaubwürdigkeitsproblem für Ministerpräsident Wüst“, kritisierte der verkehrspolitische Sprecher der SPD, Gordan Dudas. Wüst habe noch im Wahlkampf beteuert, die Fehlentscheidung zur Verschiebung des Neubaus sei vor seiner Zeit als Verkehrsminister getroffen worden, sagt Dudas. „Nach der Wahl schob er dann die Schuld auf die Fachebene, als herauskam, dass die Entscheidung sehr wohl in seine Amtszeit fiel. Und jetzt also eine Affäre um gelöschte Mails. Die bisherige Verteidigungslinie von Hendrik Wüst bröckelt gewaltig“, sagt Dudas.

Nach Recherchen des Nachrichtenportals „t-online“ wurden sowohl vom Verkehrsministerium als auch von der Staatskanzlei Mails aus dem Frühjahr 2020 gelöscht und damit möglicherweise belastende Hinweise zur Rolle Wüsts und seines damaligen Büroleiters vernichtet. Das Onlineportal hatte über einen Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz Teile des Schriftverkehrs erhalten, die jedoch an brisanter Stelle abbrechen. Dennoch kam so unter anderem heraus, warum der Neubau der Talbrücke Rahmede in der Amtszeit Wüsts zurückgestellt worden war. Grund ist demnach, dass für den Ersatzneubau der Talbrücke doch ein Planfeststellungsverfahren erforderlich sein sollte. Der Baubeginn könne deshalb frühestens 2026 beginnen, heißt es in den Mails.

Brücken-Desaster: Behält Wüst seine brüchige Verteidigungslinie bei?

Aufgrund von Personalmangel beim damals zuständigen Baulastträger Straßen. NRW waren die Brückenbauwerke an der A45 neu priorisiert worden. Wüst war als NRW-Verkehrsminister mit dem Versprechen angetreten, mehr Tempo zu machen und mehr Geld in den Ersatzneubau von Brücken zu stecken. Gut möglich, dass ein besonders langwieriges Projekt wie die Talbrücke Rahmede da nicht ins politische Konzept passte und bei knappen Personalressourcen zugunsten eines rasch zu realisierenden Bauwerks zurückgestellt wurde.

Aus heutiger Sicht überraschend ist die Einschätzung aus der Fachabteilung dennoch, denn bislang wurden alle A45-Ersatzneubauvorhaben als Fall unwesentlicher Bedeutung genehmigt. Die Talbrücke Rahmede unterscheidet sich jedoch in ihrer Konstruktion. Die alte Talbrücke hat anders als andere Brücken einen gemeinsamen Überbau für beide Richtungsfahrbahnen. Für den Neubau sollten nun zwei Brücken eng nebeneinander gebaut werden, was unter damaligen Voraussetzungen ein Planfeststellungsverfahren erfordert haben könnte. Inzwischen sieht die Autobahn GmbH das anders und hat beim Fernstraßenbundesamt die Genehmigung der Talbrücke Rahmede als Fall unwesentlicher Bedeutung beantragt.

Es gibt auch gute Nachrichten rund um die Talbrücke Rahmede: Naturschutzrechtliche Bedenken zur Sprengung sind ausgeräumt.

Die Aktuelle Stunde findet am Mittwoch, 25. Januar, um 10 Uhr statt und wird live auf landtag.nrw.de übertragen.

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