Bahnstrecke für Münster soll reaktiviert werden: Start einer „neuen Mobilitätsepoche“
In NRW soll zwischen Münster und Sendenhorst eine Bahnstrecke reaktiviert werden. Die gesamte Region würde profitieren. Noch gibt es viel zu tun.
Münster – In Zeiten von Energiekrise und schwankenden Spritpreisen, unter denen unter anderem auch die Taxi-Fahrer in Münster leiden, ist Bahnfahren plötzlich wieder sexy. Der öffentliche Nahverkehr ist in Bewegung. Das werden bald auch die Menschen zwischen Münster und Sendenhorst in NRW zu spüren bekommen.
Wie zwischen Münster und Sendenhorst: In NRW werden immer mehr Schienen reaktiviert
Der Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) plant, eine Strecke zwischen Münster und Sendenhorst zu reaktivieren. „Es gibt insgesamt zahlreiche Wünsche von Kommunen, weitere Strecken zu reaktivieren“, sagt Uli Beele vom NWL im Gespräch mit wa.de. „Bislang war das eine Strecke für den Güterverkehr, und es wartet viel Arbeit auf uns“, sagt er. Aber ein großes Projekt kommt damit ins Rollen.
Die Reaktivierung von Schienen ist dabei schon längst ein probates Mittel in NRW und Deutschland, um wieder mehr Züge – und damit auch Personen – auf die Gleise zu bekommen. Von 1994 bis heute an wurden alleine in Nordrhein-Westfalen 153 Kilometer wieder für den Personenverkehr reaktiviert, wie eine aktuelle Auflistung des gemeinnützigen Verkehrsbündnisses „Allianz Pro Schiene“ zeigt.
Das Bundesland im Westen Deutschlands rangiert damit auf Platz zwei hinter Baden-Württemberg mit 178 Kilometern, auf Platz drei steht Bayern mit 80 Kilometern. Insgesamt wurden in der gesamten Bundesrepublik in diesem Zeitraum Eisenbahnstrecken mit einer Länge von 919 Kilometern wieder in Betrieb genommen.
„Das kann natürlich nicht der einzige Baustein sein, aber es ist ein sehr wichtiger Baustein, der uns hilft“, erklärt Referent Verkehrspolitik Dr. Andreas Geißler von „Allianz Pro Schiene“ im Gespräch mit wa.de. Explizit begrüßt er auch die Reaktivierung der Strecke Münster – Sendenhorst mit den Haltepunkten Münster, Loddenheide, Angelmodde, Wolbeck, Albersloh und Sendenhorst.
Pendler-Stadt: Viele Menschen zieht es nach Münster
„Münster ist eine Stadt mit einem wahnsinnig hohen Pendler-Anteil“, sagt Geißler. Die Gründe liegen auf der Hand. Die zahlreichen Studenten verlassen oft die Stadt am Wochenende in Richtung Heimat, manch einer pendelt generell zur Uni. Hinzu kommen die vielen Berufstätigen, die morgens und abends aus der Stadt raus oder wieder in sie hinein wollen. „Beim Thema Einkaufen haben wir auch eine Sogfunktion in Münster“, sagt der Verkehrsexperte. Shopping in der Stadt, wie etwa auch in Paderborn, ist eben noch immer angesagt – nur irgendwie müssen die Kunden auch zu den Geschäften kommen.
Mit der reaktivierten Bahnstrecke zwischen Münster und Sendenhorst könnte das in Zukunft einfacher gelingen. „Die Stadt Münster kommt an ihre Grenzen beim Verkehr, das wird eine riesige Entlastung sein“, versichert Dr. Geißler von „Allianz pro Schiene“, der darin erst den Anfang sieht. „Wir haben längst noch nicht jedes Gleis wieder reaktiviert. Da schlummert noch ein großes Potenzial“, meint er.
Die Reaktivierung eines Schienennetzwerks ist mitunter recht leicht. „Dies hängt von Einzelfall ab. Sind Streckeninfrastruktur und Bahnsteiganlagen noch vorhanden und in einem zeitgemäßen Zustand, sind keine besonderen Maßnahmen erforderlich“, schreibt „Allianz Pro Schiene“ in einem Infoblatt. Der häufigere Fall sei aber, dass nach einer längeren Phase ohne Personenverkehr die Gleis- und Bahnsteiganlagen modernisiert werden müssen. So dürfte es jetzt auch zwischen Münster und Sendenhorst ablaufen – schließlich wurden dort bis zur Stilllegung nur Güter transportiert.
Reaktivierte Bahnstrecke zwischen Münster und Sendenhorst: Gesamte Region profitiert
„Die neue Bahnverbindung leitet eine neue Mobilitätsepoche ein, und zwar nicht nur für die zwei Städte, sondern für die gesamte Region“, teilt der Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) mit. „Die neue Bahnverbindung Münster — Sendenhorst soll künftig nicht nur eine schnelle, staufreie und komfortable Fahrt zwischen den acht Haltepunkten bieten, sondern auch Anschlüsse an den Bahn-Regional- und Fernverkehr, an den Bus-Regionalverkehr und an individuelle Verkehrsmittel“, heißt es.
Uli Beele vom NWL weiß, dass alle Parteien dabei noch einen langen Weg vor sich haben. 2025 wolle man die Strecke in Betrieb nehmen, zu viel gebe es noch zu klären. „Planungen sind aufwendig“, sagte er im Gespräch mit wa.de. Aber: „Die Trasse liegt. In technischer Ausrüstung ist sie zwar noch für den Personennahverkehr geeignet – aber sie ist vorhanden“. Einer nachhaltigeren verkehrspolitischen Lösung für den Großraum Münster steht damit nicht mehr viel im Wege – und die Menschen können sich über weitere Entlastungen freuen.