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So erleben Lüdenscheider Schüler den Ukraine-Krieg bei Tik-Tok & Co.

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Von: Carolina Ludwig

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Soumaya Akkaoui (16) und Daniel Kessler (17) zum Krieg in der Ukraine. Über soziale Medien werden momentan viele Bilder und Videos geteilt.
Soumaya Akkaoui (16) und Daniel Kessler (17) zum Krieg in der Ukraine. Über soziale Medien werden momentan viele Bilder und Videos geteilt. © Carolina Ludwig

Der Krieg in der Ukraine ist nah. Nicht nur auf der Karte, sondern auch in sozialen Netzwerken. Täglich werden Bilder und Videos geteilt, darunter auch viele Falschinformationen. Dass das belastend werden kann und es nicht immer leicht ist, den Überblick zu behalten, wissen auch Lüdenscheider Schüler.

Lüdenscheid – Ein paar Minuten auf Instagram, nur ein bisschen schauen, was es Neues gibt. Zwischen der Ankündigung, dass das Eiscafé bald öffnet, und einer Buchrezension taucht ein Bild von einem verstorbenen Soldaten auf, bedeckt von einer dünnen Schneeschicht. Auf TikTok singen oder tanzen die Menschen vor der Kamera herum, ein paar Mal auf dem Bildschirm nach oben gewischt und es wird ein Video von Explosionen in und Kampfhubschraubern über ukrainischen Dörfern angezeigt. Von einem Journalisten auf Twitter kommt die Benachrichtigung, man solle die aktuellen Nachrichten in sozialen Medien mit Vorsicht konsumieren, sich Pausen gönnen und die Quellen hinterfragen. Was sonst für viele, hauptsächlich junge Menschen, eine kurze Flucht aus dem Alltag war, ist nun eine unübersichtliche Mischung aus Unterhaltung, Krieg und Falschinformationen.

Auch Schülern aus Lüdenscheid fällt das auf. „Ich habe ein Video gesehen, das angeblich eine Explosion in der Ukraine zeigt, in Wirklichkeit aber in China gefilmt worden sein soll“, erzählt ein Schüler. Daniel Kessler hat schon von Fake-Accounts gehört, die Videos vom Krieg in Syrien nutzen und als aktuelle Berichterstattung ausgeben. „Da gibt es so viele Quellen, denen man nicht vertrauen kann“, sagt Jan-Philipp Jansen. Der 17-Jährige hat wegen der vielen Kriegsvideos die App TikTok sogar deinstalliert. Er informiert sich hauptsächlich auf YouTube zur aktuellen Lage. „Ich schaue zum Beispiel die Videos von Mr. Wissen 2 Go“, sagt er. Der Journalist Mirko Drotschmann fasst dort den Krieg und die Hintergründe zusammen und verweist weiter auf den Liveblog des ZDF.

„Ich gucke mir auf TikTok die Videos von ,Herr Anwalt‘ an – das, was alle als seriös empfehlen“, sagt ein anderer Schüler. Der Rechtsanwalt Tim Hendrik Walter gibt täglich kurze Updates zur Lage in der Ukraine. Das Schwierige an Apps wie TikTok und Instagram ist allerdings, dass dem Nutzer Videos vorgeschlagen werden, ohne dass die Kanäle abonniert wurden. „Ich glaube, viele nutzen das jetzt aus, um eine große Reichweite zu bekommen“, vermutet Jan-Philipp Jansen.

Lisa Brandt und Soumaya Akkaoui informieren sich auf Instagram hauptsächlich auf Nachrichtenseiten, wie zum Beispiel dem Account der Tagesschau, wo es regelmäßig Zusammenfassungen und Fragestunden mit Korrespondenten gibt. Aber auch unerwünscht haben die Schülerinnen schon Kriegsbilder gesehen. „Die sind teilweise sehr erschreckend, und ich finde es unnötig, solche schlimmen Bilder zu teilen“, sagt Soumaya Akkaoui. Wird es den Schülerinnen zu viel, wenden sie sich an ihre Familien und Freunde. „In der Schule wird nicht so viel darüber gesprochen“, sagen sie, und auch von anderen Schülern ist überwiegend zu hören, dass der sichere Umgang mit sozialen Medien nicht speziell thematisiert werde.

Dieter Utsch, Schulleiter des Bergstadt-Gymnasiums widerspricht dem: „Das steht im Lehrplan, der Medienkompetenzrahmen gilt für alle Schulen und Fächer“, sagt er, und auch Michaela Knaupe, Leiterin des Geschwister-Scholl-Gymnasiums bestätigt: „Im regulären Unterricht sprechen die Lehrkräfte das natürlich an.“ Wenn die Grenze der Schule erreicht sei, sei jedoch das Elternhaus gefragt. Zu Hause bei Goran Vasilev, Schulpflegschaftsvorsitzender am Bergstadt-Gymnasium, werden die Nachrichten und Falschmeldungen offen angesprochen. „Das Thema ist beängstigend, das spiegeln auch die Kinder wider“, sagt er. Das Engagement der Schule in dem Bereich beruhige ihn und andere Eltern etwas. So klingt es auch von der Schulpflegschaftsvorsitzenden des Geschwister-Scholl-Gymnasiums: „Es gibt ein sehr gutes Medienscout-Projekt am Scholl“, sagt Britta Spartz. Die Schüler würden jedoch oft noch mit den Folgen der Pandemie kämpfen, da seien die Nachrichten von einem Krieg in Europa besonders beängstigend.

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