Unmittelbar nach dem Bekanntwerden der ersten Beschuldigungen im Sommer 2020 sei der Mitarbeiter umgehend von allen ehrenamtlichen Tätigkeiten entbunden worden. Neben den staatlichen Ermittlungen habe sich ein Krisenstab aus Mitgliedern der Landeskirche, des Kirchenkreises und der Kirchengemeinde unter Hinzuziehung einer externen Fachstelle der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe gebildet. Da sich der Täter nach dem Bekanntwerden des Vorfalls nach Angaben der Polizei das Leben nahm, wurden die Ermittlungen durch die staatlichen Behörden eingestellt. „Der kirchliche Krisenstab agierte aber unvermindert weiter, um die Geschehnisse möglichst lückenlos aufzuklären“, schreibt Matthias Willnat weiter: „In der Folge ging es um die Unterstützung der Betroffenen, eine konsequente Aufarbeitung der Geschehnisse und eine zielgerichtete Zuarbeit für die verantwortlichen Stellen in der Landeskirche, im Kirchenkreis und in der Kirchengemeinde. Deswegen wurde der Krisenstab später auch in Interventionsteam umbenannt, damit die langfristige Verantwortlichkeit deutlich wurde. Der Aufarbeitungsprozess hält bis heute an.
In diesem Rahmen meldete sich nun erstmals auch eine betroffene Frau, die dem Täter schwere sexualisierte Gewalttaten vorwirft.“ Weitere Details zu den Taten würden zum Schutz der Betroffenen nicht bekannt gegeben, hieß es. „Die neuen Erkenntnisse erschüttern uns sehr“, sagt Christof Grote, Superintendent des Ev. Kirchenkreises Lüdenscheid-Plettenberg. „Es macht uns weiter bewusst, wie sehr der Täter Vertrauensverhältnisse in der Kirchengemeinde für seine Verbrechen ausgenutzt hat. Über einen langen Zeitraum hat er seine Macht missbraucht und schlimme sexualisierte Gewalttaten an Jungen und Mädchen begangen. Kirche muss ein Ort sein, an dem Menschen sicher sind. Hier ist aber das Gegenteil geschehen. So etwas darf sich bei uns im Kirchenkreis nie mehr wiederholen“, macht der Superintendent betroffen deutlich.
Der Kirchenkreis habe, so schreibt Sprecher Matthias Willnat in seiner Mitteilung von Sonntag, im letzten Jahr neue und weitreichende Strukturen geschaffen, um sexualisierter Gewalt vorzubeugen „Es wurde eine eigene Präventionskraft angestellt, der Bereich in Folge noch mit vier weiteren Personen verstärkt und mit der konkreten Umsetzung der Aufgabenbereiche begonnen. Damit wird der Kirchenkreis bis zum 31. März 2024 rund 1000 haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einem Aufwand von bis zu 25 Stunden pro Person schulen.“
Alle Kirchengemeinden würden zudem Schutzkonzepte erarbeiten. Um das Gesamtprojekt umsetzen zu können, stellten Kirchenkreis und Landeskirche mehr als 80 000 Euro pro Jahr bereit. „Unser Ziel muss es sein, dass Menschen bei uns geschützt sind. Dafür werden wir in der Zukunft im Kirchenkreis und unseren Gemeinden vor Ort sehr viel aufwenden und investieren“, sagte demnach Superintendent Grote.
Zusätzlich werde es auf Ebene der Landeskirche eine umfangreiche, wissenschaftliche Aufarbeitung der sexualisierten Gewalttaten geben. Diese solle helfen, wichtige Erkenntnisse zu gewinnen, um ähnliche Taten in Zukunft verhindern zu können. Zudem stehe Kirchenrätin Daniela Fricke, Beauftragte der EKvW für den Umgang mit Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung, Betroffenen uneingeschränkt zur Verfügung.
In der Mittelung des Evangelischen Kirchenkreises heißt es weiter: „Auch in der betroffenen Kirchengemeinde haben bereits Prozesse, wie unter anderem eine neue Form der Jugendarbeit, die Erarbeitung und Umsetzung von Schutzkonzepten, Schulungsmaßnahmen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Neuaufbau von aufsichtlichen Strukturen in der Gemeindearbeit, begonnen. Zudem ist es dem Presbyterium wichtig, Betroffene weiter zu begleiten. Manche Betroffene hatten sich gewünscht, über das Erlebte direkt mit der Gemeindeleitung im Austausch zu sein. Dafür steht das Presbyterium bei Bedarf gerne zur Verfügung.“
Kirchengemeinde, Kirchenkreis und Landeskirche sei die Aufklärung der Geschehnisse weiterhin sehr wichtig. Daher werden mögliche weitere Betroffene sowie Dritte, die zur Aufklärung beitragen können, gebeten, sich bei der Beauftragten für den Umgang mit Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung zu melden.
Zudem stehen auch der Kirchenkreis und die Kirchengemeinde als Ansprechpartner zur Verfügung:
- Ansprechperson für Betroffene ist Daniela Fricke, Kirchenrätin & Beauftragte der EKvW für den Umgang mit Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung Landeskirchenamt, Tel. 05 21/59 43 08, E-Mail: daniela.fricke@ekvw.de
- Kontaktperson im Evangelischen Kirchenkreis Lüdenscheid-Plettenberg: Pfarrer Dr. Christof Grote, Superintendent, Tel. 0 23 51/18 07 80, E-Mail: christof.grote@ekvw.de
- Kontaktperson in der Evangelischen Kirchengemeinde Brügge: Pfarrer Simon Schupetta, Tel. 0 23 51/4 32 80 60, E-Mail simon.schupetta@ekvw.de.