In der sogenannten Aktivitätsperiode der Haselmaus, die von Mai bis Oktober reicht, wurden laut Bange die in den betroffenen Waldbeständen lebenden Haselmäuse soweit wie möglich und in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde in „baustellenfernere Waldbestände“ umgesiedelt. Dazu wurden im März und April im Baufeld an der Brücke etwa 200 Haselmaus-Nisthilfen installiert, die seitdem im Abstand von zwei Wochen kontrolliert werden.
Wurde in einer Nisthilfe eine Haselmaus entdeckt, musste es schnell gehen. Die Nisthilfen wurden verschlossen und „in einen Ersatzlebensraum“ gebracht, der den Ansprüchen der Haselmaus gerecht wird. In diesen heckenähnlichen Abschnitten, die sich außerhalb des Baufeldes auf Lüdenscheider Stadtgebiet befinden, wurden die besetzten Nisthilfen an geeigneten Gehölzen befestigt und wieder geöffnet.
Damit die Umsiedlung gelingt und die kleinen Säugetiere nicht wieder stiften gehen, werden im neuen Habitat Maßnahmen zur „Attraktivierung des Wohnumfeldes“ durchgeführt. „Da die Haselmaus je Sommer mehrere Nester anlegt, werden pro umgesiedelter Haselmaus beziehungsweise umgesetzter Nisthilfe vier weitere Nisthilfen im Ziellebensraum installiert, um das dortige Lebensraumpotenzial zu erhöhen“, heißt es dazu im schönsten Beamtendeutsch aus der Unteren Naturschutzbehörde. Nach deren Angaben hat bis jetzt im Baufeld der Talbrücke Rahmede eine zweistellige Zahl von Haselmäusen den behördlichen Umzugsservice in Anspruch genommen. Dies entspreche in etwa der zu erwartenden Populationsdichte, die mit einem bis maximal zehn Exemplaren pro Hektar deutlich geringer ausfällt als bei anderen Kleinsäugern.
Sind damit alle Haselmäuse in Sicherheit? Nicht unbedingt, solange sich Wurzeln im Baufeld befinden, gibt es noch potenzielle Winterschlafsplätze. Daher führte die Autobahn GmbH in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde bereits seit dem Frühjahr Vergrämungsmaßnahmen durch, die die Rückkehr ins angestammte Habitat verhindern sollen. „Die Vergrämung erfolgte durch die Fäll- und Rodungsarbeiten, mit denen nach dem Winterschlaf begonnen wurde. Diese wurden mit entsprechender Umweltbaubegleitung und den geringstmöglichen Bodenschädigungen durchgeführt – unter anderem Verzicht auf schweres Gerät“, sagt Bange. Dadurch hätten die Baufeldflächen ihre „Habitateignung für die Haselmaus verloren“.
Zwar beginnt der Winterschlaf der Haselmaus in der Regel teilweise schon im September, doch beim Winterschlag an der Talbrücke Rahmede gehen die Behörden lieber auf Nummer sicher. „Der genaue Zeitpunkt hängt von der Witterung ab, die – wie jetzt – auch im Herbst noch recht mild sein kann. Deshalb wird vorsorglich auch der Oktober als Teil der Aktivitätsperiode betrachtet. Spätestens ab November ist bei jahreszeittypischer Wetterlage von keiner Aktivität mehr auszugehen“, sagt Bange. Und in der Tat: Pünktlich am 2. November lässt die Firma Heitkamp endlich schweres Gerät im Hang auffahren, um die Wurzeln unter der Talbrücke zu entfernen.
Der Lüdenscheider Haselmaus ist sogar schon ein Song gewidmet.