Gasthaus in der Innenstadt geschlossen – Wirte wandern aus

Gasthaus Budde schließt: Die Wirtsleute wandern planmäßig nach Kambodscha aus. Jetzt wird ein Nachfolger für das Traditionslokal gesucht.
Lüdenscheid – Vor drei Jahren fanden die beiden das Lüdenscheider Wirtshaus, das damals bereits seit sechs Jahren ein neues Herz und eine neue Seele suchte. Ausgerechnet mit dem Neubeginn kam Corona, aber sobald es möglich war, kamen auch die Gäste: „Das war ein schlechter Start, aber wir haben’s gut gewuppt“, sagt Ralf Berg. Mit den Lüdenscheider sei man sehr zufrieden gewesen, sie honorierten das leckere Essen, die gastfreundliche Atmosphäre: „Es war überraschend gut, ging toll voran.“
Trotzdem hat man nun am Samstag planmäßig Abschied gefeiert. „Die Gäste sind megatraurig“, sagt Petra Heller, die mit ihrer herzlichen rheinischen Art noch jeden der mitunter sturen Sauerländer geknackt hat. Bedauern hier, pure Vorfreude dort: Die Wirtsleute gehen endlich dorthin, wo der Pfeffer wächst.
Sie erzählen das strahlend, ein Herzenswunsch geht in Erfüllung: Am 15. Februar fliegen sie nach Kambodscha. Dort, in der Hafenstadt Kep am Golf von Thailand, wollen sie künftig leben. Ihre Geburtstage im April – er wird 67, sie 66 – feiern sie in der neuen Heimat. Keine spontane Idee. „Wir sind seit Ewigkeiten Asien-Freunde“, sagt Ralf Berg: „Wir haben uns eine kleine Küstenstadt ausgesucht, wo’s gemütlich ist.“ Rund 40 000 Einwohner eine deutschsprachige Community von 300, 400 Leuten, Bäckereien und Metzgereien – genug für ein Gefühl von alter Heimat in der neuen. Zu den Ausflugszielen in der Umgebung gehören Pfefferfarmen. Das Leben sei günstig, wissen sie bereits, die Lebenshaltungskosten halb so hoch wie in Deutschland. Wem der Sinn nach Eisbein und Sauerkraut steht, der bekommt auch das – zu entsprechenden Preisen. „Immer nur Reis ist auch keine Lösung“, sagt der Koch und lacht. Er freut sich schon, über die Märkte zu streifen, aus dem Vollen schöpfen zu können. „Die asiatische Küche ist genial“, schwärmt er: „Das ist für mich das Eldorado.“ Ob denn nicht doch noch eine kleine Hafenkneipe reizvoll wäre? Sie schütteln den Kopf, das Leben für die Gastronomie ist vorbei. Es war anstrengend genug. Es reicht. Das neue Leben hat so viel zu bieten.
Vorfreude auf den neuen Alltag
Der Kontakt zur Familie könnte sogar intensiver sein als bisher. Sein Onkel wohnt in Thailand, Mutter und Schwester wohnen zwar in Hagen, gesehen habe man sich dennoch kaum: „Wir kommen ja hier nicht ‘raus. Das ist eben so in der Gastronomie.“ Künftig wollen sie viel ‘raus. Die Familie hat sich schon angekündigt. Der zeigen sie dann ihren neuen Alltag: Angeln, vor der Theke sitzen, die Umgebung und das Land entdecken, Menschen kennenlernen, sich mit Schrift und Sprache vertraut machen. Khmer müsse man vor Ort lernen, das hat er nach einer Zeit des Selbststudiums erkannt. Der Alltag wird die Routine bringen. Der Wille ist da.
Und was wird nun aus dem Wirtshaus an der Schemperstraße? Sie zucken mit den Schultern. Sie haben sich um Nachfolger bemüht, aber es ist natürlich mit Arbeit verbunden – das habe Interessenten abgeschreckt. Es wäre wirklich schade, findet das Paar, wenn das Gasthaus monatelang leer stünde, wo es doch so übernommen werden könne. Und ja, es sei viel Arbeit gewesen, aber auch eine sehr schöne Zeit. Doch nun sei es gut. Kambodscha wartet. Sie werden nicht viel mitnehmen, lösen die Wohnung auf. „Wir starten da komplett neu.“ Ein Rückflugticket haben sie nicht. „Wozu?“ Den ersten Monat verbringt das Paar in einem Resort, nimmt sich Zeit für die Wohnungssuche. Das funktioniere nicht online, findet Ralf Berg. Er will schon sehen, was er mietet. Liebe macht nicht blind.