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Eine Nacht im historischen D-Zug-Schlafwagen in Oberbrügge

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Von: Dana Mester

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Michael Arnold (Foto) kümmert sich gemeinsam mit Stefan Heinrich um die Vermietung und Instandhaltung des Schlafwagens, der 1955 von der US Army im Berlin-Verkehr und bis 1975 für rein militärische Zwecke eingesetzt wurde. © Mester

Lüdenscheid - Eine Übernachtung in einem historischen D-Zug-Schlafwagen: das bietet der Verein Bergisch-Märkische Eisenbahn neuerdings am Gleis in Oberbrügge über die Buchungs-Plattform Airbnb an.

Einst tuckerte er nachts im Stillen durch die DDR, war von West-Deutschland nach West-Berlin unterwegs und brachte höher gestellte amerikanische Soldaten von einem US-Militär-Standort zum nächsten. 

Heute kommt der historische D-Zug-Schlafwagen aus dem Jahr 1955 am Draisinen-Gleis in Oberbrügge zumindest noch annähernd seiner Bestimmung nach: Auf der Buchungs-Plattform Airbnb wird er als Übernachtungsmöglichkeit für bis zu zwölf Personen angeboten. Sogar mit Frühstück. 

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Auf der Seite des Gleises 2 in Oberbrügge, an der Draisinenbahn, steht der historische Schlafwagen. © Mester

„Während sich der Zug in der Ost-Zone Deutschlands aufhält, ist das Sprechen und auch der Versuch einer Unterhaltung mit Ost-Deutschen oder sowjetischem Personal verboten.“ So ähnlich lautet eine der auf englisch verfassten Regeln auf dem Täfelchen, das in einem der Schlaf-Abteile des mehr als 26 Meter langen Wagens in Oberbrügge angebracht ist. 

„Es erinnert alles noch an damals – wir haben hier viel im Original-Zustand erhalten können“, sagt Michael Arnold. Gemeinsam mit Stefan Heinrich betreibt er die Draisinenbahn vor Ort und ist im Vorstand des gemeinnützigen Vereins Bergisch-Märkische Eisenbahn, der sich um die Erhaltung und Pflege verkehrs- und industriegeschichtlich wertvollen Kulturgutes kümmert – und der in Besitz des historischen Schlafwagens ist. 

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Eine ungewöhnliche Unterkunft: Vom Flur des Wagens aus führen die Türen in die Abteile. © Mester

Bereits 1975 wurde der Wagen stillgelegt, bis dahin diente er lediglich militärischen Zwecken. In den 90er-Jahren kam er von Bremen nach Oberbrügge, wo ihn der Verein seit 2015 als Unterkunft an den Gleisen anbietet. „Er stand vorher knapp zwei Jahrzehnte auf einem Hinterhof und war in die Sträucher und Bäume dort quasi schon eingewachsen“, erinnert sich Arnold. 

„Nachdem wir ihn auch innen von Laub und Dreck befreit hatten und uns um die Elektrik gekümmert haben, kam langsam die Idee auf, ihn zu vermieten. Allerdings hatten wir das nur für private Zwecke angedacht.“ Doch mit den Gästen der Draisinenbahn kamen auch immer mehr Anfragen: „Viele grillen anschließend noch auf dem Platz hinter dem Wagen – und manche wollen oder können dann nicht mehr nach Hause fahren.“ 

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Zwei- bis drei Liegen sind in den Abteilen. Heute werden maximal zwei pro Zimmer vermietet - die oberste sei deutlich zu hoch, erklärt Arnold. © Mester

Auf Komfort müssen Übernachtungsgäste jedoch verzichten, „das ist etwas für Hardcore-Eisenbahnnostalgiker“, betont Heinrich. 1955 war der Wagen für 21 Menschen ausgelegt: „Das war schon Luxus-Klasse.“ Heute ist das anders. 

Der Einstieg in den Wagen ist hoch: Fünf Stufen sind es, die bis nach oben zum Eingang führen. Nach links geht ein langer, enger Flur ab, an dem sich Tür an Tür reiht. Überhaupt ist es sehr beengt: Fast hinter jedem Durchgang verbirgt sich ein Abteil mit Liegeplätzen, zwei bis drei Matratzen wurden dafür einst übereinander an der Wand angebracht. Gegenüber steht meist ein kleines Regal – für Kleidung oder mit einem kleinen Waschbecken. 

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In diesem Aufenthalts-Abteil stand ursprünglich ein Ecksofa. Der Verein konnte es nicht erhalten, hat sich jedoch – wie im ganzen Wagen – um originalnahen Ersatz gekümmert. © Mester

Eine eigene Toilette hat nur das erste Abteil, der Rest teilte sich zwei hinten im Wagen: „Vorne war das Schwestern-Abteil“, sagt Arnold. „Frauen gab es beim Militär damals nur im Sanitätsdienst.“ Dennoch: Eine Dusche, warmes Wasser und eingeschränkte Heizmöglichkeiten sind vorhanden. 

„Wir waren auch schon ausgebucht und haben bereits die nächsten Buchungen“, weiß Arnold. „Sogar bei Minus 12 Grad und Schnee auf dem Dach hat hier schon jemand geschlafen – und es hat gut geklappt.“ Und der Verein will weiterhin investieren: Die Einkünfte durch die Übernachtungsgäste fließen in den Erhalt und die Optimierung des historischen Wagens. Damit er noch lange erhalten bleibt.

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