„Ein Stück Zeitgeschichte“: Lüdenscheider Paar verlobt sich unter der Rahmedetalbrücke

Für viele Menschen ist ein Heiratsantrag ein besonderer Moment, für den es auch einen besonderen Ort braucht. Der Lüdenscheider Fabian Lüpcke wählte dazu einen Ort, der heute so nicht mehr existiert: unter der Rahmedetalbrücke. Kurz vor der Hochzeit mit seiner Partnerin Nicole Werner bekamen die beiden nun Teile der Brücke überreicht.
Lüdenscheid – Es ist ein ganz besonderes Erinnerungsfoto vom vergangenen Spätsommer. Fabian Lüpcke und Nicole Werner küssen sich unter der Rahmedetalbrücke. Überglücklich, denn Lüpcke hat seiner Partnerin gerade einen Heiratsantrag gemacht – „und sie hat natürlich 'Ja' gesagt“, freut er sich. Auf das Foto wird der Radiosender WDR2 aufmerksam – und am Ende nehmen Lüpcke und Werner zwei Brückenstücke als Erinnerung mit nach Hause. Aber von vorne:
Kennengelernt haben sich Fabian Lüpcke und Nicole Werner vor fünf Jahren auf einem Event. Beide begeistern sich für die Fotografie, kommen ins Gespräch, gehen gemeinsam einen Kaffee trinken. „Und dann wurde da irgendwie mehr draus“, erzählt Lüpcke. Drei Stunden Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln trennen die beiden, bis Nicole Werner schließlich für die Liebe von Remscheid nach Lüdenscheid zieht.
Nach einigen Jahren wächst der Wunsch nach einer gemeinsamen Zukunft, Fabian Lüpcke beginnt vorsichtig, auszuloten, wie er seiner Partnerin einen Heiratsantrag machen kann. „Ich wollte das eigentlich auf einem großen Event machen, auf der Bühne, vor Tausenden Menschen“, erzählt er. Die Reaktion seiner Liebsten: „Um Gottes willen!“ Nicole Werner hat bei verschiedenen Events und auf Videoaufnahmen genügend öffentliche Anträge gesehen, um zu wissen: „Das wollte ich nicht. Ich wollte nicht eine von Vielen sein, ich wollte, dass es was Besonderes ist“, erzählt sie.
Also überlegt sich Lüpcke – Lüdenscheider durch und durch – etwas anderes. „Ich habe gesagt, ,lass uns doch mal unter die Brücke fahren und da ein paar Fotos machen‘“, erinnert er sich. Mit heimlich eingepackten Rosen im Gepäck ging es am 10. September an die Altenaer Straße. „Und dann habe ich sie hier gefragt“, erzählt Lüpcke am Dienstag an der Einmündung zur Straße Im Wiesental. Er und seine zukünftige Frau stehen an derselben Stelle, wie damals. Doch die Brücke hinter ihnen liegt in Trümmern, in den Händen halten sie jeweils ein Stück der Fahrbahn, das ihnen gerade Susanne Schlenga von der Autobahn GmbH überreicht hat.

Denn kurz vor der Sprengung sucht WDR2 nach der besten Brückengeschichte. „Die haben das Foto bei Facebook gesehen, mich angerufen und gefragt, ob ich die Geschichte in der Livesendung erzählen möchte. Und mit etwas Glück könnte ich ein Stück der Brücke gewinnen“, erzählt Lüpcke.
Überreicht wurden ihnen zwei Fahrbahnstücke am Dienstag von Susanne Schlenga. Warum der Antrag ausgerechnet unter der Brücke stattfinden sollte, möchte auch sie wissen. „Die Rahmedetalbrücke ist ein Stück Zeitgeschichte“, antwortet Lüpcke, das Erinnerungsfoto mit der gesperrten Brücke im Hintergrund ein ganz Besonderes für das Paar. Die Steine, die sie mit nach Hause nehmen, haben ihre Spuren von mehr als 50 Jahren Verkehr. Auf der Rückseite sind Kerben vom Stahl, auf der Oberfläche sind Moos und blaue Farbe zu erkennen – offensichtlich ein Stück vom Fahrbahnrand unter dem Geländer, wie Schlenga vermutet.
Nur zweieinhalb Wochen nach der Sprengung geht es für Lüpcke und Werner am Donnerstag ins Lüdenscheider Rathaus zur standesamtlichen Trauung. In ihrem Hochzeitskleid würde Nicole Werner gerne Erinnerungsfotos auf den Brückentrümmern machen – solange diese noch da sind. „Und wenn die Straße wieder frei ist. Und wenn die neue Brücke steht“, scherzt sie. Die gesprengte Rahmedetalbrücke – für das Paar ist sie ein positives Symbol, verknüpft mit schönen Erinnerungen.